Print

"Raketenabwehr"
Die Planungen der USA im Rahmen der "National Missile Defense"

Angestoßen durch Verteidigungsminister Norbert Darabos entbrannte zuletzt eine Debatte über das von den USA in Polen und der Tschechischen Republik geplante Raketenabwehrsystem.
Martin Rosenkranz hat sich das in Entwicklung befindliche System angesehen und beleuchtet für www.airpower.at den technischen und strategischen Backgrund der "Raketenabwehr".

V-2 in Feuerstellung bei Den Haag (Youtube-Video)

Die erste Interkontinentalrakete "R7". (Youtube-Video)

Zeichnung von SDI Vorschlägen zur Bekämpfung von Satelliten mit Lasern.

Flugpfad einer ICBM
Grafik: US Congress Budget Office

Der Booster für den GMD-Bereich bringt ein Kill Vehicle mit 7-10km/Sek. auf bis zu 2.000km Höhe

Der Dom des X-Band Radars für Tschechien misst 26m im Durchmesser
Grafik: Missile Defense Agency

Der Raketensilo-Bereich für Polen im Vergleich zu einem Fussballfeld
Grafik: Missile Defense Agency

Die Europäischen Komponenten des GMD-Systems
Grafik: Missile Defense Agency

Der THAAD Starter in Stellung
Foto: Missile Defense Agency

Eine THAAD Rakete beim Start. Die Spiralbewegung bei Start verschwendet absichtlich ein Drittel der Energie der Rakete damit sie das Testgeläde White Sands nicht verlässt.
Foto: Missile Defense Agency

Kreuzer und Zerstörer der US Navy starten Raketen aus ihren Vertical Launching Systemen
Foto: US Navy

Das seegestützte X-Band Radar für den Pazifik-Bereich
Foto: Missile Defense Agency

Foto: Missile Defense Agency

Geschichtliches

Historisch betrachtet ist die "Rakete" als Kriegswaffe älter als das Rohrgeschütz. Erstmalig erwähnt wird die Verwendung von Raketen bei der Belagerung der Stadt Kaifeng in China im Jahr 1232. Von dort aus erfuhr sie Verbreitung über Asien nach Europa. England setzte mit Erfolg Raketen im Jahr 1806 bei der Belagerung von Boulogne und im darauf folgenden Jahr bei der Zerstörung Kopenhagens ein. Auch bei der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 und in Waterloo 1815 kamen englische Raketentruppen zum Einsatz. Schon damals übertraf die Schussweite der selbstgetriebenen Geschosse jene der besten Rohrwaffen um das drei- bis vierfache.
Womit der entscheidende Vorteil der Rakete - welche nicht durch ein Rohr abgeschossen wird sondern über einen eigenen Antrieb besitzt - auch schon dargelegt ist.

Zwei entscheidende Technologiesprünge transferierten die Raketentechnik in neue Dimensionen.
Das war zum einen die deutsche A4 (V-2) welche als erstes von Menschen entwickelte Objekt in der Lage war die Erdatmosphäre zu verlassen und mit Geschwindigkeiten über Mach 5 in vollkommen unbekannte Geschwindigkeitsbereiche vordrang. Über 3.000 dieser Flugkörper wurden von Hitlerdeutschland auf Ziele in England und Kontinentaleuropa abgeschossen. Die wohl eindringlichste Erfahrung der Angegriffen war, dass es gegen das Geschoß welches die 300km vom Startpunkt bis zum Ziel in fünf Minuten zurücklegte keine Abwehrmaßnahme gab.
Die zweite Rakete mit ähnlicher Bedeutung war die sowjetische R-7 (SS-6). Entwickelt als interkontinentales Trägersystem (12.000km) für eine mehrere Tonnen schwere Nuklearwaffe (5t) war sie auch stark genug eine leichtere Nutzlast in ein stabiles Erdorbit zu schießen, womit sie in den 50er Jahren die Basis für die frühen Erfolge der sowjetischen Raumfahrt bildete und u.A. als Träger für Sputnik, Laika und Gagarin diente.

National Missile Defense (NMD)

In den 50er Jahren begannen auch die Überlegungen für eine Flugkörperabwehr in den USA. Erstes Resultat war der Flugkörper "Nike Zeus" welcher einen thermonuklearen Gefechtskopf mit 20kt trug und gelenkt durch riesige Radaranlagen die Wiedereintrittskörper der ICBMs im Endanflug bekämpfen sollte. Mit dem "Safeguard" Programm wurde in den 60ern die Technik der Anti-Ballistic Missiles (ABM) weiter entwickelt. Und auch die Sowjetunion entwickelte Antiraketen-Raketen und schoss am 4 März 1961 mit einer Typ W-1000 ABM-Waffe eine strategische Rakete vom Typ R-12 (SS-4) ab.

