„Naturlement, wie hätte es anders sein können.“ Irgendwann muss eine Glücksträhne auch wieder enden. Jene mit dem Wetter. Bei einigen Anlässen heuer schon im Regen weggefahren und am Ziel mit Sonne verwöhnt, war es diesmal in Paris eben mal umgekehrt. Aber wenn man nur einen Tag Zeit hat ist es doppelt schmerzhaft, wenn einem just zu Beginn der interessantesten eineinhalb Stunden Air-Displays eine plötzliche Gewitterfront sprichwörtlich das Licht ausknipst und die Regenschwaden die Sektgläser anfüllen. „Der hat Sorgen, Hauptsache dort sein...“ werden jetzt manche Leser denken – und sie haben Recht. Trotz – aber nur wettermäßig - eher dunklen Stimmungen möchte ich diese, meine Schnell-Eindrücke, aufgeschnappten Wortspenden und Gedanken auf airpower.at allen zugänglich machen, die eben (diesmal) nicht dort sein konnten. | |
Obwohl man an einem – wegen des üblichen Höllenverkehrs – halbierten Tag unmöglich die gesamte Static, von 202 Maschinen, die besten Displays und wenigst einen sinnmachenden Teil der Hallen mit den 1.900 Ausstellern aus 44 Ländern‚ absolvieren’ kann, war es doch zum Teil sehr interessant. Auch für einen Besucher aus der „Sahelzone der (Militär)Luftfahrt“ – oder gerade für jenen ? Jedenfalls nimmt man von Plätzen wie hier wieder Mut und Weitblick mit, gerade wenn man während des Schreibens dieser Zeilen die Rülpser der Koglers, Kräuters und Straches dieses Landes mit anhören muss. | |
Heuer waren mehr Menschen als je zuvor am Aero-Salon, natürlich inklusive der auf drei Tage aufgestockten allgemeinen Besuchertage. Statt der erwarteten 300.000 hätten mehr als 450.000 Menschen das Ausstellungsgelände besucht, sagte ein Sprecher letzten Sonntag zum Abschluss dieser weltgrößten Luftfahrtmesse. Obwohl wie hier eigentlich der Militärluftfahrt verschrieben sind, ist es selbstverständlich zu bemerken, dass der unangefochtene Star der siebentägigen Show das weltgrößte Passagierflugzeug A380 von Aibus war, welches täglich zu einem Demoflug abhob. So auch am Mittwoch - in strömenden Regen und Minimalsicht. „Schau, schau“, denkt man, „ein europäisches Spitzenprodukt fliegt bei widrigsten Bedingungen. Bei anderen Produkten aus demselben Haus will und will man das ja hier nicht glauben...“
Jedenfalls ist es gewöhnungsbedürftig, den A380 zu beobachten, bzw. zu fotografieren. Ist er beim Zurollen auf den Betrachter zuerst noch eben ein großer Airliner, wird einem dann viel mehr als bisher gewohnt erstens das Zoom zu groß und zweitens das Auge überlistet. Wir wissen eben wie weit etwas weg ist wenn es so und so groß ist, aber das Monster täuscht uns (noch). Irgendwann ist die weiße Wand dann vor Dir und doch immer noch 100 Meter weg... |
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Insgesamt wurden diesmal Linien-Maschinen für mehr als 48,7 Mrd. $ (40,0 Mrd. €), wobei Fluggesellschaften aus Indien und dem Mittleren Osten am aktivsten waren. Das ist drei Mal so viel wie bei der vorigen Messe 2003, die aber noch immer unter den Folgen der Anschläge auf das World Trade Center 2001 und an einer Art US-Strafboykott litt. Gut zwei Drittel der Aufträge entfielen heuer auf Airbus und ein Drittel auf Boeing.
