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Ein dreckiges Dutzend

Noch vor nicht allzu langer Zeit hat das BMLV dem Rechnungshof gegenüber umfangreich die Zahl 24 begründet. Berechnungen welche der Rechnungshof als hinreichend fundiert akzeptiert hat. Dann hat man politisch motiviert auf 18 reduziert um die Beschaffung unter die magische 2 Mrd. Grenze zu drücken. Jetzt lässt sich der Ressortminister per Gefälligkeitsgutachten die Zahl Zwölf begründen, in der Hoffnung sich mit dem Koalitionspartner auf 15 einigen zu können. Die Chausa Eurofighter ist ein Paradebeispiel für die in der Verfassung fußenden Lebenslüge "Landesverteidigung".
Ein Kommentar von Martin Rosenkranz für www.airpower.at.

Verteidigungsminister Darabos hat sich also doch noch jemanden gefunden, der ihm ein Gefälligkeitsgutachten erstellt. Es ist kaum mehr als ein Ansatz zur Gesichtswahrung - meilenweit vom einst lauthals getrommelten Ausstieg entfernt. Ein Phyrrussieg der keine Gewinner kennt - nur Verlierer. Der allererste und größte Verlierer ist das Bundesheer selbst. Es darf dank solch politischer Kuhandel die Lüge zelebrieren. Darf wie schon bisher - als man den Saab 105 Jettrainer der Bevölkerung als Abfangjäger, Aufklärer und Jagdbomber verkaufte - nahtlos fortsetzen mit der guten Miene zum bösen Spiel. Man hat dank der Europaweit einzigartig schlechten Wehrpolitik in diesem Land beim ÖBH reichlich Erfahrung in dieser Disziplin.

Doch was will man erwarten, wenn die "Heimat großer Söhne" es akzeptiert, dass ein Ressortminister, die ihm von der Legislative zur Auftragserfüllung zugestandenen Mittel partout nicht will. Es auch akzeptiert, dass im breiten politischen Konsens nicht der Auftrag die Mittel, sondern die Mittel den Auftrag definieren.
Niemand denkt sich was dabei, wenn unter dem Titel "vollständige Wahrnehmung der friedensmäßigen Luftraumüberwachung" ein Auftrag für 24 Maschinen definiert wird - aber die Republik nur 18 bestellt. Und es interessiert auch niemanden wenn der Auftrag gemäß Ministerweisung soweit zusammengestrichen wird, dass 12 Maschinen reichen, der Minister aber dann den Kauf von 15 Flugzeugen "offeriert". So verkommt in der Praxis die Landesverteidigung zur innenpolitischen Kraftprobe, an deren Ende sich eine beliebige Kapazitäten ergibt, für welche dann erst ein machbarer Auftrag zusammengeschnitzt wird.

Die vollständige Wahrnehmung der friedensmäßigen Luftraumüberwachung - für die laut Rechnungshof 24 Kampfflugzeuge erforderlich wären - rückt in weite Ferne.
Und von Luftraumsicherung, die selbst mit 24 Flugzeugen dem RH nur mehr eingeschränkt wahrnehmbar erschien, kann längst keine Rede mehr sein.
Mit 18 Maschinen wäre gemäß der aufgestellten taktisch-operativen Pläne eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung noch für bis zu sechs Wochen im Jahr aufrecht zu erhalten gewesen. Zeit für die Politik eine kurze Krise zu überstehen, Verhandlungen zu führen oder andere Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Mit zwölf ist nicht mal mehr das möglich und es sinkt auch die Lebensdauer des teuer errichteten Systems.
Darabos normiert die "Einschränkung" und müht sich nach Kräften die Finanzmittel seines Ressorts anderen Ministerien zukommen zu lassen. Der Verteidigungsminister unternimmt alles um zu standardisieren was dem Rechnungshof einst als "Zeitraum der eingeschränkten Auftragserfüllung"(*) dargestellt wurde. Müht sich nach Kräften seinen Auftrag in geringerer Qualität und Quantität durchzuführen als es ihm mit den derzeit per Gesetz und Vertrag zugestandenen Mitteln möglich wäre.
Alles unter den Augen des Oberbefehlshabers, der ihn angelobt hat. Ein weltweit einzigartiger Vorgang.

