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Evolution im Eurofighter Programm
Von Tranche 1 zu Tranche 3

Vorab zur Klarstellung. Die hier dargestellten Entwicklungen und Vertragssituationen betreffen ausschließlich die vier Herstellerstaaten England, Deutschland, Italien und Spanien.
Funktionen, Leistungen und Liefertermine der für Österreich bestimmten Eurofighter werden im Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter GmbH geregelt und werden von diesen Entwicklungen nicht beeinflusst.

Aktuelle Vertragslage der Herstellerstaaten

Am 29./30. Jänner 1998 wurde von den Herstellerstaaten der "Supplement 1" genannte Vertrag bezüglich der Investitionen, die Produktion und die Unterstützung für insgesamt 620 Eurofighter unterzeichnet.
Am 18. September des selben Jahres wird "Supplement 2" unterzeichnet und damit die erste Trance von 148 Flugzeugen zur Produktion freigegeben.
Am 14.Dezember 2004 wird "Supplement 3" unterzeichnet und damit die zweite Trance von 236 Flugzeugen zur Produktion freigegeben.

Darüber hinaus haben die Herstellerstaaten nationale Besonderheiten ihrer Flugzeuge zum Teil in einzelnen Verträgen geregelt.
So trat Deutschland im Dezember 1999 dem EuroDASS Programm bei und orderte auch das MIDS-LVT. Im Dezember 2000 orderten Deutschland und Italien die IRIS-T Integration.
Und zuletzt unterschrieb England am 20.Juli 2006 einen Vertrag zur Integration der "Austere"-Fähigkeiten. Es sind dies der Laser Designator Pod "Lightening III" und der Enhanced Paveway II Laserlenkbombe für die Tranche 1 Eurofighter Typhoon der RAF.

Erster Tranche 2 Entwicklungsvertrag in abschließenden Verhandlungen

Noch für heuer wird ein weiterer Vertrag erwartet, der die Entwicklung der Tranche 2 Maschinen präzisiert. Es sind dies die so genannten "Phase 1 Enhancements" (P1E) welche mit Block 10 der Produktion ab dem Jahr 2010 als "Enhanced Operational Capability 1" (EOC 1) Software integriert werden.
Entscheiden wird sich dabei welche Funktionen aus einer ganzen Palette von möglichen Optionen in EOC1 verwirklicht werden, welche eventuell für EOC2 ins Jahr 2012 zurückgestellt, noch später oder gar nicht verwirklicht werden.

Jedenfalls beabsichtigen die Staaten in Hinkunft ein so genanntes "Two Year Rolling Upgrade Cycle" zu etablieren - einen Zyklus in dem alle zwei Jahre festgelegt wird welche Verbesserungen im jeweils nächsten Upgrade enthalten sein sollen.
Die Industrie hat dann jeweils drei bis vier Jahre Zeit diese Upgrades zu realisieren.
Bisher sind für die Serie nur Luft/Luft-Lenkwaffen und Tanks zum Flug freigegeben. Foto: eurofighter.com

Eine weitere Entscheidung über die Einrüstung div. Waffensysteme in den eurofighter fällt demnächst. Foto: eurofighter.com

Inzwischen laufen "Drop Tests" mit freifallenden Luft/Boden-Waffen. Foto: eurofighter.com

 
Zwei Videos von Boden-Drop-Tests mit LGBs. Die exakte Steuerung der Vorgänge beim Lösen vom Flugzeug sind entscheidend für die Sicherheit des Flugzeuges und die Funktion der Waffe.
Videos: EADS

Mit Abschluss der Arbeiten an Tranche 1 wird die Bewaffnung des Eurofighters Luft/Luft-Lenkwaffen und freifallende LGBs umfassen.
Foto: eurofighter.com

So soll eben noch heuer über Upgrades entscheiden werden - vorgesehen für die Integration im Jahr 2010. Und 2008 würde wieder eine Entscheidung über Upgrades erfolgen - vorgesehen für die Integration im Jahr 2012, usw.
Dieses Konzept soll besser mit der Dynamik der sich ständig verändernden Anforderungen harmonieren.