Airbus und Boeing fokussierten ihr Duell auf die Großflugzeuge A380 gegen einen – nun doch - geplanten Super-Jumbo 747Advanced, sowie die künftigen Langstreckenjets A350 und 787 ‚Dreamliner’. Airbus verbuchte Bestellungen von 280 Maschinen für 33,5 Milliarden Dollar. Boeing holte Aufträge für 146 Flugzeuge im Wert von 15,2 Mrd. $ herein und konnte mit 38 Bestellungen von Großraum-Langstreckenjets für mehr als 300 Passagiere der 777-Familie punkten. Wohl ist die neueste Triple-Seven ebenfalls beindruckend gross, jene flog aber nicht. Und da es bislang weder eine 747Advanced noch eine 787 gibt, strömte auch das gesamte Boeing-Chalet – Regen oder nicht – auf die Terrasse um den A380 genau zu beobachten. Große Augen. |
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Kein (Aus)Ruhen und hektische Betriebsamkeit bei Eurofighter GmbH. Wohl ist man immer noch stolz auf den österreichischen Auftrag – überall ist unsere Fahne zu sehen, Zeltweg auf einer Leucht-Karte des „Verbreitungsgebietes“ eingetragen und Ö-Modelle aufgestellt, aber sonst ist man schon längst mit gänzlich neueren Dingen (und Märkten) beschäftigt. Der Chef der Eurofighter GmbH, Aloysius Rauen, sieht im Gespräch außer Griechenland (noch immer), der Schweiz und Norwegen vor allem Möglichkeiten in Saudi-Arabien und der Türkei. „Es gibt zwar (noch) keine direkten Gespräche, aber die Saudis haben reges Interesse und werden vor allem durch ihren engen Kontakt mit der RAF indirekt gebrieft. In der Türkei hat der italienische Eurofighter-Partner Alenia Aeronautica inzwischen ein Büro eröffnet.“ Er verdeutlicht aber nochmals, dass in Griechenland, wo das Eurofighter-Konsortium einen Vertrag fertig ausgehandelt hatte, die Beschaffung auf Eis liege, weil die Regierung auch mit Blick auf ihre angespannte Haushaltslage noch weiter zuwarten oder aber auch Alternativen prüfen will. „Das müsse man zur Kenntnis nehmen, aber es gibt dort keinen Vertrags-Ausstieg weil der Vertrag eben nicht durch das Parlament gebracht und rechtsgültig wurde,“ so Rauen. | |
Zu Österreich will Rauen nur bekräftigen, dass man Mitte 2007 vertragstreu liefern werde und dass viele Wortmeldungen im Hamsterrad von Oppositionspolitkern und Boulevardmedien „auf jeden Fall eindeutig geschäftsschädigend wären. Es ist aber vertraglich so vereinbart, dass dazu ausschließlich der österreichische Auftraggeber (re)agieren würde – man habe Wichtigeres zu tun als sich täglich mit jener
Jagdgesellschaft auseinander zu setzen.“ Ich habe das so verstanden: Würde man seitens des BMLV oder der österreichischen Bundesregierung entscheiden, das Thema aktiv(er) zu besetzen, dann würde man auch seitens des Herstellers seines dazu tun. Sonst aber beobachtet man das Wiener Geplärre nach „Ausstieg, Ausstieg“ (habe da Otto Waalkes Führerscheinprüfung mit „Foafahd, Foafahd“ im Ohr) und versichert, dass
man aus allem aussteigen könnte – nur zu welchen Folgen und Kosten müsse man eben dann aushalten.
Die österreichischen Flugzeuge seien jedenfalls zum Teil bereits in verschiedenen Stadien der Fertigung und im Herbst würde man erste Gross-Teile davon bereits auf einer Endfertigung sehen können. Trotzdem ist der seriöse Hr. Rauen bezgl. Österreich immer noch zu naiv. Er meinte in Paris, dass „ja auch eine künftige Regierung in Wien – sollte jene tatsächlich eine einseitige und aus seiner Sicht unbegründete Vertragsauflösung beschreiten wollen – trotzdem irgendeinen Weiterbestand der Luftraumüberwachung machen müsse...“ - Nun, erst heute hat ja der Grüne RH-Sprecher Kogler in einer „Ausstiegs-PK“ auf Nachfrage nach Alternativen wieder gemeint, „man brauche in Österreich eh’ keine Luftraumüberwachung....“ |