Und doch finden sich offenbar immer wieder Offiziere, welche solche Papiere - bis hin zur Verleugnung der Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz und des Auftrages - anstandslos unterzeichnen. Ob dies aus parteipolitischen oder karrieristischen Gründen stattfindet ist im Grunde nebensächlich. Denn es ist eine Schande, dass man eine Berufsgruppe die ein Gelöbnis ablegt dieses Land zu schützen aus politischen Gründen wiederholt dermaßen nötigt und nur ein praktisches Beispiel für die Wertlosigkeit und Willfährigkeit des Themas Landesverteidigung in der innenpolitischen Landschaft. Zwar bedient man sich großer Worte wenn die Garde aufmarschiert und die Militärmusik spielt, aber der Spruch dass sich "Sicherheitspolitik nicht für parteipolitische Kleingeldwechslerei eignet (N.Darabos, 12.1.2007)" erweist sich in der Praxis letztendlich doch als billige Plattitüde. Man muss nicht mal ein Phrasenschwein füttern, wenn man sich ihrer bedient.

Dass das Primat der Politik hierzulande schon so weit geht, dass faktisch alles kommentarlos erlitten was politpopulistisch angeordnet wird, zeigt sich auch am 6-Monate Wehrdienst. Ein Berufsheer will man sich nicht leisten, auf den Zivildienst nicht verzichten. Dass - abzüglich Grundausbildung und Grenzüberwachung - in der verbleibenden Zeit die Ausbildung für viele Funktionen gar nicht mehr bzw. nicht mehr wirtschaftlich durchzuführen ist, hat nicht zu interessieren. Also werden z.B. Kettenfahrzeuge zunehmend von zivilen Heeresbediensteten gelenkt um zumindest noch ein bisschen damit fahren zu können und sich die teure Ausbildung an Leuten zu sparen, welche faktisch mit Erhalt der Lenkerberechtigung auf Nimmerwiedersehen abrüsten.
So sieht das Bekenntnis zur umfassenden Landesverteidigung in der österreichischen Realität aus.

Nüchtern betrachtet rechtfertigt der praktizierte Umgang mit der Landesverteidigung deren Erwähnung in Bundes-Verfassungsgesetz und im Neutralitätsgesetz schon längst nicht mehr. Was dort steht ist so weit von der gelebten Praxis entfernt, dass das geschriebene Wort faktisch zur Satire verkommen ist. Ihren gesellschaftlichen Leitcharakter haben diese Paragraphen längst verloren. Dies manifestiert sich nicht zuletzt auch durch einen Minister, der sich selbst gegen den Dienst mit der Waffe entschied.
Was also hindert die Politik daran endlich Schluss zu machen mit so tun als ob und diese Feigenblatt-Landesverteidigung aus der Verfassung zu streichen, anstatt weiterhin ständig daran zu darben diese Lüge leben zu müssen ?

Martin Rosenkranz

(*) RH Bund 2002/3, Seite 30, Punkt 3.3

Die vollständige Wahrnehmung der friedensmäßigen Luftraumüberwachung

Mit den Draken konnte die Luftraumüberwachung bei Tagslicht durchgeführt werden. Doch Aufgrund des hohen Alters der Luftfahrzeuge und des daraus resultierenden enormen Wartungsbedarfes musste sich der Draken von Zeit zu Zeit mit der Saab 105 in der LRÜ-Rolle abwechseln. Eine durchgehende Verfügbarkeit war beim Draken daher nicht gegeben.
Foto: Martin Rosenkranz

Das "Multirole-Kampfflugzeug" Saab 105 - wurde den Österreichern vom Heer als "Jäger, Jagdbomber und Aufklärer" verkauft, ist aber nichts von all dem - sondern ein Jettrainer zur Ausbildung von Militärpiloten. Eine politische Spitzenleistung der Sonderklasse - der Ankauf von 40 Trainern ohne Einsatzgerät für welches geschult werden sollte - zwang das Bundesheer sich selbst und die Öffentlichkeit zu belügen. Genau so gut könnte man die Polizei mit einem Moped die Südosttangente streifen lassen.
Foto: Martin Rosenkranz

Die Luftraumüberwachung mit 12 F-5E ist alles andere als "vollständig". Was im RH-Bericht knapp mit "Zeitraum der eingeschränkten Auftragserfüllung" umschrieben wurde bedeutet in der Praxis nichts anderes, als dass man kaum in der Lage ist länger als etwa 24 Stunden permanent ein Flugzeug im Luftraum zu haben. Und auch das ist ein Verstoß gegen die bald 100 Jahre alte Grundregel, dass zwei Maschinen das kleinste taktische Grundelement (Rotte) bilden.
Foto: Bundesheer