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"Chefsache"

Hört man sich hierzulande im innenpolitischen Zentrum des Landes um weshalb in Sachen Eurofighter seit geraumer Zeit eine solch unzureichende Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, bekommt man die knappe und oftmals hinter vorgehaltener Hand ganz leise ausgesprochene Antwort: "Chefsache". Gemeint ist damit zweifelsohne der Chef vom eigentlich zuständigen Ressortchef.
Und eben jener "Chef" - dem seine Kritiker nur zu gerne vorwerfen zu lange und zu viel zu schweigen, führt eben jenes Konzept auch in Sachen Eurofighter durch - oder vielmehr lässt durchführen.........lässt schweigen.

Nun mag das Konzept "Schweigen" ja durchaus Gültigkeit haben bei Themen die kurzfristig hochkommen und ebenso schnell wieder in Vergessenheit geraten.
Und "Schweigen bis zum richtigen Zeitpunkt" funktioniert auch ganz gut bei Themen die erst reifen müssen und wo man danach eine Position beziehen kann die gefestigt ist weil nichts mehr neues nachkommt.
Allerdings ist Schweigen kein Rezept wenn man das teuerste Rüstungsgeschäft der zweiten Republik durchzieht und damit in die Oberliga der Militärtechnologie einsteigt.
Es fehlt diesem Lande schlicht das gesellschaftspolitische Rüstzeug um mit so einem heißen Sicherheitspolitik-Thema umzugehen. Und schuld daran ist einzig und alleine die Politik. Hätte man nicht jahrzehntelang den Begriff "Neutralität" als "billigst" und "sorgenfrei" - um nicht zu sagen "verantwortungslos" - interpretiert, sondern wie die neutralen "Vorbildstaaten" wie Schweden, Schweiz und Finnland sichtbare und glaubhafte Anstrengungen unternommen - im Art.9a des B-VG steht das Wort "umfassend" - stünde man jetzt nicht einer Nation gegenüber, für welche "Unkultur" noch der treffendste Begriff im Zusammenhang mit sicherheitspolitischen Fragen ist.

Selbst in liberalen, demokratischen und rechtstaatlichen Hochburgen verbieten sich im Sinne des "reson d'etat" gewisse Aussagen und Handlungen gegen die Interessen der eigenen Landesverteidigung.
Nicht so in Österreich. Hierzulande geht selbst in der Spitzenpolitik das Niveau nicht über tagespolitisches Kleingeldsammeln hinaus und sich das Bundesheer als Fussabstreifer herzunehmen gilt in gar nicht mal so kleinen Kreisen als guter Ton. Kein Wunder, fehlt doch auch in der Spitzenpolitik den meisten Akteuren das Rüstzeug an "know-how" um militärische Fragen auch fachgerecht handhaben zu können. Was bleibt ist "Hinunterdodeln" in der Hoffnung sich Applaus bei jenen zu sichern, deren Horizont sich im Durchblättern der Gratis-U-Bahn-Zeitung erschöpft.
Und so können Oppositionspolitiker die eigene militärische Kastration unter dem Titel "Vorteile des Binnenlandes" verkaufen - und dafür wohlwollendes Kopfnicken ernten - wofür man im Rest der Welt quer durch alle Parteien und die ganze Medienlandschaft "abgewatscht" würde. Auch hier rächen sich die Jahrzehnte an laissez-faire in Fragen der Sicherheitspolitik.

Doch zurück zur Kultur des Schweigens. Mag sein, dass man eine "billige Gebrauchtlösung" noch eher auf diese Art hätte abhandeln können - den "Einstieg in den europäischen Club der Hochtechnologie" kann man auf die Art jedenfalls nicht rüberbringen.
Kommunikationswissenschaftler sagen dazu - Man kann nicht "nicht kommunizieren" - der Volksmund sagt, dass "Schweigen Bände spricht". Mag sein, dass es die Mühen der Ebene - der Marsch durch die Wüste Gobi - darstellt den Leuten zu erklären weshalb es das teuerste, stärkste, beste Produkt sein musste - farbiksneu vom Weltmarktführer und noch dazu von Partnern in der EU - anstatt 25 Jahre altes Zeug aus zweiter Hand von sonst woher.

Transparenz wäre angesagt und möglich gewesen. Sowohl die Luftstreitkräfte als auch der Hersteller standen in den Startlöchern um Medien und Bürgern den Gegenwert für EUR 2 Mrd. Steuergelder begreifbarer zu machen. Aus Deutschland sind dazu im Laufe der Zeit mehr als 60 Konzepte für eine aktive Kommunikation auf den Schreibtischen in Wien gelandet - allesamt wurden sie abgelegt (im Rundordner?). Statt dessen konnte - nunmehr schon jahrelang - an haarsträubendem Unsinn nahezu alles taxfrei kolportiert werden obwohl die Möglichkeiten dies sachlich und begreifbar zu widerlegen durchaus bestanden hätten. Statt dessen vermittelte man den Eindruck es gäbe etwas zu verbergen - und das obwohl noch in diesem Sommer erstmals fliegt was erst nächstes Jahr angeblich nicht lieferfähig ist - und schon über 80x ausgeliefert wurde was angeblich nur als Prototyp existiert.

Statt dessen wird von Wien aus aktiv verhindert, dass Medienvertreter ihrer Arbeit nachgehen - recherchieren - können in dem man dem Hersteller verbietet österreichischen Journalisten en Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen.
Und somit bleibt Irrationalität die einzige Konstante in Sachen Eurofighter - auf der einen Seite die irrationale Argumentation (bzw. Unterlassung desselben) auf der anderen irrationales Handeln (bzw. Unterlassung desselben).

Die Verantwortung dafür ist jedenfalls auch......."Chefsache".

Martin Rosenkranz