Aber auch von Herstellerseite gibt es eine Interessenslage. Je mehr Fähigkeiten in den Eurofighter bereits integriert sind oder bereits vertraglich fixiert integriert werden, desto attraktiver wird das Produkt am Exportmarkt. Kapazitäten zu haben oder eben nicht könnten für zukünftige Kunden entscheidende Auswahlkriterien sein.

Es geht dabei um nicht unerhebliche Kosten.
So erfordert die Integration einer einzigen Waffe nebst zum Teil umfangreicher Softwarearbeiten auch Boden- und Flugtests derselben zur Sicherstellung der Betriebssicherheit. Diese Arbeiten im Windkanal und die so genannte "Drop-Tests" stellen sicher, dass sich die Waffe in den gewünschten Geschwindigkeits- und Fluglagebereichen ohne Probleme vom Flugzeug löst - dabei weder das Flugzeug noch die Waffe beschädigt wird und die Waffe nach der Trennung auch wie vorgesehen funktioniert. Und das ist durchaus nicht einfach - man bedenke die Strömungsverhältnisse der Umgebungsluft in diversen Fluglagen über den gesamten Geschwindigkeitsbereich.
Deutschland bezahlte im Jahr 2000 EUR 62 Mio. für die Integration des Luft/Luft-Lenkflugkörpers IRIS-T in den Eurofighter. Und der deutsche Anteil an der Integration der METEOR wird EUR 118 Mio. betragen.

Grundsätzlich sind sich Luftwaffen und Industrie der Herstellerstaaten aber einig in welche Richtung es gehen muss. Der aktuell eher Luft/Luft-lastige Eurofighter soll mit Tranche 2 zum State-of-the-Art Multi-/ Swing- Role Waffensystem erwachsen.
Dafür ist die Integration von Präzisions-Luft/Boden-Waffen auf kurze und weite Entfernung vorgesehen.
Ebenso soll die Effektivität und Interoperabilität in der so genannten "Net Centric Warfare" Umgebung weiter verbessert werden.
Prinzipiell ist man sich auch einig die aktuell und zukünftig leistungsfähigsten Luft/Luft-Lenkwaffen zu integrieren - nur über den Zeitpunkt scheiden sich die Geister.

Die Optionen für Tranche 2

Im Luft/Luft-Bereich scheint die IRIS-T Digital-Integration fix. Fraglich ist der Zeitpunkt der AIM-120C-5 Integration, die scheint eher ins EOC2/2012 zu rücken. Und, dass man sich überhaupt schon Gedanken über Meteor macht ist eher zu bezweifeln.
Im Luft/Boden-Bereich wird über die Integration von Paveway IV, Storm Shadow und Taurus entschieden.
Im Bezug auf Interoperabilität steht das verbesserte GPS, der IFF Mode 5, Funkgeräte mit 8,33kHz Frequenzraster und das verbesserte MIDS auf dem Programm.
An Funktionalitäten steht ein Laser Designator Pod, verbessertes DASS mit Missile Approach Warner und Chaff/Flare Automatik, integrierte ACMI-Funktionen (Luftkampf-Manöver-Aufzeichnung), zusätzliche Autopilot-Funktionen und Adaptionen im Cockpit für den Luft/Boden-Bereich zur Auswahl.

Weniger gut siehts bei der Anti-Schiff-Bewaffnung aus. Zwar steht mit der Kongsberg NSM ein möglicher Kandidat auf der Liste, aber bisher findet sich niemand der die Integration bezahlt. Die Luftwaffen der vier Herstellerstaaten benötigen keine Anti-Schiff-Kapazität auf dem Eurfighter, die Eurofighter-Hersteller möchten die Integration offenbar auch nicht finanzieren und Norwegen bzw. der Hersteller Kongsberg hält sich bedeckt. Dabei könnte Anti-Schiff-Bewaffnung ein entscheidender Faktor bei mehreren anstehenden Entscheidungen sein - zumindest Japan, eventuell auch Indien, Dänemark, Norwegen, Griechenland und Türkei könnten daran interessiert sein.

