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CAMCOPTER® S-100 vorgestellt
Neues VTOL UAV-System von Schiebel soll den Drohnen-Markt vertikal aufrollen

Seit Mitte der 80er Jahre ist die Schiebel Elektronische Geräte GmbH aus Wien für die Entwicklung und Erzeugung von hochmodernen Minensuchgeräten bekannt.
Mitte der 90er begann man dann erstmals mit der Entwicklung eines kleinen unbemannten Hubschraubers. Das erste Konzept sah den CAMCOPTER® als weiteres Werkzeug bei Entminungsoperationen vor. Der 3.1 Prototyp wurde noch durch einen Kettensägenmotor angetrieben und konnte mit Hilfe von Modellflugzeug-Enthusiasten entwickelt und realisiert werden. Das System trug eine simple Thermobild-Überwachungskamera in der Nase.
In weiterer Folge wurde auch die Hilfe der Technischen Universität Wien in Anspruch genommen um Fortschritte im Bereich der automatischen Flugstabilisierung zu erzielen. Ergebnis war der CAMCOPTER® 4.5.
Der nächste Schritt war ein Satelliten-Navigationssystem und die Bündelung der Bordelektronik in eine einzelne Box. 1996 wurde so das System CAMCOPTER® UAV 5.0 am Markt präsentiert.
Upgrades - vor allem ein stärkerer Antrieb - führten 1998 zum CAMCOPTER® UAV 5.1 und eine Modifikation mit größerem Missionsradius und einer automatisch folgenden Datenlink-Antenne zum CAMCOPTER® UAV 5.1 Mk.2.
Systeme dieser Generationen wurden u. A. an die US Army, an die ägyptische Marine und an Thomson CSF verkauft.

Oben links: CAMCOPTER® UAV 5.0 (1996) (Foto: Schiebel)

Oben rechts: CAMCOPTER® UAV 5.1 (1998) (Foto: Schiebel)

 

Rechts: CAMCOPTER® UAV 5.1 Mk.2 (2000) (Foto: Schiebel)

Im Seeüberwachungseinsatz ermöglich der Einsatz einer Helikopterdrohe selbst kleinen Einheiten die schnelle und ökonomische Überwachung großer Seegebiete. Radarkontakte können ohne Kursänderung rasch optisch aufgeklärt werden. Der Einsatz der Drohne ist zudem um ein vielfaches kostengünstiger als sämtliche Strecken mit dem Schiff zurückzulegen.
Die ägyptische Marine beschaffte 2001 zwei CAMCOPTER® Systeme.

Obwohl dem österreichischen Bundesheer das System bekannt ist, es ihm mehrmals vorgeführt wurde und zumindest Überlegungen für den Einsatz im Rahmen militärischer Aufgaben sowie im Assistenzeinsatz Grenzraumüberwachung angestellt wurden, hat das ÖBH keines der bisher entwickelten CAMCOPTER® Systeme beschafft.
Ausschlaggebend dafür waren wohl primär finanzielle Engpässe aber auch die eingeschränkte Leistungsfähigkeit in Hinsicht auf die von den jeweiligen Truppenteilen (z.B. Artillerie, Luftaufklärung) aufgestellten Anforderungskataloge an ein unbemanntes System. Allerdings unterstützte das ÖBH Schiebel mit der Ermöglichung von Testflügen in geeignetem Gelände - u.A. auch am TÜPL in Allentsteig.

Beschränkungen in den Bereichen Geschwindigkeit, Reichweite, Nutzlast gegenüber Fixflügel-Drohnen stellten sich auch außerhalb Österreichs als permanenter Wettbewerbsnachteil dar. Zudem stellt der Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugen in zivil kontrollierten Lufträumen ein erhebliches rechtliches Problem dar.