Strategic Arms Limitation Talks (SALT) und Anti-Ballistic Missiles (ABM)

Im Rahmen der SALT I Verhandlungen wurde im Jahr 1971 der ABM-Vertrag ein Abkommen geschlossen welches eine Begrenzung von Raketenabwehrsystemen vorsah.

Erlaubt wurde eine Verteidigung der ICBM Stellungen und der jeweilige Hauptstadt, verboten allerdings der Aufbau einer landesweiten ABM-Abwehr.
Weitere Beschränkung waren das Verbot der Entwicklung see-, luft- oder weltraumgestützter sowie mobiler ABM-Systeme, die Aufstellung zugehöriger von Frühwarn-Radare und die Weitergabe von ABM-Technik an andere Staaten.

Strategic Defense Inititive (SDI)

Danach beschränkte sich die ABM-Technik primär auf theoretische Forschung wobei der markanteste Punkt das von Ronald Reagan am 23. März 1983 ins Leben gerufene SDI - auch bekannt als "Star Wars" - Programm bildet. Im Rahmen von SDI erforschte man verschiedenste Arten von Raketenabwehrtechnologien, einschließlich Röntgenlaser oder landgestützter Laser sowie kinetischer und weltraumgestützter Waffen. Die Forschungen erstreckten sich auf die gesamte Flugbahn von ballistischen Interkontinentalraketen (ICBM) einschließlich der Startphase.

Doch sowohl in den USA als auch in der Sowjetunion wurden im Laufe der Jahre Flugabwehrlenkwaffen entwickelt und in den Dienst gestellt welche Beschleunigungen und Höhen erreichen bzw. deren Leitanlagen Geschwindigkeiten handhaben können welche auch die Abwehr von ballistischen Kurz- (SRBMs) und Mittelstreckenraketen (MRBMs) in den Bereich des theoretisch möglichen rücken. Es sind dies Hochleistungssysteme wie die russischen S-200, S-300 und S-400, die US-Systeme Patriot der Army und Aegis/SM der Navy sowie das israelische Arrow.
Russland hat außerdem das A-135 bzw. ABM-3 System im Einsatz welches Moskau und Umgebung mit mehreren großen Radaranlagen sowie ca. 100 Startrampen für ABM-Raketen vor ICBMs schützen soll.

Am 13. Juni 2002 traten die USA unter den vertraglich festgelegten Bedingungen - sechs Monate Vorankündigung - einseitig vom ABM-Vertrag zurück.
Begründet wurde dieser Schritt durch US-Präsident George W. Bush damit, dass der ABM-Vertrag die Fähigkeit der US Regierung behindert, Wege zum Schutz unseres Volkes vor künftigen Angriffen durch Terroristen oder Schurkenstaaten zu entwickeln.

Ballistic Missile Early Warning System (BMEWS)

Seit Ende der 50er Jahre existiert in der nördlichen Hemisphäre eine Kette an Radaranlagen zur Erfassung von ballistischen Raketen im Anflug auf die USA. Die Anlagen wurden immer wieder modernisiert - zuletzt wurden ab den 80er Jahren die alten Antennen der Reihe nach gegen Phased Array Antennen der Type "PAVE PAWS" ausgetauscht. In einer Sekundärrolle überwachen diese Anlagen auch Flugbahnen von Satelliten bzw. von Weltraumschrott.

Ground-Based Midcourse Defense (GMD)

Seit 2002 konzentrieren sich die Entwicklungen der USA im Bereich der ABM-Systeme auf die Flugphase der ICBMs außerhalb der Atmosphäre. Hier scheinen die Entwicklungen in Hinblick auf Zielerfassung, Steuerbarkeit der ABM-Rakete und Trefferwahrscheinlichkeit am weitesten Fortgeschritten.

