Minister Platter und Generalmajor Wolf wollen die Luftraumüberwachung bis zur Ankunft des Eurofighter sicherstellen.
Foto: Georg Mader |
Brigadier Bernecker hat mehrmals auf die Dringlichkeit der Draken-Nachfolgeentscheidung hingewiesen.
Die große Koalition nahm dies tatenlos zur Kenntnis.
Foto: Bundesheer |
Schon Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre sollte der Schritt ins Überschallzeitalter beginnen. Man hat 1968 vorerst 20 Düsentrainer Saab 105 beschafft - folgen sollten 12 Draken. Doch als 1970 Saab ein Geschäft mit Pakistan nicht zum Abschluss bringen konnte sprang Österreich ein und kaufte gegen einen 40%igen Preisnachlass ein weiteres Los von 20 Stk. Saab 105. Das Bundesheer durfte gute Miene zum bösen Spiel machen und flog fortan die Aufgaben der Luftraumüberwachung - ohne Radar und Bewaffnung -, sowie taktische Unterstützung und Aufklärung mit 40 Schulflugzeugen für angehende Jetpiloten - Gerät, dass für den Einsatzfall vollkommen ungeeignet gewesen wäre. Was folgte waren 15 Jahre Stillstand.
Scheibner kritisierte als Abgeordneter die Untätigkeit der großen Koalition in Sachen Draken-Nachfolge,
setzte die Beschaffung in Gang und brachte sie beinahe ins Ziel.
Gescheitert ist er nicht am politischen Gegner sondern am Populismus der eigenen Partei.
Foto: Georg Mader |
Während VP-Wehrsprecher Maitz mit Hinweis auf den Irak und Jugoslawien auf die weltweit gestiegene Bedeutung der Luftstreitkräfte hinweist und rundum fast alle Länder Beschaffungen einleiten, sind sie für die SPÖ etwas "das man streichen kann". Raus kommt eine typisch österreichische großkoalitionäre Lösung - nämlich "Garnichts". Man investiert eine Milliarde in eine neue Werft, steckt eine halbe Milliarde pro Jahr in den Flugbetrieb mit veralteten Maschinen und lässt ansonsten das System - und die Menschen die es betreiben - aus Mangel an zukunftstauglichem Fluggerät einfach "verhungern". Viel deutlicher kann man militärische Planlosigkeit, aber auch das politische Desinteresse bzw. ignorante Verantwortungslosigkeit in unserem Land gar nicht demonstrieren.
Die Truppe befürchtet damals, dass sie bis 1998 auf eine Entscheidung wird warten müssen. Sie wird in ihren schlimmsten Befürchtungen noch weit übertroffen. Erst im Dezember 2000 wird Bundesminister Scheibner das Werkel mit einem Brief mit der Bitte um Informationen an die Hersteller von Kampfflugzeugen in Gang setzen.
Bis 2005 möchte man nun neue Maschinen bekommen - reichlich knapp für einen Vorgang der üblicherweise bis zu 7 Jahre dauert - und das weiß man auch. Also wird in der Ausschreibung eine Übergangslösung definiert, die bis zur Auslieferung des Neugerätes greifen soll. Doch die Ausschreibung, erstellt auf Grundlage der vollmundigen - aber unverbindlichen - Informationen der Hersteller, kann dann plötzlich niemand erfüllen. Zudem ist die Übergangslösung absehbar zu teuer.
Also wird die Ausschreibung umgestaltet, diverse Elemente die zum Ausscheiden einzelner Mitbewerber führen können entfernt und die Übergangslösung gestrichen - statt dessen soll jetzt früher, viel früher geliefert werden.
Als Bestbieter wird im Sommer 2002 - wie der Rechnungshof feststellt "zurecht" - der Eurofighter ermittelt. Er bietet im Nutzwertvergleich weit mehr als der kaum günstigere Gripen.
Kaum ist die politisch äußerst umstrittene Entscheidung gefallen, verwüstet ein Hochwasser Teile der Alpenrepublik. Als eine Art symbolischer Akt der Anteilnahme lässt die ÖVP/FPÖ-Koalition sechs Eurofighter die Donau mit hinunter schwimmen - ein ritueller Bauchdeckenschnitt japanischer Prägung. Dass man vorher Herr und Frau Österreicher mühsam erklärt hat, dass mit weniger als 24 Flugzeugen der Luftraum nicht hinreichend überwacht werden kann, das zählt auf einmal nicht mehr. An die sechs optionalen Zweisitzer, mit denen die Teilnahme an internationalen Einsätzen möglich werden sollte, glaubten zu diesem Zeitpunkt sowieso nur noch krankhafte Optimisten. Dass mit diesem populistischen Hüftschuss dem Volk, "verblödet von der Krone", hier vorgegaukelt wird man könne mit Geld, dass man für Abfangjäger erst 2007 aufbringen kann, im Jahr 2002 Hochwasseropfer unterstützen, ist dabei nur ein Randtheater in dem Politiker in Gummistiefeln 500-Euro-Scheine verteilen.