Ähnlich sieht es bei den Aufklärungskapazitäten aus. Deutschland und England verwenden den Tornado als Plattform für einen Aufklärungsbehälter, Italien den AMX, Spanien die EF-18. Interesse an der Integration eines modernen Aufklärungsbehälters in den Eurofighter zeigt sich nirgends. Doch zumindest in der Schweiz besteht anscheinend Interesse für den F-5 Nachfolger, über den bis ca. 2010 entschieden werden soll, Fähigkeiten zur Aufklärung zu beschaffen, welche man mit dem Abstellen der Mirage IIIS verloren hat.

Die Blocks in Tranche 2 und deren Funktion

Ab 2008 rollen die ersten Tranche 2 Flugzeuge aus den Fertigungshallen. Es werden dies vorerst "Block 8" Flugzeuge sein, welche gegenüber Tranche 1 zum Teil mit neuer Computerhardware aufwarten können. Block 8 selbst wird aber noch nicht über neuen Fähigkeiten verfügen, sondern dient nur dazu die Tranche 1-Funktionen auf der Tranche 2-Hardware zum laufen zu bringen.

Erst in die darauf folgenden Block 10 Flugzeuge wird die EOC 1-Software geladen - und damit der erste Teil der Tranche 2 Weiterentwicklungen realisiert.

Zwei Jahre später wird mit Block 15 der zweite Teil der Tranche 2 Weiterentwicklungen mit der EOC 2-Software geladen.

Stossrichtung für Tranche 3

Hauptthema für die Weiterentwicklung wird auch mittelfristig die Fähigkeit für die vernetzte Kriegs-/Operationsführung bleiben. Vorhandene Daten aller Art plattformübergreifend zu übermitteln und auch selbst zu beziehen sowie die praktische Nutzbarmachung dieser Möglichkeiten sind weiterhin Hauptantriebsfeder der Entwicklung. Dies bedeutet auch ständige Weiterentwicklung der Kommunikationsmöglichkeiten vor allem was Hardware und Protokolle im Datenlink-Bereich betrifft. Hier geht es auch in Richtung zukünftiger Zusammenarbeit mit UAVs.

Auch im Sensorbereich soll ständig nach der Möglichkeit für höhere Auflösungen und größere Reichweiten gesucht werden.

Nicht zuletzt soll auch die Fähigkeit zu Präzisionsangriffen unter allen Bedingungen Tag und Nacht im Auge behalten werden - sprich intelligente Waffen mit Sensormix für ein möglichst breites Spektrum an Zielen. Wichtig bleiben dabei die "Man-in-the-Loop" und "Eyes on Target" genannten Möglichkeiten zur letztinstanzlichen Entscheidung für einen Waffeneinsatz durch den Mensch mit eindeutiger optischer Zielidentifizierung wo immer möglich.

Flexibilität bei der Missionsgestaltung und Ausführung sowie die Möglichkeit Gelegenheitsziele sowie zeitkritische Ziele angreifen und Missionen durchführen zu können hat ebenfalls Priorität.

Im Bereich Bewaffnung soll dann auch noch die Kapazitätslücke zwischen freifallenden LGBs bzw. Kurzstrecken-Lenkwaffen wie Brimstone und den Standoff-Waffen wie Taurus und Storm Shadow geschlossen werden. Eine entsprechende Luft/Boden-Bewaffnung für den Bereich zwischen 20km und 100km könnten HOPE/HOSBO oder JSOW sein.

Und das alles muss auf die Wünsche und Bedürfnisse der Luftwaffen der vier Herstellerländer und künftigen Exportkunden hingebogen werden. Man darf gespannt sein, wie sehr das gelingt.

Martin Rosenkranz