Diese "midcourse phase" dauert etwa 25 Minuten in welcher die ICBM mit rund 7km/Sek. ohne Antrieb rein ballistisch fliegt und einen elliptischen Orbit mit einem Apogäum von ca. 1.200km beschreibt.
Projiziert auf die Erdoberfläche folgt die Rakete dem Großkreis zum Ziel, allerdings mit einer leichten Abweichung welche die Erdrotation während des Fluges kompensiert. In dieser Flugphase separiert der Booster ein oder mehrere Gefechtsköpfe sowie möglicherweise Scheinziele zur Täuschung von ABM-Waffen.
Es bleibt ausreichend Zeit für eine präzise Zielerfassung mit Hochleistungs-X-Band-Radaranlagen (7 bis 12,5 GHz Mikrowelle) über Entfernungen von mehreren tausend Kilometern (5.000+) sowie für den Start von ABM-Raketen.
Der im Teststadium befindliche "Lockheed Martin PLV" Booster besitzt einen dreistufigen Feststoffantrieb mit 441 kN Startschub, eine Masse von 12,7t und erreicht theoretisch Flughöhen bis 2.000km.
Dies reicht aus für einen ovalförmigen Einsatzbereich in der Größenordnung von ca. 2.000km Breite und mehreren tausend km Länge welche von der abzufangenden ICBM durchquert werden müsste um einen Abschuss zu ermöglichen.

Seit 1997 wurden in diesem Bereich insgesamt 21 ABM-Raketen Tests durchgeführt.
Diese Tests fanden alle in der Pazifik-Region statt und beinhalteten Starts von Testzielen sowie ABM-Raketen-Prototypen von Basen in Kodiak/Alaska, Vandenberg AFB/Kalifornien sowie dem Kwajalein Atoll.
Mehr als die Hälfte der Tests (12) waren bisher Fehlschläge brachten allerdings - wie die erfolgreichen Tests (9) - auch wertvolle Erkenntnisse.
Das "Exoatmospheric Kill Vehicle" (EKV) - welches den anfliegenden Gefechtskopf nicht mit Sprengstoff sondern durch direkten Aufschlag mit kinetischer Energie vernichten soll - erwies sich bisher als die am wenigsten fehleranfällige Systemkomponente.
Allerdings zeigte sich bei mehreren Tests, dass man zwischen Gefechtsköpfen und Scheinzielen unterscheiden kann wenn diese unterschiedliche Signaturen aufweisen, man aber scheitert je ähnlicher ein Scheinziel dem echten Gefechtskopf wird.

Die neueste Entwicklung im Bereich EKVs ist das "Multiple Kill Vehicle". Es setzt der Strategie der ICBMs mit Mehrfachgefechtsköpfen und Scheinzielen ein Abfangsystem entgegen welches alle als gefährlich eingestuften Objekte einschließlich Gegenmaßnahmen bekämpfen kann. Diese "many-on-many" Strategie soll die Gefahr der in ICBMs integrierten Störversuche gegen die ABM-Waffen eliminieren.

Bis Ende 2008 sollen im Rahmen des laufenden Programms noch weitere 14 Tests stattfinden. Danach folgt eine weitere Testreihe welche bis 2011 läuft.


Multiple Kill Vehicles im Anflug auf Gefechtsköpfe und Scheinziele
Grafik: Missile Defense Agency

Die geplanten Anlagen in Polen und Tschechien

Die US-Pläne sehen für das Jahr 2011 die Errichtung einer X-Band-Radaranlage in einem 26m Dom im äußersten Nordwesten der tschechischen Republik. Die für Tschechien gedachte Anlage steht derzeit am Kwajalein Atoll im Pazifik wo sie die letzten 10 Jahre für GMD-Tests verwendet wurde. Das Radar wird benötigt um eine exakte Zielverfolgung sowie Unterscheidung der Rakete, Raketenteile, Scheinziele und Gefechtsköpfe zu ermöglichen und steuert die Abfangrakete in die Nähe des bzw. der Ziele.

Im Zeitraum von 2011 bis 2013 sollen im nördlichen Polen zehn Raketensilos errichtet und zweistufige Feststoffraketen dort stationiert werden. Die für die Silos benötigte Fläche beträgt 137x37m, dies allerdings ohne Perimeter und Unterbringung für Personal und Gerätschaft. Die Raketen selbst tragen keinen Sprengkopf sondern ein oder mehrere EKVs mit welchen Gefechtsköpfe von MRBMs und ICBMs in Höhen von 200km bis 2.000km über der Erdoberfläche bekämpft werden können. Die EKVs treffen dabei mit Relativgeschwindigkeiten von über 7km/Sek. auf die abzufangenden Gefechtsköpfe. Der größte Teil der dabei entstehenden Trümmer verglüht beim Wiedereintritt in die Atmosphäre.
Der Bereich in dem dies stattfindet hat auf die Erdoberfläche projiziert eine ovale Form und dürfte sich von Mittelrumänien Richtung Westen über die Adria, Norditalien bis nach Mittelfrankreich; nach Nordosten über Teil der Ukraine, Weissrusslands und Russlands bis ins Baltikum und nach Norden potentiell bis Island erstrecken.


