Um den allerletzten Rest der 105 Flotte flugfähig zu halten werden Teile ausgebaut wo immer man sie auch herkriegen kann - und sei es auch aus dem Museum.
Foto: Martin Rosenkranz
Bessere Zeiten - Saab 105 mit Aufklärungsbehälter und - zu Testzwecken - "Red Baron" Infrarotlinescanner.
Heute hängt der Aufklärungsbehälter nur noch von der Museumsdecke.
Das beste Argument für die 105 lautet "Wir haben das Flugzeug technisch im Griff" - nach bald 40 Jahren kaum verwunderlich.
Das Cockpit der spanischen F-5M
Die von RADOM Aviation Systems Ltd modernisierte PC-9M "Hudournik". Foto: Martin Rosenkranz
Österreich hat auf den Kauf von Zweisitzer-Eurofighter - diese wären auch voll einsatzfähig - verzichtet.
Das Resultat: 40+ Jahre Ausbildung im Ausland.
Pilartus PC-21 Jet Pilot Training System
Die Schweizer wollen den Sprung direkt vom Turboprop in die Zweisitzer-Hornet wagen.
Die BAE Hawk verkauft sich nach über 30 Jahren immer noch gut.
Der Aermacchi M-346 "Advanced Fighter Trainer" ist der modernste Subsonic-Jet Europas, sucht aber noch Kunden.
Die Aero L-159 ALCA wird als einsiziges Kampfflugzeug und zweisitziger Trainer neuwertig gebraucht angeboten.
Das Cockpit des zweisitzigen L-159B Trainers.
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Empfänger der "musealen Teile" ist niemand anderer als der seit 1970 im Einsatz stehende Jet-Trainer des Bundesheeres - die Saab 105Ö. Die kleine Flotte von einst 40 und heute noch 28 Flugzeugen ist ein weltweites Unikat - es gab und gibt den Typ nur bei uns. Es fand sich in den 70er Jahren nur Österreich als Kunde für das Flugzeug und es repräsentierte - trotz Behübschungen wie der Einheitsbezeichnung "Jabo-Geschwader" - hierzulande fast zwei Jahrzehnte lang die eher dürftige Speerspitze der Militärluftfahrt. Die einst mitbeschafften Luft/Boden-Raketen wurden längst restlos durch Übungsschiessen aufgebraucht. Die Behälter mit den Vinten-Aufklärungskameras - während der Slowenienkrise 1991 auf der 105 zur permanenten Auswertung der Lage an der Grenze im Dauereinsatz - sind auch schon Geschichte. Zu groß war die Belastung für die alte Aluminiumstruktur. Nur mit den 30mm Aden-Gunpods wird zu ansehbaren Anlassfällen - wie z.B. dem Bush-Besuch - noch geflogen um den unteren Luftraum zu sichern und das stückzahlschwache Überschallelement zu entlasten.
Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Zum einen war das Flugzeug nie "wartungsarm". Mit einem erreichten Durchschnitt von beinahe 50 Wartungs- und Instandhaltungsstunden pro Flugstunde erreicht die "105" Größenordnungen welche im Bereich von "erwachsenen Kampfflugzeugen", mit sehr viel komplexeren Systemen, die Norm darstellen. Und inzwischen kann von Durchschnitt längst keine Rede mehr sein. Dazu kommt, dass viele der benötigten Techniker sich in der Eurofighter-Ausbildung befinden. Die Spar-Struktur welche keine Doppelgleisigkeiten aufkommen lies, sondern statt dessen mit permanenten Personalunterständen und Mehrfachfunktionen gebündelt in einzelne Personen auskommt, kennt keine "Reserve". Uns somit ist angesichts der seit Jänner aufgelaufenen Verzögerungen beim Eurofighter-Projekt auch nicht absehbar in wie viel die Saab 105 im Rahmen der Luftraumsicherung zur EURO 2008 überhaupt beitragen kann.
Und das obwohl das Bundesheer faktisch gezwungen ist nebst dem Eurofighter bzw. derzeit der F-5 noch eine weitere Jettype im Rahmen der LRÜ einzusetzen - weil nach der Reduktion auf 18 und dann auf 15 nicht mehr genug Jets und Piloten in der Überschallkomponente über geblieben sind um die Aufgabe umfassend wahrzunehmen.