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Eine kurze Unterhaltung mit einem mir bekannten EF-Testpiloten ergibt Neuigkeiten über den Programmfortschritt. Man habe in Manching nun das erste PIRATE-Set im Testbetrieb, was man da auf den Displays sähe, „verschlägt einem den Atem. Obwohl da noch ein Blind-Spot auszumerzen sei, fliegt man da nachts herum und schaut sich Sachen an, die 30km weit weg sind...“ Im Herbst kommt das erste volle DASS-Selbstschutzsystem zur Erprobung, ganz wie im IOC zu FOC-Zeitplan vorgesehen. Die beiden Baugruppen sind ja auch für uns in Österreich relevant... Der Pilot – wohlgemerkt ist das seine private Einschätzung – glaubt übrigens, dass man in Singapur zwar leistungsmäßig überaus beeindruckt hätte aber die beteiligten Nationen müssten rascher die Entscheidungen fällen, dass das Flugzeug zu den festgelegten Terminen mit den festgelegten technischen Fähigkeiten zur Verfügung steht. Die Diskussion um den Vertrag zur Produktion der zweiten Tranche des Eurofighters habe das Programm ein ganzes Jahr – und eventuell auch Singapur – gekostet. Die wollten mehr Fähigkeiten und jene rascher, als der Masterplan der Herstellerländer eben zur Zeit vorsehe. Aber das sei großteils alles Spekulation, denn Singapur kann und will vor der Kür eines Siegers keine genauen Gründe für ein Ausscheiden nennen. Er bekräftigt aber, dass „diese Fähigkeiten Rollen und Waffen betreffen, die mit Euch Österreichern aber überhaupt nichts zu tun haben und zu tun haben werden....!“ | |
Erfreut war man bei Eurofighter an diesem Mittwoch über die norwegische Aufstockung seiner Entwicklungspartnerschaft bzw. Technologiedemonstrations-Programme um 12,5 Mill. € auf 32,5 Mill. €. Rauen meinte dazu dass das „eine tolle Sache ist, wenngleich uns bewusst ist dass Norwegen 300 Mill. Kronen in den JSF eingezahlt hat und das nicht einfach umzudrehen sein wird. Aber bei jener Entwicklungspartnerschaft handelt es sich um E-Scan Radar und EW-Forschung bzw. Entwicklung für die Tranche-3 die wir etwa mit Kongsberg, Triad, EPM oder Ericsson-Norway teilen möchten. Die Norweger sollen sehen dass sie für uns echte Partner sein sollen. Und ich glaube, die Message ist verstanden worden.“ Rauen betonte auch, dass man – er wollte eine direkte Lektion durch Singapur nicht kommentieren – das „Future Capability Programm“ nun aktiv und vordergründig diskutiere und jenes – da kommen die volle Luft/Boden-Waffen-Integration, erweitere Freund-Feind-Erkennung, Netzwerk-Fähigkeiten und erweiterte Kommunikation sowie Interoperabilität – in 6 bis 9 Monaten zum Kontrakt bringen will. Ab 2008 wird das FCP ausgeliefert, aber – so ein Rauen-Mitarbeiter zu meinen gehobenen Augenbraunen - „das Datum hat wieder nichts mit Österreich zu tun, auch Eure ersten vier Maschinen Mitte 2007 werden die vertraglich vereinbarten Fähigkeiten haben...!"
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Dann wieder hinaus in den Regen, man sah überaus agile und bemühte Displays von Rafale, Su-27SMK, einer mit acht Missiles (6x AMRAAM, 2x AIM-9M) bewaffneten F/A-18F, sowie z.B. dem neuen (Euro)Trainer (?) Aermacchi M346. Interessante Oldtimer wie die Breitling Super-Constellation, eine Hurricane C-II oder eine französische Curtis Hawk-75 rundeten einen hektischen, aber interessanten Tag ab. Wenn’s nur einen Sonnenstrahl gegeben hätte... | |
So oft ist es ja leider nicht, dass amerikanische High-End Typen auf einer Show Display fliegen. Die US-Attachés meinen dazu immer, das ihre Pilots ja globally engaged sind und z.B. für die B-1 aus Ellsworth die jetzt NICHT nach Zeltweg kommt, 80 Show-Einladungen/Jahr einlangen – „beneath the War on Terror“ – of course. Jedenfalls flogen heuer in Paris Werkspiloten von Boeing und Lockheed die F/A-18F (USN-VFA11) bzw. die F-16C (Spangdahlem) vor. Wie erholsam für Puristen, endlich ein Flugzeug sich abmühen zu sehen, welches nicht ewig ‚clean’ ist – wie sonst auf Shows. Der Eurofighter war zwar agil im Kurven und Drehen wie immer und die Sukhoi Su-27SMK machte auch brav ihre üblichen Mätzchen – aber für das tapfere Herumschwingen von 8 Lenkwaffen vergebe ich meine persönliche Paris-Trophy diesmal an den Mann in der Super-Hornet. Für die USN ist zu hoffen, dass sie in ihre Rolle als ‚Fleet-Defender’ hineinwachsen möge, die Tomcat/Phoenix-Fußstapfen sind halt sehr groß...