Bei Schiebel begann man deshalb 2003 auf Basis der gesammelten Erfahrungen mit der Entwicklung eines Nachfolgesystems - dem CAMCOPTER® S-100 VTOL UAV.
Vom ersten Tag an, war die Erlangung einer zivilen Zulassung - das Einhalten der notwendigen Auflagen und Vorschriften um ein ziviles Zertifizierungsverfahren erfolgreich abschließen zu können - wesentliches Entwicklungsziel.
Gleichzeitig war ein möglichst einfacher und kostengünstiger Betrieb, große Nutzlast, lange Flugzeit und eine Steigerung der Datenlink-Kapazitäten von Bedeutung, um am internationalen Markt bestehen zu können.
Ergebnis ist ein System für das sowohl rein private Anwendungen denkbar sind als auch von zivilen Behörden und auch im rein militärischen Bereich genutzt werden kann.
Schiebel gibt die Kosten für ein System bestehend aus einer Bodenstation, zwei S-100 Drohnen samt durchschnittlicher Sensorlast mit ca. EUR 2 Millionen an. Die Betriebskosten betragen etwa EUR 100,- bis EUR 150,- pro Flugstunde und damit rund ein Zehntel eines bemannten Sensorträgers auf Hubschrauberbasis.
Laut Geschäftsführer Hans Georg Schiebel gibt es über die Supportorganisation von Schiebel auch die Möglichkeit Systeme samt Bedienung über gewisse Zeiträume zu leasen oder zu mieten sowie Kunden im Bereich Ausbildung und Logistik zu unterstützen.
Die Nachfrage am Markt für solch ein System dürfte dermaßen groß sein, dass Schiebel seine Fertigungskapazitäten durch ein neues Werk für ca. 100 Mitarbeiter am Flugplatz Wr.Neustadt Ost erweitert. Gleichzeitig rechnet Geschäftsführer Hans Georg Schiebel mit einer Verfünffachung des Umsatzes in den nächsten zwei Jahren. Zwei Kunden für das neue System hat Schiebel nach eigenen Angaben bereits fix, mit bis zu zehn weiteren steht man in fortgeschrittenen Verhandlungen.

Anfänglich plant man mit der Fertigung eines S-100 pro Woche, mittelfristig mit einer Steigerung auf zwei S-100 pro Woche. Die Lieferzeit für das System wird etwa sechs bis neuen Monate betragen.


CAMCOPTER® S-100
(Foto: Schiebel)

CAMCOPTER® S-100
(Foto: Martin Rosenkranz)

CAMCOPTER® S-100
(Foto: Martin Rosenkranz)

CAMCOPTER® S-100
(Foto: Martin Rosenkranz)

Der CAMCOPTER® S-100 baut auf einer Kohlefaser-Monocoque Struktur sowie dynamischen Teilen aus geschmiedetem Titan (wobei hier der steirische Titan-Schmiede-Spezialist "Pankl" zum Zug kam) auf, eine Kombination die enorme Festigkeit bei geringstem Gewicht gewährleistet.
Als Antriebsquelle dient ein 55PS (40kW) starker Flugzeugmotor in Wankel-Technik.
Vollautomatische Start- und Landeprozedur, vollautonome Stabilisierung der Fluglage, vollautomatische Wegpunktnavigation via redundantem INS und GPS oder wahlweise Flugrichtungseingabe via Joystick durch Bediener, sowie redundante Flugsteuerung.


Hauptrotorkopf des CAMCOPTER® S-100
Foto: Martin Rosenkranz

Heckrotorkopf des CAMCOPTER® S-100
Foto: Martin Rosenkranz

Start, Navigation und Flug zu den Wegpunkten sowie Landung erfolgen automatisch. Optional ist der Eingriff durch einen Piloten jederzeit möglich.
Foto: Schiebel

Foto: Schiebel

Die portable Bodenstation ermöglicht die Eingabe von Wegpunkten, Überwachung des Flugweges und auch Änderungen während des Einsatzes.
Foto: Schiebel