Das Tüpfelchen auf dem "i" ist das Zerbröseln der Mittel- und Langfristplanung für die Pilotenausbildung.
Mann muss aber kein Hellseher sein um zu dem Schluss zu kommen, dass das Update - inkl. Tests- und Zulassung dieses Unikats - seinen Preis haben wird.
In den Jahren 1970/72 wurden gesamt 40 Flugzeug in zwei Tranchen um gesamt öS 800Mio. beschafft. Jetzt wird von Kosten für das Update gemunkelt welche mit etwa EUR 3 Mio. pro Maschine zu veranschlagen sind - gesamt also rund EUR 70 Mio. erreichen könnten. Womit das Update für 22 alte Maschinen die einstigen Beschaffungskosten für 40 neue übersteigt. Was nicht verwunderlich ist wenn man bedenkt, dass hier ein Unikat in ein neues Unikat verwandelt werden soll - sämtliche Kosten der Analyse, Entwicklung des Updates samt Prototyp, Boden- und Flugtests sowie Zulassungsverfahren rechnen sich nur auf die kleine Bundesheer-Flotte herunter.
Und auch auf die Dauer des Projekts kann anhand von Beispielen rückgeschlossen werden. Slowenien hat mit dem auf Updates spezialisierten israelischen Unternehmen RADOM Aviation Systems Ltd sehr umfangreich und auch erfolgreich Turboproptrainer der Type Pilatus PC-9M "Hudournik" modernisiert. Die Arbeiten für 12 Maschinen begannen 1999 und die Auslieferungen fanden bis 2001 statt. Finnland hat im Februar dieses Jahres ein Cockpit-Update für die BAE Hawk Mk51 bei der kanadischen Firma CMC Electronics in Auftrag gegeben und rechnet mit einer Lieferung bis Ende 2008.
Es ist also mit zwischen zwei und vier Jahren Gesamtdauer für das Projekt zu rechnen.
Technisch bliebe das Ergebnis trotzdem eine Notlösung. Denn zum einen ist man selbst mit einem noch so tollen Cockpit nicht in der Lage das Flugverhalten der 105 zu beeinflussen - das Stick/Throttle-Handling bleibt 60er Jahre-Style und weit weg von Fly-by-Wire und HOTAS.
Ebenso wenig lässt sich das Vereisungsproblem der 105 beheben. Ist das Wetter schlecht bleibt die 105 am Boden - trotz neuem Cockpit und trotz Nebenrolle in der Luftraumüberwachung.
Fraglich ist auch - und laut mancher Quellen eher unwahrscheinlich - ob die kolportierten Kosten von bis zu 3 Mio. EUR überhaupt wesentliche Änderungen an der eigentliche Struktur der Flugzeuge einschließen oder doch "nur" ein neues Cockpit mit ein wenig moderneren Anzeigen. Denn obwohl scheinbar noch ausreichend "Flugstunden" in den Rümpfen stecken, sind diese wie oben bereits erwähnt den Belastungen von externer Bewaffnung und den damit verbundenen Vibrationen kaum mehr gewachsen. Lediglich einige Multifunktions-Bildschirme einzubauen, löst dieses Problem nicht; vor allem im Bereich des Fahrwerks gibt es zu große strukturelle Ermüdungserscheinungen, und auch die alten Schleudersitze entsprechen keinesfalls mehr dem Stand der Technik und wären dringend zu tauschen.
Plötzlich erscheint die Preisgrenze von 3 Mio. EUR eher eng gesteckt, aber auf Bewaffnung zu verzichten würde den geplanten Alternativeinsatz im unteren Geschwindigkeitsbereich der Luftraumüberwachung in Frage stellen.
Und auch das Urproblem der 105 - nämlich die Frage was man mit 22(!) Jet-Trainern mit Softwaresimulation zur Ausbildung machen soll - wird durch das Update wieder aufgeworfen. Seit fast 40 Jahren - bzw. seit den nie klar enthüllten Beweggründen der Beschaffung der zweiten 20 Stk. - ist die hohe Stückzahl an Saab 105 das eigentliche Hindernis für eine ausgeglichene Gewichtung zwischen Ausbildungs- und Einsatzmaschinen.
