Abgeordneter Jarolim (SPÖ) fragt im Ausschuss "wie EADS überhaupt dazu kommt, sich selbst in Zusammenhang mit MiG darzustellen und diese anzubieten"...?
Hier haben wird ein Bild und einen Link für Hr.Jarolim, der ihm bei seiner Spurensuche behilflich sein könnte: http://www.airpower.at/news99/manching/manching.htm
"Luft/Boden-Fähigkeiten" sind im Ausschuss ein umfangreiches Thema.
Hier ein paar Hausaufgaben für den Ausschuss:
Dieses Bild zeigt "IPA 3" mit vier Laserlenkbomben. Es ist die erste Eurofighter-Serienmaschine aus Tranche 1 welche von EADS Deutschland ausgeliefert wurde und am 8. April 2002 Erstflug hatte. Beide Bilder zeigen zweifelsfrei, dass "Tranche 1" eindeutig und von Beginn an jene "flugzeugseitigen Istallationen und Sensorik" hatte, welche in den Ausschreibungen als Soll-Fähigkeiten definiert waren.
Bezüglich des Vorwurfs der Vortäuschung von Lieferfähigkeit ist das nächste Bild sehr aufschlussreich:
Am 13. Dezember 2004 haben die Core-Nations dem Eurofighter-Serieneinsitzer die internationale Verkehrszulassung erteilt.
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Bei der Durchsicht der Protokolle zeigen sich zwei Dinge ganz deutlich.
Zum ersten - die Befragungen sind in den meisten Fällen zu lange. Bis zu drei Stunden pro Auskunftsperson sehen die Zeitpläne vor. Zum Teil mehr als doppelt so lange dauern die Befragungen in Realität. Ergebnis dieser Tortur ist, dass anfänglich durchaus auskunftsfreudige Personen mit der Zeit immer schmallippiger werden. Dies auch weil in erheblichem Ausmaß durch die Zeitleiste gesprungen wird und den Befragten zum Teil unzureichend die als Gedächtnisstütze notwendigen Akten vorliegen. Verfahrensanwalt Dr. Gottfried Strasser sah sich auch schon wiederholt gezwungen dem Ausschuss mitzuteilen, dass hier an die Grenze der Fairness des Verfahrens gestoßen wird und musste namentlich GenMj. Wolf vor dem Vorwurf von Mag. Stadler in Schutz nehmen nicht kooperativ zu sein.
Zum zweiten - entspricht die Qualität der Befragung dem Fachwissen der Abgeordneten - welches sich, je spezifischer das Thema wird, zwangsweise in mehr oder weniger engen Grenzen bewegt.
Günther Barnet, ehem. Kabinettschef von BM aD Herbert Scheibner, sah sich in einer Frage von Dr. Pilz genötigt "Bei allem Respekt! Ich dilettiere in diesem Bereich" zur Antwort zu geben und hat damit durchaus das allgemeine fachspezifische Niveau im Lokal VI des Parlament auf den Punkt gebracht.
Nun liegt es natürlich in der Natur der Sache, dass der Fragende "Wissen" erwerben möchte. Was aber ist, wenn die Antworten durchwegs nicht dem entsprechen was man gerne - im Sinne von "Manipulation und Schiebung" - hören möchte und einige Abgeordnete sich dann nicht willens zeigen anderwärtige Fakten anzuerkennen?
Auf militärischer Seite konnten GenMjr Mag. Erich Wolf, Bgdr. Ing. Mag. Wolfgang Katter und Mag. Wolfgang Spinka klarstellen, dass das Pflichtenheft als Basis für das Beschaffungsvorhaben im Jahr 2000 finalisiert wurde. Es zielte - im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit der Republik Österreich für die nächsten 40 Jahre - auf ein Luftfahrzeug ab, welches für die Luftraumüberwachungsrolle, aber mit Aufwuchspotenzial für darüber hinausgehenden Nutzung ausgelegt war - Stichwort "ESVP" und "Multi-Role". Übereinstimmend gaben die Auskunftspersonen sinngemäß zu Protokoll, dass diese Luftfahrzeuge in den nächsten Jahrzehnten möglichst allen sicherheitspolitischen Aufgabenstellungen, die an sie herangetragen werden, ohne Systemwechsel gewachsen sein sollten - aber zum Zeitpunkt der Ausschreibung primär - und nach Reduktion auf 18 Stück - ausschließlich für Aufgaben im Rahmen der Luftraumüberwachung und Luftraumsicherung verwendet werden.