Das NMD Programm für den Pazifikbereich
Grafik: Missile Defense Agency

Terminal Phase Defense - das "End Game"

Praktische Erfahrungen im Abfangen von Kurzstreckenraketen konnten die USA bei der Operation Wüstensturm zur Befreiung Kuwaits sammeln, als Saddam Hussein seine SCUD-Raketen gegen Ziele in Israel und Saudi Arabien zum Einsatz brachte. Die Irakischen SCUDs hatten eine Reichweite von 800km sowie ein Apogäum von ca. 200km bei einer Gesamtflugzeit von 480 Sekunden und einer Spitzengeschwindigkeit von 2,3km/Sek.
Eine Nachanalyse der SCUD-Bekämpfung durch Patriot PAC-1 zeigte, dass ein Gefechtskopf mit Annäherungszünder und Druck/Splitterwirkung, wie er zur Bekämpfung von Flugzeugen optimal ist, kaum bis gar nicht geeignet ist den Gefechtskopf einer ballistischen Rakete außer Gefecht zu setzen.

Die Weiterentwicklung des Patriot Systems zum Standard Patriot PAC-3 trägt diesen Erfahrungen Rechnung. Der PAC-3 Gefechtskopf ist zwar mit einem kleinen explosiven Gefechtskopf ausgestattet, allerdings wurden die Steuergeräte und die Rakete selbst auf eine "hit to kill" Charakteristik hin optimiert. Dies schmälert zwar die Leistung gegen herkömmliche Flugzeuge etwas, steigert aber die Leistung gegen ballistische Raketen erheblich. Patriot PAC-3 soll aktuell in der Lage sein ballistische Kurzstrecken-Raketen (SRBMs) mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit zu bekämpfen und dem System werden auch theoretische Chancen gegen Gefechtsköpfe von Mittelstreckenraketen (MBRMs) zugeschrieben, welche beim Wiedereintritt Geschwindigkeiten um 4km/Sek. aufweisen.

Ein weiteres System welches in der Endphase wirksam werden soll ist das speziell dafür entworfene Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) System.
THAAD ist in der Lage Gefechtsköpfe ballistischer Kurz- (SRBMs) und Mittelstreckenraketen (MRBMs) in Entfernungen von bis zu 200km und Höhen bis zu 150km zu bekämpfen, hat allerdings nur begrenzte Fähigkeiten bei der Abwehr von ICBM Gefechtsköpfen.

In Kooperation mit den USA entwickeln Italien und Deutschland das "Medium Extended Air Defense System" (MEADS) welche in Europa die Lücke zwischen "THAAD" und Kurzstreckensystemen wie Stinger schließen soll. Es stellt eine Weiterentwicklung des Patriot PAC-3 Systems dar und soll u.A. Hawk und ältere Patriot-Systeme weltweit ersetzen.

Wo mangels Landmasse keine bodengestütztes System zum Einsatz kommen kann soll das Aegis Ballistic Missile Defense System Verwendung finden. Es nutzt die vorhandenen Aegis Combat Systeme und Vertical Launching Starter (VLS) der Ticonderoga-Klasse Kreuzer und Arleigh Burke-Klasse Zerstörer und kombiniert sie mit einer neuen Abfangrakete - der "RIM-161 Standard Missile" (SM-3).
Diese erzielt Reichweiten über 500km sowie Höhen weit außerhalb der Atmosphäre und besitzt ebenfalls einen hit-to-kill Gefechtskopf.

Der "Boost Phase Intercept"