Foto: Martin Rosenkranz

Die Fluggeschwindigkeit beträgt für maximale Flugdauer 55kt (ca. 100km/h) maximal sind 120kt (220 km/h) möglich. Die Steigfähigkeit beträgt 10m/s die maximale Flughöhe 18.000ft (5.487m).
Die Leermasse der Drohne beträgt 97kg, die maximale Abflugmasse beträgt 200kg.
Die maximale Nutlast beträgt 50kg, mit 25kg Nutzlast sind bis zu sechs Stunden Einsatzdauer möglich. Die Kapazität des Treibstoffbehälters beträgt 58 Liter und kann mit optionalem Aussentank gesteigert werden. Bei einem typischen Treibstoff-Bedarf von ca. 10 Liter pro Flugstunde sind damit bis zu 6 Stunden Flugzeit ohne Zusatztank und übliche Einsatzradien von - je nach Reichweite des Datenfunks - bis zu 180 km möglich.

Zur Befestigung von Nutzlasten sind vier Punkte am Luftfahrzeug vorgesehen. Der primäre Montagepunkt für Nutzlasten liegt direkt unter den Hauptrotormast und trägt max. 50kg. Zwei seitliche Montagepunkte sind in der Lage je 10kg Nutzlast aufzunehmen. Darüber hinaus verfügt die Drohne über eine sekundäre Nutzlastbucht in der Frontsektion, welche ebenfalls bis zu 10kg Masse aufnehmen kann.
Die elektrische Versorgung einer beliebigen Sensorlast wird standardmäßig durch einen 650W Generator gewährleistet. Größerer Energiebedarf kann durch Anbringen eines optionalen Generator gedeckt werden, für welchen ein freier Montageflansch am Hauptgetriebe vorgesehen ist.
Schiebel offeriert als Standard-Sensorlast die ESOP™ (Electronically Stablized Observer Payload) welche eine Taglicht-Kamera, eine Infrarot-Kamera im 3-5 micron-Band und einen Laser-Entfernungsmesser in einem elektronisch stabilisierten, dreh- und schwenkbaren Sensor-Gimbal umfasst.

Die Kommunikation von und zur Drohne wird über zwei unabhängige simultan eingesetzte Datenlinks gewährleistet deren Reichweite bis zu 200km beträgt. Für die Überwachung des Fluges sowie als Hilfestellung zur eventuellen aktiven Steuerung durch einen Piloten steht das Bild einer hochauflösenden Farbvideokamera zur Verfügung welches im C-Band in Echtzeit zur Bodenstation übertragen wird. Ein weiterer bi-direktionaler Datenlink im C-Band überträgt die Daten der Sensorlast.
Das System ist ausgelegt um den gleichzeitigen Einsatz mehrer Drohen über ein stand-alone Netzwerk als auch eine Integration in bestehende taktische Datenverbünde zu ermöglichen. Das zur Anwendung kommende Daten-Protokoll kann dabei vom Kunden frei gewählt werden.


Datenlink-Antenne
Foto: Martin Rosenkranz

Datenlink-Antenne
Foto: Martin Rosenkranz

Der CAMCOPTER® S-100 in der Draufsicht
Foto: Martin Rosenkranz

Hans Georg Schiebel,
Geschäftsführer Schiebel Elektronische Geräte GmbH
und sein CAMCOPTER® S-100
Foto: Martin Rosenkranz