Ausserdem sollten ursprünglich neben dem Draken auch die Saab 105 durch gesamt 30 Neuflugzeuge - davon 6 Zweisitzer zur Ausbildung - ersetzt werden. Es stellte sich aber innerhalb kurzer Zeit heraus, dass das Ergebnis ein "ein jedenfalls politisch völlig unverträglich hoher Preis war".
In der Folge wurde im Rahmen des Pflichtenheftes die Leistungsbeschreibung so aufgesetzt, dass den entsprechenden Gesichtspunkten durch Verkürzung von 30 auf 24 Kampfflugzeuge, Reduzierung der Bewaffnung und Beschränkung auf die Rolle der Luftraumüberwachung und -sicherung Rechnung getragen wurde.
Dem gemäß wurden Vorkehrungen für "Luft/Boden-Fähigkeiten" von Muss-Kriterien auf Soll gesetzt und von gesamt 1.000 möglichen Punkten entfielen auf die nur noch unwesentliche 0,13 Bewertungspunkte. Trotzdem wurde die Luft/Boden-Thematik stundenlang behandelt. Und obwohl die Aussagen und Unterlagen übereinstimmen, dass hier weder ein Muss ausgeschrieben, noch relevant bewertet wurde und auch kein Luft/Boden geliefert wird, bewerten die Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Dr. Peter Pilz diese Fragen offenbar weiterhin als wesentlich.
Ein wesentlicher Faktor in der Frage der "Luft/Boden-Fähigkeiten" des Eurofighters - im Zusammenhang mit der Tranche 1 / Tranche 2-Problematik - sind offenbar fundamentale Mängel im Wissen um Zweck und Fähigkeiten der Eurofighter-Tranchen.
Eingehend erklärt wurde auch die Funktion des "Request for Information" (RFI) welcher am 22.12.2000 an Saab, Lockheed, Boeing und Dassault und auf Anfrage später auch an EADS verschickt wurde.
Ein Zweck des RFI war es festzustellen, ob die Forderungen der Leistungsbeschreibung marktgängig sind oder nicht, um so ein späteres Ausscheiden von Bietern aufgrund Nichterfüllbarkeit von Kriterien zu vermeiden. Nur Saab und Lockheed haben auf den RFI geantwortet und zwar derart, dass sie die geforderten Leistungen erfüllen können. Wie Mag. Wolfgang Spinka darlegte hat sich "Lockheed massiv selbst damit geschadet, dass er das RFI falsch ausgefüllt hat". Im rechtsverbindlichen Anbot (RFP) war Lockheed nicht in der Lage zwei Muss-Forderungen zu erfüllen die vorher im RFI noch bejaht wurden.
Ein wesentlicher Teil der Befragungen bewegte sich auch um das gespannte Verhältnis zwischen BMF und BMLV in der Phase kurz vor der Ausschreibung sowie um Kontakte des BMF mit Anbietern vor und während der Ausschreibung.
So forderte das BMF vor der Ausschreibung vom BMLV umfangreiche militärische Unterlagen an, welche fachlich weit über die Kompetenz des BMF hinaus gingen. Treibende Kraft dahinter war unter Anderem der immer wieder als "Technik-Freak" und "MiG-29-Fan" bezeichnete MinR iR Dr. Herbert Hillingrathner, Leiter Abt. II/14 BMF aD. Erst die Vorkommnisse vom 11.September 2001 - an welchem bezeichnender weise eine große Sitzung der betrauten Beamten aus BMF, BMLV und BMWA stattfand und an welche sich alle gut erinnern können - brachen den Widerstand des BMF gegen die Ausschreibung. Dr. Josef Christl, ehem. Mitglied im Kabinett BM Mag. Grasser führte aus: "Unsere Position war durch die Ereignisse des 9/11 eindeutig geschwächt".
Wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass der UA einen Einfluss der Anbieter über das BMF auf das BMLV-Verfahren nicht nachweisen konnte. Im Finanzministerium fanden sich zwar Unterlagen über eine so genannte "EADS-Paketlösung" (23xMiG-29 als Übergangslösung, danach 18xEurofighter neu) sowie ersichtlich aus einer Aktennotiz vom 20. Juli 2001 von MinR. Hillingrathner ein "Gipfelgespräch" bei Bundeskanzler Schüssel, bei dem man sich dort, offenbar im Beisein von HBMF Grasser und HBMLV Scheibner "auf politischer Ebene auf 18 Stück plus eventuell sechs Schulflugzeuge geeinigt". Diese Dokumente und Zahlen fanden aber keinen Niederschlag in den Papieren oder in der Arbeit des BMLV.