Noch in den Kinderschuhen steckt die Bekämpfung der ballistischen Raketen in der Startphase. Die ca. 3 Minuten für Feststoff- und ca. 4 Minuten für Flüssigtreibstoff-ICBMs in welchen sie vom Boden aus auf eine Höhe über 150km steigen und dabei auf ca. 7km/Sek. beschleunigen bieten einige unvergleichliche Vorteile für eine erfolgreiche Bekämpfung.
Die Rakete ist mitsamt Mehrfachsprengköpfen und eventuellen Störkörpern ein relativ kompaktes großes Ziel und die Signatur des Antriebs ist so gewaltig, dass er selbst von weit entfernten Sensoren ausgemacht werden kann.
Allerdings beinhaltet das Raum/Zeit-Problem im Zusammenhang mit den atmosphärischen Gegebenheiten auch bisher ungelöste technologische Herausforderungen. Denn selbst wenn innerhalb von 40-60 Sek. nach dem Start das Ziel erfasst, eine Feuerleitlösung errechnet und eine Abfangrakete gestartet werden kann bleiben max. 120 bis 180 Sekunden für eine erfolgreiche Bekämpfung.
Innerhalb dieses Zeitraumes ergeben sich für eine Abfangrakete enorme physikalische Herausforderungen.
Geht man davon aus, dass es gelänge eine Abfangrakete in 300km Entfernung zum Startort der ICBM zu platzieren, müsste diese innerhalb 10 Sek. eine Spitzengeschwindigkeit von 6,5km/Sek. (Mach 22) erreichen und für mind. 50 Sek. halten können um eine theoretische Chance auf einen erfolgreichen Abfang zu haben.
Steht die Abfangrakete in 500km Entfernung zum Startort steigt die erforderliche Geschwindigkeit auf 10 km/Sek. (Mach 34) für mind. 60 Sek. - alles noch innerhalb der Atmosphäre!
Eine Möglichkeit das Zeitproblem aufzulösen bietet der Airborne Laser (ABL). Installiert an Bord großer Flugzeuge (z.B. Boeing 747) könnte ein solcher Laser eine ICBM beim Start durch eine Bestrahlung über mehrere Sekunden so weit aufheizen, dass sie zerstört wird. Die dafür notwendige Entfernung zwischen ABL-Träger und ICBM wird auf max. 300km für Feststoffraketen und max. 600km für Flüssigtreibstoffraketen geschätzt. In beiden Fällen benötigt der ABL-Träger mit hoher Wahrscheinlichkeit Schutz vor der gegnerischen Flugabwehr sowie Tankerunterstützung und ein oder mehrere dieser System müssten permanent im Einsatz stehen.


Der Airborne Laser soll Raketen beim Start abfangen
Foto: Missile Defense Agency

Schlussfolgerung

Die Proliferation von Raketentechnologien hat dazu geführt, dass immer mehr Staaten in Besitz von ballistischen Raketen div. Reichweiten kommen. 1972 hatten neun Staaten diese Möglichkeit. Bis zum Ende der Sowjetunion im Jahr 1990 ist das auf 16 Staaten angewachsen. Per Ende 2006 sind 25 Staaten - sämtlich in der nördlichen Hemisphäre - mit ballistischen Raketen div. Reichweiten ausgerüstet.

In den USA lagen die Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Beschaffung von Technologien zur Abwehr ballistischer Raketen in den 80ern bei ca. USD 2-3Mrd. pro Jahr. Bis einschließlich 2001 stieg dieser Budgetposten auf durchschnittlich USD 3,6 Mrd. pro Jahr. Seit 2002 liegen die jährlichen Ausgaben bei USD 7,4Mrd. bis USD 9,4 Mrd. Im Zeitraum von 2008 bis 2013 sind Ausgaben von über USD 50 Mrd. für diesen Bereich Zweck geplant.

Diese Entwicklung kann sowohl mit den Ereignissen des 11. September 2001 in Zusammenhang gebracht werden als auch mit div. Raketentests in Nordkorea, Iran, Pakistan etc.
Und die USA arbeiten nicht alleine an diesen Technologien. Auch Russland, Indien, China, Japan sowie Israel, Italien und Deutschland in Kooperation mit den USA entwickeln, bauen oder besitzen bereits Systeme zur Abwehr ballistischer Raketen.

Gemeinsam mit einem seegestützten X-Band Radar und der Cobra Dane Radaranlage auf den Aleuten sowie Raketenstellungen in Alaska, Kalifornien und auf Kwajalein soll Nordamerika vor anfliegenden Raketen aus dem Westen geschützt werden.
Die geplanten Installationen in Kontinentaleuropa sowie die BMEWS-Radaranlage in RAF Fylingdales/England erfüllen den selben Zweck für anfliegende Raketen aus dem mittleren Osten.
Diverse mobile Systeme wie THAAD, MEADS, PAC-3, Arrow und Aegis/SM-3 werden diese Verteidigungsbemühungen unterfüttern und bei Bedarf regional verdichten.
Es ist illusorisch anzunehmen, dass angesichts der eingesetzten Mittel die USA sich in ihren Planungen durch Kritik aus kleinen neutralen Staaten beeindrucken lassen.

Raketen-Proliferation per Ende 2006

Terminal High Altitude Area Defense
Raytheon MIM-104 Patriot
Missile Wars
Global Ballistic Missile Defense Planning 2017