Groß sind auch Boeings Hoffnungen auf den indischen Tender, in welchem 2009 über 126 Mehrzweck-Kampfflugzeuge entschieden werden soll. Boeings Chris Chadwick erläuterte in Paris sein Bemühen, Indien den erweiterten Block-II Standard anbieten zu können, jener beinhaltet MIDS, Advanced Targeting Pod, AIM-9X und das Active E-Scan Radar APG-73. In der US-Navy wird es erst Ende des Jahres die erste Staffel mit jenem Upgrade geben. - Nun, wäre technisch sicher eine feine Sache für die IAF aber ich kenne viele Stimmen aus Indien welche vor die USA diesbezüglich als unsicheren Supplier warnen. Die Inder wollen vollen Technologietransfer und (m.W.) auch ‚tactical-nuke’, das haben US-Senatoren schon „uneasy“ thematisiert... |
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Gripen mit Bomben – Auch ein „Kampfbomber“ ? Jetzt kenn ich mich nicht mehr aus...! |
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Die Notwendigkeit von Einsparungen bei den (meisten) Luftstreiträften in aller Welt hat das Interesse an Jet-Trainern mit möglichst geringen Betriebs- und Anschaffungskosten bei ansonsten vollwertigen Jetflugeigenschaften und Cockpits wie in den Einsatztypen enorm anwachsen lassen. Dazu gab es in Paris eine Premiere. Was einst als lustiger „Home Defence Interceptor“ sogar in die österreichische Beschaffung hinsprengselte (Herr Gudenus ging damit schwanger) hat sich von einem Kit-Flugzeug mit 500kg Payload zu einem, wenigen Wochen vor seinem Erstflug stehenden, durchaus interessanten Konzept entwickelt. Mit der sog. „Javelin“ der amerikanischen Firma ATG (Aviation Technology Group – Albuquerque, N.M.) scheint nun der erste Jettrainer in GFK/CFK-Kompositbauweise auf dem Weg zur Serienfertigung zu sein.
Das Mockup der Maschine war trotz Schlechtwetter umlagert und wenn man im Chalet die Tatsache ansprach, aus einem Land zu kommen welches ein neuestes Kampfflugzeug bestellt, aber uralte Jet-Trainer hat – dann wird man sofort von Israelis und Amerikanern mit Mappen, CDs und kleinen Geschenken zugeschüttet. Warum Israelis ? Nun, vor einem Jahr wurde mit IAI (Israel Aircraft Industries) ein potenter Partner für die Weiterentwicklung – und wohl auch Vermarktung - der „Javelin“ zu einem Fortgeschrittenentrainer gefunden. Nach Angaben von ATG liegen für eine 2,8 Mill. $ teure zivile Version – für welches Zielpublikum verstehe ich zwar nicht - bereits 90 Bestellungen vor. Die volle FAA-Zertifizierung der Maschine ist für 2007 geplant und – jetzt kommts – als Fortgeschrittenen-Militärtrainer soll das Ding „nur“ ca. 10 – 15 Mill. $ pro Stück kosten... Bei ATG ist man jedenfalls guter Dinge und plant, im ersten Lieferjahr 26 Maschinen herzustellen. Hierfür wurde in Albuquerque eine neue Produktionsstätte errichtet und 200 neue Mitarbeiter eingestellt. Ich würde sagen, lassen wir das Baby mal erstfliegen, dann kann man ja hier einen Extra-Eintrag darüber machen... |
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Abschließend, es gab natürlich auch persönliche Lichtblicke. Wenn man mitten auf dem Aero-Salon sein Bild „on the Cover of the Rolling Stone“ (in diesem Fall MILITARY-TECHNOLOGY) entdeckt und das einem die Editors wegen des Überraschungseffekts nicht gesagt haben, dann freut man sich natürlich. Auch die tschechischen Gripen-Leute samt ihren Haus-Schweden werden sich freuen, geht’s doch dabei um eine Titelstory über die Ankunft und Einführung der tschechischen Gripen. Das ist aber „something completely different“ – und wir werden es Euch an dieser Stelle nicht vorenthalten – noch etwas Geduld bitte. Für mich steht vor der Airpower nämlich noch ein Kurztrip an, diesmal nach Südfrankreich. Dort passiert nämlich in Form von 6 indischen Su-30K das „wirkliche Leben“... |
Georg Mader