Das Harakiri war tief genug, die FPÖ "gleitet" auseinander. Eine neue Wahl zieht ins Land, das historische Fenster bleibt wundersamerweise geöffnet und die Anti-Eurofighter-Wahlkampagne der SPÖ läuft ins Leere.
Ein neuer Minister kommt ins Ressort.
Der Tiroler Günther Platter darf verwirklichen was vor ihm "verbrochen" wurde.
Der Eurofighter ist aufgrund der Wahlauseinandersetzungen noch immer nicht unterschrieben, dafür quillt aus der klaffenden Wunde die übelriechende Idee einer Wirtschaftsplattform welche die Flugzeuge kaufen soll.
Zu einem unterschriftsreifen Vertrag zu kommen, nimmt dann noch die erste Jahreshälfte 2003 in Anspruch, die Unterschrift muss zudem in ein Budgetbegleitgesetz verpackt werden, die konventsseitig obsolet gehandelte Länderkammer sorgt dann noch für internationale Lachnummern bis in den Sommer hinein.
Erst im August wird das vorbehaltlich Gesetzwerdung unterzeichnete Papier rechtsgültig.
In diese Zeiträume fällt auch die Entscheidung - statt der im Jahr 2002 angebotenen ersten Tranche - Eurofighter der zweiten Trance zu nehmen und so die schwierige Einführungsphase des noch neuen Systems zu umgehen.
Im Grunde genommen eine gute Entscheidung, denn für eine Auslieferung ab 2005 ist es zu diesem Zeitpunkt sowieso schon zu spät.
Ein paar Eurofighter herzuborgen, dazu haben sich die Partnerländer überreden lassen.
Nicht so sicher ist ob Platter auch das Geld dafür zusammenkratzen kann/will.
Foto: Georg Mader |
So wäre z.B. England - selbst durch die Einsätze im Irak und in Afghanistan in größeren finanziellen Engpässen - bereit gewesen Eurofighter der ersten Trance zu verkaufen - und sie nach Nutzung durch Österreich wieder rückzukaufen. Nur, dass das Verteidigungsressort bzw. Himmelpfortgasse nicht soviel Geld hat und im Zuge der Entscheidung ja von Schüssel und Haider den Österreichern versprochen wurde, dass keine Gelder vor 2007 fließen würden....
Wieder auf die alleinigen Dienste der Saab 105 zurückzugreifen, sowie vor 1988, kommt aber augenscheinlich auch nicht in Frage, wäre aber das Billigste. Aber abseits politisch zu vermeindenden Gesichtsverlustes bleibt ein reales Problem - inzwischen hatten wir 11. September 2001 - schon in den 70er und 80er Jahren hat man schnellere Linen- oder Biz-Jets damit nicht immer erwischt. In der nach "9/11-Ära" über Mitteleuropa eine Lücke aufzutun, diese Verantwortung will heute niemand übernehmen. Und Überwachung durch Drittstaaten - nun, wir fröhnen immer noch dem magischen Schutzwort "Neutralität". Damit hat sich diese Idee auch schon wieder. Da braucht man sich noch gar nicht in der Nachbarschaft diesbezüglich als Bittsteller lächerlich machen.
Eine dritte Flugzeugtype als Übergangslösung - ins Gespräch wurden von Journalisten und Attaches, Lockheed Martin sowie Saab immer Gripen und F-16 gebracht - das komme aber auch nicht in Frage erklärt Generalmajor Wolf. Neben der "Eurofighter Einführung aus dem Stand" ein technisches und logistisches System für so ein Flugzeug aus dem Hut zu zaubern ist vor allem schon personell nicht drinnen - an das Geld was das kostet braucht man da noch gar nicht denken. Ausserdem hebt in MSL, Rüstungsstab und vergleichbaren Ebenen jetzt schon kaum jemand ab, Blackhawk, Hercules und die restlichen "Assets" binden alles.
Auf der anderen Seite läuft aber der Draken Wartungsvertrag erbarmungslos aus. Platter verströmt Zuversicht, man sei einer Lösung nahe, es wird bald zu einem Vertrag kommen. Im Hintergrund spielt es sich derweil ganz grausam ab. Die Reihen blinkender Klingen markieren quer durch den Apparat gehende Fraktionsgrenzen der konkurrierenden "Dreikronen-Lobby" und der anderen Fraktion. Und das alles während zwischen die Preis-/Leistungsvorstellungen der Schweden und der Österreicher ganze Welten passen, platz genug für mehrere rituelle Seppukus.
Kolportierte EUR 20 Mio.(öS 275 Mio.) jährlich(!) soll Saab für Draken-Ersatzteile - ohne Systemgarantien - verlangen.
Eine Summe in der sich noch vor wenigen Jahren fast der ganze Flugbetrieb der Fliegerdivision abgespielt hat.
Vor allem aufgrund der kaum mehr abschätzbaren Risken - ein gröberes Problem oder ein Absturz und die ganze Draken-Flotte steht trotz der bezahlten Millionen - will Platter sich auf solche Summen offenbar nicht einlassen.
armasuisse möchte 1 Million Schweizer Franken (EUR 635.000,-) pro flugfähiger Maschine.