Bei ENJJPT wird ein angehender Jetpilot in 55 Wochen und 260 Flugstunden vom Rookie zum fertigen Einsatzpiloten bereit für die Schulung auf dem ersten Einsatzmuster ausgebildet. Dann sollte die Softwaresimulation enden und den reale Sensoren und Bewaffnungen Platz machen. In Österreich bleibt der fertig ausgebildete Pilot jahrelang auf dem Jettrainer sitzen.
Im Ministerium gibt man sich naturgemäß bedeckt zu derartigen Details, ja man hat dort zu solch ökonomischen und logistischen Fragen das Zauberwort der "militärischen Geheimhaltung" wieder entdeckt auf das man sich gern zurückzieht.
Da Österreich auf den Kauf von Zweisitzer-Eurofighter (wie signifikanterweise schon bei Draken und F-5) verzichtet hat, ist das Bundesheer wieder gezwungen diese "Type-Conversation" extern - nämlich auf den Eurofightern bei der Deutschen Luftwaffe in Laage - durchzuführen, zumindest derzeit. Als Grundlage für den Einstieg in diesen Kurs wird vorab ein "Advanced Aircraft Training" benötigt - und dies ist nur mit einem überschallfähigen Jet-Trainer zu erlangen.
6 Monate mit rund 120 Flugstunden müssen dafür nachgewiesen werden.
Doch selbst mit einem technisch erstklassigen Modernisierung der Saab 105 lassen sich mit der Kombination PC-7 / Saab-105OE-M nur das "Primary Aircraft Training" und Teile des "Advanced Aircraft Training" absolvieren. Das Überschalltraining müsste wie die Eurofighter-Conversation jedenfalls außerhalb Österreichs stattfinden.
Alles was Österreich also selbst basteln könnte ist weit weg vom geplanten integrierten Trainingsprogramm welches die Zielsetzung des AEJPT war.
Berücksichtigt werden müssen aber auch die Erfahrungen der ersten ausgebildeten Eurofighter-Piloten des Bundesheeres. Die erste Gruppe war das erfahrenste Flugpersonal des Bundesheeres - mit vielen Stunden auf Saab 105, Saab Draken, Saab Viggen in Schweden, und auch F-5E - und trotzdem war es für diese lt. eigenen Angaben alles andere als leicht den geforderten Level zu bringen. Die echte Nagelprobe kommt erst, wenn später Piloten ohne vorhergehendes Überschall-Kampfjet-Know-How aus Draken und F-5E auf den Eurofighter konvertieren müssen. Dann wird sich zeigen ob das neu formierte Ausbildungsprogramm jene Leistung bringt um am oberen Ende Eurofighter-Piloten anstatt Millionenteure teure "Drop-Outs" zu produzieren.
Für kolportierte EUR 70 Mio. hat sich zuletzt die Schweiz neue Trainer zugelegt. Das Geld blieb im Land - bei Pilatus. Gekauft wurde das Jet Pilot Training System PC-21 bestehend aus sechs Flugzeugen sowie einem Simulator, welcher im Wert einer siebenten Maschine entspricht. Das Paket inkludiert auch zugehörige Logistik und Ingenieurleitungen sowie ein Missionsplanungs- und Debriefing-System und auch die Wartungskosten für die ersten drei Jahre.
So sehr sind die Schweizer von ihrem Konzept überzeugt - es soll die Ausbildungskosten pro Pilot um über 50% senken - dass diese ihre noch relativ jungen BAE Hawk Jet-Trainer bereits an Finnland verkauft hat.
Davon weniger begeistert zeigt man sich beim Österreichischen Bundesheer. Zwar bewegt sich die PC-21 laut Hersteller in Geschwindigkeits- und Steigleitungsbereichen welche bisher exklusiv Jet-Trainern vorbehalten waren und besitzt ein ultra-modernes Fighter-Cockpit samt Waffensystem- und Radarsimulation, aber Jet-Feeling und -Verhalten in größeren Höhen traut man hierzulande dem superstarken Turboprop trotzdem nicht zu.
Im Preis gut 50% über der PC-21 beginnt die Elite der Jet-Trainer - und auch hier muss man Europa nicht verlassen.