Zum Bewertungsverfahren selbst führte Mag. Wolfgang Spinka eindrucksvoll aus wie unbeeinflussbar von Außen und auch für einen einzelnen Mitarbeiter das Endresultat der kommissionellen Arbeit ist.
Er gab sich überzeugt, dass es das BMLV Bewertungsverfahren mit allen anderen Ministerien und auch mit anderen Streitkräften aufnehmen und mit Sicherheit auch bestehen kann.
Spinka führte in diesem Zusammenhang auch aus, dass die gewählte Aufteilung von 650 Muss- und 350 Sollpunkten gewählt wurde um aufwendigeren Systeme keinen Vorteil zu geben, sondern jenen welche die geforderten Leistungen erbringen.
Dem gemäß war die Bandbreite, in welcher Mehrleistungen überhaupt beurteilt wurden, sehr klein. Und obwohl Spinka ausführte, dass er ein Problem damit habe zu sagen "wir haben irgendwen benachteiligt oder bevorzugt" gab er zu Protokoll, dass man "Insofern natürlich sagen kann, dass wir den Eurofighter benachteiligt haben - aber nicht absichtlich - weil unser Verfahren prinzipiell auf das einfachere System abzielte".
Zur Frage der Lieferfähigkeit gem. Ausschreibung wurde Dipl. Ing. Aloysius Rauen, GF der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH sehr ausführlich befragt. Rauen führte aus, dass im Offert vom
22. Januar 2002 ein Vertragsabschluss für 31. Juli 2002 in Aussicht genommen war und Liefertermine für das erste Flugzeug am 30. 11.2004 und das letzte Flugzeug am 30. 11. 2008 möglich gewesen wären (gefordert war ab Ende 2005 vier pro Jahr).
In der Konkretisierung des Angebotes vom 29. April 2002 hätte sich die Lieferung des ersten Flugzeugs vom 30. 11. 2004 bis zur Lieferung des letzten Flugzeugs am 30. 6. 2007 erstreckt (gefordert waren sieben per 1.Juli 2005).
Möglich gewesen sei dies durch einen "Puffer" für Exportaufträge bei der Produktionskapazität, welcher - im Einvernehmen mit den vier Nationen - höher war als die Bedürfnisse der vier Nationen pro Jahr. Die "Type Acceptance" für Flugzeuge mit der Fähigkeit zur Luftraumüberwachung, lag laut Rauen per Mitte 2003 vor.
In diesem Zusammenhang wurde auch Abgeordneter Herbert Scheibner, Bundesminister LV aD. über die ursprüngliche Einschätzung zur Lieferfähigkeit des Eurofighters von Obmann Dr. Peter Pilz eingehend befragt.
Pilz unterstellte in einer Frage an Scheibner der Firma EADS "eine Lieferfähigkeit zuerst 2003, dann 2005 wider besseres Wissen vorgetäuscht" zu haben und dem BMLV sich täuschen haben zu lassen. Pilz forderte von Scheibner konkreten Informationen welche vor der Anbotseinholung die Lieferfähigkeit von Eurofighter beweisen. Scheibner führte aus, dass es keinen Grund gegeben hat, die Firma EADS von einer Anbotslegung auszuschließen und, dass ja erst im Verfahren überprüft wird, ob die entsprechenden Kriterien eingehalten werden oder nicht.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die bisherigen Befragungen im ersten Beweisthema keinen Hinweis auf "Manipulation und Schiebung" zum Vorschein gebracht haben.
Es gibt auch offensichtlich keine konkrete Spur welcher von Seiten der Fragesteller nachgegangen wird. Viel eher scheinen einige Abgeordnete mit ihren Fragestellungen bemüht jene Wissenslücken wettzumachen, welche sie sich durch ihren selbst auferlegten "Cordon Sanitaire" im Laufe der letzten Jahre selbst zuzuschreiben haben.
"Aufklärung" gab es aber trotzdem - nämlich über die internen Vorgänge auf Regierungs- und Ministeriumsebene. Durchwegs nichts strafbares, dafür aber in unterschiedlicher Qualität informativ. Ob das den ganzen Aufwand wert ist muss vorerst jeder für sich entscheiden. Letztendlich werden aber jene, welche diesen Prozess in Gang gebracht haben, dies am Schluss vor der Öffentlichkeit in Relation zum Ergebnis zu setzen haben.
Martin Rosenkranz