Die theoretischen Einsatzmöglichkeiten der S-100 Drohne sind sehr vielschichtig.
Statusanzeigen der Drohne, die während des Fluges zur Bodenstation übertragen werden.
Foto: Martin Rosenkranz
Von Vorteil ist dabei, dass um starten und landen jeweils nur sehr kleine Flächen benötigt werden, was einem Betreiber maximale Unabhängigkeit von lokaler Infrastruktur ermöglicht.
Sowohl im rein privaten Bereich als auch im Bereich ziviler Behörden und natürlich auch im militärischen Spektrum sind mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten denkbar.
Das reicht von Aufgaben im Rahmen der Unterhaltungsindustrie (spezielle Kamerapositionen und -fahrten für Film und Fernsehen) oder der Sportberichterstattung (Luftaufnahmen von großflächigen Sportereignissen wie Marathons, Radrennen oder Rallyes), über Überwachungsaufgaben im industriellen Bereich (Kontrolle und Überwachung von Gebäuden; Anlagen; Pipelines; Strom-, Wasser- oder sonstigen Leitungen), über Aufgaben im Suchdienst, vor allem im unwegsamen Gelände und vor allem bei Nacht (z.B. vermisste Personen im Gebirge), die Überwachung von Grenz- oder Seeraum zur Bekämpfung illegaler Immigration, Drogentransport oder z.B. auch Piraterie. Natürlich sind auch Aufgaben im militärischen Bereich denkbar welche von Artillerie-Aufklärung, über Luftaufklärung sowie zur Minenräumung und Verlegung und auch als Instrument im Rahmen von Spezial-Operationen gehen.
Allerdings muss und wird für einen effektiven Einsatz in einigen der genannten Bereichen noch an den Schallemissionen der Drohne gearbeitet - dies kann sowohl durch Änderung im Bereich des Antriebes sowie auch im Bereich der Auspuff-Schalldämpfung geschehen. Der derzeitige Auspuff hat den Vorteil klein und leicht zu sein, ein deutlich leiseres Auspuff ist in Entwicklung und kann ohen großen Aufwand einfach ausgetauscht werden.
Maßnahmen zur Reduktion der Radarsignatur waren übrigens kein Entwicklungsziel.

Um ein S-100 System ortsunabhängig zum Einsatz bringen zu können, sind üblicherweise ein bis zwei Fahrzeuge in der Größenordnung von Klein-LKW's oder auch ein entsprechendes militärisches Fahrzeug, wie z.B. ein Pinzgauer, notwendig.
Das reicht um die notwendigen Datenlinkantennen samt Stromversorgung, das Bedienelement sowie ein bis zwei S-100 Drohnen transportieren zu können.
Die Bedienung benötigt zumindest eine Person mit dem theoretischen Wissen eines Privatpiloten sowie zumindest einen eingeschulten Techniker der die Flugvorbereitungen treffen kann. Theoretisches Wissen über Ausbreitung von Funksignalen zur optimalen Positionierung der Datenlinkantennen ist natürlich ebenso von Vorteil. Im Bereich der Instandhaltung arbeitet Schiebel ein zweistufiges Wartungskonzept aus, mit welchem entsprechend zertifizierte Unternehmen das notwendige regelmäßige Service durchführen können.

Technische Daten CAMCOPTER® S-100 VTOL UAV
Rumpflänge: 3,091m
Rumpfbreite: 0,51m
Landekufenbreite: 1,238m
Höhe über alles: 1,042m
Hauptrotor-Durchmesser: 3,400m
Leermasse: 97kg
max. Abflugmasse: 200kg
max. Nutzlast: 50kg
Antrieb: 55PS (40kW) Flugzeugmotor in Wankel-Technik
Geschwindigkeit bei geringstem Benzinverbrauch: 55kt / 100km/h
Maximalgeschwindigkeit: 120kt / 220 km/h
max. Flughöhe: 18.000ft MSL / 5.487m
Treibstoffkapazität: 58 Liter
max. Einsatzdauer: bis zu 6 Stunden mit 25kg Nutzlast
typischer Einsatzradius: bis zu 180 km je nach Größe der Bodenantennen der Datenlinks
Navigation: Redundantes INS und GPS
Autonomie: Vollautomatischer Start, Wegpunktnavigation und Landung
Datenlink: zwei simultane, volldigitale Links mit bis zu 180km Reichweite


Web-Link: Schiebel Elektronische Geräte GmbH

Martin Rosenkranz

ORF-Bericht
ORF-Bericht