Saab verlangt pro Jahr EUR 20 Millionen für Draken-Ersatzteile. Foto: Schweizer Luftwaffe
Immerhin - dem Auditorium bleiben zumindest diesmal die saublöden Oppositionsansagen
- dass die Flieger nicht Gebirgs- und Wintertauglich sind - erspart.
|
Mit dem "Freedom-Fighter" will Platters das Bündel-Übergangsproblem nun in den Griff bekommen.
Obwohl selbst nicht damit gemeint, führt er - frei nach "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" - das Problem zurück zum Ausgangspunkt, will die Luftraumüberwachung im Übergangszeitraum sicherstellen und das zu vertretbaren Kosten. Bei aller Häme sollten diese "grundgute" Absicht auch die politischen Gegner anerkennen - vielleicht in einem anderen Land - nicht hier. Daß Platter dabei alles davor Gesagte ad absurdum führt ist ihm daher wohl bewußt - aber er nimmt es in Kauf. Immerhin er traut sich gegen den populistischen Mainstream anzugehen um sein problematisches Erbe einer gangbaren Lösung zuzuführen. Im "Kleinformatland" gibt's nicht mehr allzu viele Politiker dieses Schlages.
Die Schweizer Behörde "armasuisse" verkauft jedenfalls bis zu 47 überzählige F-5E "Tiger" der Schweizer Luftwaffe um 1 Million CHF - pro Maschine als Basispreis im aktuellen Zustand - und der ist noch weit besser als der des Draken. Die US-Navy hat schon, Brasilien will kaufen. Unserem Finanzministerium wurde siganlisiert, der Preis wäre in etwa zu halten, Zweisitzer gibts aber keine. Die 12 F-5F sind zu rar, Brasilien wollte sogar Einsitzer von Northrop bei RUAG/Emmen zu Zweisitzern umbauen lassen...
Dazu kommt noch Eines - die Schweiz ist nah und betreibt diesen Flieger auch noch weiter bis ca. 2010, wodurch man sich potentiell alle gröberen Wartungsarbeiten ersparen könnte, wenn man mit den Nachbarn übereinkommt. Einzig die "line maintanance" - jenen Teil der Technikerarbeit der unmittelbar vor und nach dem Flug anfällt - würde von den Österreichern erledigt werden. Und das ist nicht gar so undenkbar, ist doch die "Tiger" - dazu entworfen worden, um westlich orientierten Frontstaaten im kalten Krieg mit einem einfach zu bedienenden Flugzeug auszustatten - aus der selben Technikgeneration wie der Draken. Fragt sich nur, ob wir in diesem Zusammenhang überhaupt als "westlich" einzustufen sind. Immerhin bewirbt such zur Zeit ein aussichtsreicher Kandidat ums höchste Amt im Staate, der von sich gab: "Ja, ich glaube man kann neutral sein, ohne seinen Luftraum zu überwachen..!"
Jedenfalls tut sich für Platter eine Gelegenheit auf, die er nutzen möchte. Er könnte den immer teureren und immer unsichereren Draken-Flugbetrieb kurzerhand "abstechen" und das Abenteuer "Eurofighter-Übergangslösung" eventuell gleich mit. Im Gegenzug kann er zu einem Bruchteil der Kosten der Draken/Eurofighter Variante mit dem Tiger die aktive und bewaffnete Luftraumüberwachung - wenn alle Stricke reißen notfalls bis ca. 2010 - sicherstellen - was letztendlich in seiner Ressortverantwortung liegt. Denn um die Versäumnisse früherer Politikergenerationen kann er sich nichts kaufen. Und die Möglichkeit, dass man nebenbei eventuell auch Saab-105 Piloten vor dem Umstieg auf den Eurofighter auf eine Überschall-Type qualifizieren kann, ist auch nicht zu verachten...
Wie üblich wenig hilfreich und kaum ernst zunehmen sind in all diesem Lichte die Unkenrufe von den Oppositionsbänken. Für Anton Gaál, er bekleidet als "Wehrsprecher" den Job den in der SPÖ sonst keiner will, handelt die Regierung "grob fahrlässig". Wäre noch zu erwähnen, dass die Haltung der gesamten SPÖ im Bezug auf die Luftraumüberwachung ihrer derzeitigen Stellung im Parlament sehr exakt entspricht - man ist "verantwortungslos". Gaál kollabiert ins Plenum, dass Europa solche Flugzeuge nicht mehr braucht und alle Länder rundum leasen oder kaufen irgendwas - oft mit dem letzten Sou. Warum wohl? Und auch der Traum der Grünen wird sich - auch bei einer etwaigen grünen Regierungsbeteiligung - nicht manifestieren. Einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag wird es nicht geben.
Eine Entscheidung zugunsten der F-5 könnte laut Platter sehr schnell fallen.
Martin Rosenkranz & Georg Mader