Nagelneu und noch ganz ohne Kunden ist der "Advanced Fighter Trainer" M-346 der italienischen Aermacchi-Schmiede. Entstanden aus einem Joint Venture mit dem russischen Jetbauer Yakovlev ist die M-346 von Grund auf dafür entworfen Piloten für Jets der 4ten und 5ten Generation auszubilden. Handling, Flugverhalten und Leistung im Unterschallbereich sind mit Hinblick auf diesen Ausbildungszweck optimiert. Aermacchi hofft in den nächsten 30 Jahren bis zu 600 Stück des Trainers absetzen zu können. Beim bisher eher inoffiziell kolportieren Preis von EUR 15 Mio. dürfte es sich aber bestenfalls um einen Fly-away Preis handeln. Systemkosten von EUR 20Mio.+ scheinen schon eher realistisch. Und die M-346 gibt es auch als leichtes Kampfflugzeug - das ist allerdings noch teurer.
In diese Preisklasse fällt auch die bereits lange etablierte Konkurrenz - die Hawk von BAE. Zum x-ten mal aufgemotzt bietet BAE Systems das Flugzeug - welches erstmals 1974 flog - nun als Hawk 128 "Advanced Jet Trainer" an - und kann immerhin schon darauf verweisen, dass die RAF ihre zukünftigen Eurofighter-Piloten genau auf dieser Type ausbilden wird. 28 neue Maschinen samt Logistik- und Trainingspaket haben den britischen Steuerzahler jüngst EUR 665Mio. gekostet.
Substantiell billiger dürfte das tschechische Advanced Light Combat Aircraft (ALCA) L-159 von Aero Vodochody sein. Mitte der 90er Jahre hat eine übermütige Tschechische Luftwaffe im Verbund mit dem damaligen AERO-Eigner Boeing 72 Stück des aus dem L-39 Trainer entstandenen Einsitzers geordert, betreibt aber nur 18 davon und hält zusätzlich sechs in Reserve. Der Rest steht zum Verkauf erwies sich aber bisher als schwer vermittelbar. Denn die Nachfrage nach einsitzigen Unterschallflugzeugen ist begrenzt und eliminiert sich nach Abzug der diversen Exportrestriktionen und Embargos fast gänzlich. Und um die Maschine als Trainer zu verwenden fehlte der zweite Sitz. Dieses Manko hat Aero Vodochody nun behoben und konvertiert im Auftrag der Tschechische Luftwaffe vier einsitzige A-Versionen in zweisitzige B-Versionen - die erste Maschine flog schon, alle vier werden heuer fertig. Der kolportierte Preis soll bei EUR 10Mio. für den zweisitzigen Trainer und EUR 17Mio. für das einsitzige Kampfflugzeug ALCA liegen. Das L-159 Paket böte somit die ideale Kombination aus echtem Trainer und Einsatzmaschine für den Unterschall-Bereich.
Größtes Problem all dieser, von den Kosten der Betriebsstunde her durchaus sinnvollen Alternativen: Um auch im Rahmen der Luftraumsicherung Verwendung finden zu können müsste eine Stückzahl beschafft werden, welche klar über den reinen Ausbildungs-Bedarf hinausgeht. Denn zumindest für diesen LRÜ-Teil reicht eine Waffensystem und Radar-Simulation auf Softwarebasis nicht mehr. Ein Sensor wäre von Vorteil und zumindest rudimentäre Bewaffnung für den LRÜ-Dienst jedenfalls notwendig um eine Einsatz-Verwendung zu ermöglichen. Das wiederum bedeutet Mehrkosten, welche in den oben genannten Trainings-Systemen noch nicht inkludiert sind..
In Ermangelung dieser Gelder beim ÖBH scheint wohl nur das 105 Update realistisch - selbst im Bewusstsein, dass man damit das Ende der Sackgasse nur ein bisschen weiter nach vor schiebt - politisch gerechnet um ein, vielleicht zwei Legislaturperioden. Aber das Nennen von Zeiträumen dieser Art bedeutet schon wieder eine entspannte "Zielflagge" für Politiker die nur in jenen Termini denken. Luftwaffen dagegen denken in Dekaden...!
Martin Rosenkranz
Helmut Skrdla
Georg Mader