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Schleissiger Umgang mit Staatsgeheimnissen bei Ministerbesuch im Berg
Pressefotograf schoss dutzende Fotos im Hochsicherheitsbereich.

"Berg" - so nennt das Bundesheer im Umgangston den hochgeheimen "Regierungsbunker" in St.Johann im Pongau - hochoffiziell mit "Einsatzzentrale Basisraum" bezeichnet.
Seit dem 25.Jänner ist dort nichts mehr so wie es vorher war - an diesem Tag gelang es einem Fotografen der Tageszeitung Österreich - im Beisein des Ministers und seines Pressesprechers - die geltenden strengen Sicherheitsbestimmungen zu unterlaufen und im Sicherheitsbereich eine unbekannte Anzahl an Fotos zu machen.
Eine Auswahl davon erschien am 4. Februar 2007 unter dem Titel "Der Besuch der Woche - Regierungsbunker - Geheimster Ort des Landes" in der Tageszeitung "Österreich".

 

In den Berg

Wer in die "Einsatzzentrale Basisraum" vorgelassen werden möchte muss ein strenges Prozedere durchlaufen. Zuerst benötigt der Proband eine Freigabe vom Abwehramt. Das Abwehramt ist der Inlandsnachrichtendienst des Österreichischen Bundesheeres und es prüft zu diesem Zweck das Umfeld der betreffenden Person bis hin zu den Verwandtschaftsverhältnissen.
Ist dieses positiv erledigt geht es ab nach St.Johann - allerdings nur bis vors Tor.
In einem Verwaltungsgebäude vor dem Stollen finden die letzten Formalitäten statt.
Der Gast wird über die Sicherheitsbestimmungen belehrt und unterschreibt anschließend eine Vertraulichkeitsvereinbahrung - und er lässt (üblicherweise) hier seine Film- und Fotoausrüstung zurück.
Erst dann geht es ab in den "Berg" und durch mehrere Sicherheitsschleusen und durch einen 1.000m langen Tunnel in den unter Bruno Kreisky ersonnenen Regierungsbunker.

 

25.Jänner 2007

Was am 25. Jänner 2007 genau abgelaufen ist wird eingehend zu prüfen sein.
Sicher scheint, dass geltende Sicherheitsbestimmungen und Gesetze beim Besuch von Minister Darabos "an Bedeutung verloren" haben.
Das obwohl die für die Sicherheit vor Ort verantwortlichen Offiziere mehrmals auf das Verbot hingewiesen haben. "Sogar der Verteidigungsminister muss eine Sicherheitserklärung unterschreiben" schreibt Österreich im Artikel - und weiter hinten im Text: "Das Foto-Verbot" im Inneren gilt noch heute".
Die Bestimmungen müssen also bekannt gewesen sein. Genutzt hat das aber offenbar wenig. Im Gegenteil. Laut einem Bericht der Tagszeitung Salzburger Nachrichten vom 21. Februar 2007 drohen dem für die Sicherheit verantwortlichen Offizier, Oberst Wilhelm Gratzer nun disziplinäre Konsequenzen.
Ob Oberst Grazer von der anwesenden Heersspitze - nebst HBMLV Darabos samt Pressesprecher Lang waren auch der Generalleutnant Mag. Günter Höfler sowie der Leiter des Teilstabes Luft im Streitkräfte Führungskommando und ehemaliger Kommandant des Kdo LRÜ Brigadier Mag. Karl Gruber mit dabei - schlicht "overruled" oder so unter Druck gesetzt wurde, dass man eventuell schon von Nötigung sprechen muss bleibt vorerst offen. Oberst Gratzer verweigert gegenüber der Presse jede Stellungnahme.


Obwohl bereits in der Vergangenheit andere Medien über die EZ/B berichtet haben, wurde seitens des Bundesheers dabei immer größter Wert darauf gelegt, dass nur sicherheitstechnisch unbedenkliches Bildmaterial von Seiten des Bundesheeres Verwendung findet. Was uns zu einer weiteren Ungereimtheit des Vorfalles bringt. Die entstandenen Bilder wurden scheinbar auch nicht den zuständigen Stellen im Bundesheer zur Freigabe vorgelegt, sondern der "Österreich" Pressefotograf hat dem Vernehmen nach mit über 100 Fotos die EZ/B verlassen können, ohne dass eine Überprüfung der Bildinhalte erfolgte. Diese Kontrolle scheint beim Besuch des BMLV Darabos nicht erfolgt zu sein, der genaue Grund dafür wird noch zu klären sein.
Zu befürchten ist jedenfalls, dass digitale Bilder in hoher Auflösung mit eventuellen sicherheitskritischen Informationen in einzelnen Bildbereichen nun unkontrolliert im Umlauf sind. Dies könnte u.A. Befehlstexte, Ausbreitungs- und Reichweitendiagramme, Bewegungsanalysen, bestehende Sicherheitseinrichtungen und anders enthalten.


Auch der Minister hat laut "Österreich" die Sicherheitserklärung unterschrieben.

Das "Foto-Verbot" galt bis zur Kombination Darabos/Fellner-Media am 25.Februar 2007.

 

BZÖ-Anfrage an Minister Darabos

Der Minister jedenfalls wird Stellung nehmen müssen, denn das BZÖ bringt unter Vorgänger Herbert Scheibner eine parlamentarische Anfrage an den Bundesminister für Landesverteidigung ein.

In dieser Anfrage wirft die kleinste Parlamentsfraktion die Frage auf ob es im Zuge des Ministerbesuches in der EZ/B zu einer Preisgabe von Staatsgeheimnissen bzw. möglicherweise dadurch auch zu einer Gefährdung dieser Anlage gekommen ist.
Mit 22 Fragen soll vor dem Nationalrat geklärt werden wer die Zutrittsgenehmigungen erteilt hat, ob über die Bestimmungen der militärischen Sicherheit in solchen Anlagen informiert wurde, ob in der EZ/B Fotografierverbot gilt, ob Fotoapparate in die Anlage mitgenommen werden dürfen, wem die Rechte auf diese Bilder gehören, wer die Erlaubnis zum fotografieren erteilt hat, ob die Mitglieder des Kabinetts Darabos über das Weisungsrecht informiert sind und eine "erweiterte Sicherheitserklärung" vom AbwA besitzen und anderes. Weiters befürchtet das BZÖ Auswirkungen auf die geplante Unterbringung des Schengen-Informationssystems in der EZ/B.

Es wird sich zeigen ob die Anfragebeantwortung von Minister Darabos das hält, was die Kritik seiner Partei an den Antworten der Vorgängerregierung im Parlament verspricht. Strafrechtliche Konsequenzen in dieser Causa sind jedenfalls vorab nicht ganz auszuschließen.

Martin Rosenkranz

Tageszeitung "Österreich", 4. Februar 2007, Seiten 12 und 13

Weder auf dieser Tafel noch im zuständigen "Sperrgebietsgesetz" findet sich der Hinweis "Ausgenommen Fellner Media"
Foto: Tageszeitung Österreich

Minister Darabos und Streitkräftekommandant Höfler vor dem Bunkereingang.
Foto: Tageszeitung Österreich

Foto aus dem Sperrbereich während des laufenden LRSi Einsatzes um Davos.
Foto: Tageszeitung Österreich