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"GEORGIEN 2008"
"Als die Flieger kamen, ging alles schief..." oder "...hätten wir nur Jagdflugzeuge gehabt!"

Besser als im Leitartikel der russischen Tageszeitung "Wedomosti", kann der (innen)politische Überbau des Georgien-Konflikts kaum ausgedrückt werden: "Wenn der Ölpreis hoch ist, tritt bei uns gewöhnlich die Phase der Selbstbestätigung ein." Zweifellos wissen auch in Moskau Viele, was um des kurzen Krieges und der wohl längeren russischen Präsenz in Georgien international auf dem Spiel steht - aber der rasche Sieg hat das zuletzt ohnehin ausgeprägte Gefühl neuer Macht offenbar so verstärkt, dass es Moskau im Moment absolut egal zu sein scheint, wie viel Porzellan im internationalen Beziehungsladen zerschlagen wird. Professor Boris Schmelew, Politikwissenschaftler der Akademie der Wissenschaften präzisiert: "Russland ist in Zugzwang. Wir konnten wählen zwischen schlecht und sehr schlecht". Die Anerkennung verwandle die Krise mit dem Westen zwar in Konfrontation, die Nichtanerkennung hätte aber Russlands Prestige zerstört und wohl zur Destabilisierung im Nordkaukasus geführt: "Und das wäre für uns weit schlechter..."

Also gab. bzw. gibt es wieder Krieg im Kaukasus. Gleich vorweg: Es liegt nicht in der Kompetenz bzw. der Kernlinie der Autoren dieser Seite, sich an dem massiven Propagandaaufwand beider Konfliktparteien zu beteiligen. Auch werden wir hier nicht aufklären, ob Georgier oder Osseten (verdächtigt als russische ‚Maschkirovka') die zweiwöchigen gegenseitigen Artillerie- und Mörserduelle begonnen oder initiiert haben, die dem harten aber recht wirren georgischen Vorstoß in die Hauptstadt der - aus seiner Sicht - abtrünnigen Provinz Süd-Ossetien vorangingen. Der georgische Angriff auf Zchinwali sowie die russische Reaktion bieten uns - abseits des Erstaunens dass die Führung um Präsident Saakaschwili russische Interventionsbereitschaft, -potentiale und -vorbereitung völlig übersehen oder ignoriert haben - jedoch mehrere Betrachtungsebenen, um die eingesetzte (oder ignorierte) Komponente "Airpower" zu beleuchten.

Auch erlaubt es der neue Konflikt, gegenüber einer ob der dritten Dimension (-> 2m über dem Boden) gänzlich unbekümmerten und gerade wahlkämpfenden heimischen Öffentlichkeit - aber auch der zurzeit Ton angebenden "Eisenauto"-Fraktion innerhalb unserer geschätzten Administration an der Roßau - ein paar Stehsätze zu wiederholen.

Auf dieser älteren CIA-Karte sind die Zugänge der Russen zu den beiden inzwischen von ihnen als unabhängig anerkannten, völkerrechtlich aber georgischen Territorien zu erkennen. Nach Südossetien durch den Roksky-Tunnel und über einen Pass, nach Abchasien durch Marinekräfte von der Krim sowie Luftlandungen. (milkavkaz.net)

1) Keine weitreichende Luftabwehr, zuwenig mobile Truppen-Luftabwehr

Am Papier bzw. in Analysen stellt(e) sich die georgische Luftabwehr so dar (Jane's):
Mountains create a natural barrier for Georgia between it and its neighbours. Therefore it relies predominantly on its army for defence, which is reflected in the size of the land forces, numbering around 16.600 personnel. Numbering just 1.200 in 2006, the air force is comparatively tiny. As demonstrated by the alleged intrusions into Georgian territory by Russian Su-24s, the country desperately needs air-defence systems. Georgia's fleet is made up predominantly of Israeli/local-modernized Su-25 fixed-wing attack aircraft and helicopters and has no interceptor aircraft.
Chief of Air Force Colonel David Nairashvili told Jane's however, that - contrary to former reports - since 2006 Georgia is capable of engaging enemy aircraft flying above 8.000m with its surface-to-air missiles. Col Nairashvili said he would like interceptor aircraft but that it came down to a problem of supply, as well as the money to maintain a few fighters. However, he insists the air force will get fighters at some point because "everyone is buying them around us". Under current plans, however, the air force is due to be downscaled and in 2015 is set to lose its fixed-wing assets. In the same timescale, the helicopter wing, based at Marneuli, will be transferred to Vaziani base near Tbilisi to serve under the control of the army, reducing the air force to the role of airspace management.
"This plan is drafted in the political assumption we will join NATO, which envisages Georgia will be protected by aircraft based in Turkey*", said Kutelia. (Anm.: *Davon später weiter unten).
The focus of air defence is, however, more clearly set towards upgrading Georgia's air-defence radars. Currently its military radars consist of "modernised, fully digital 2-D and 3-D surveillance radars", according to Col Nairashvili, although he declined to reveal which type. "We do have an integrated C2 system with surface-to-air missile automatic weapon assignment and radar multitrack processing capability for RAP [recognised air picture]," he said.

Dem gegenüber ist es zuerst wohl schlicht am Wirksamsten, einigermaßen ernüchterte georgische Stimmen wiederzugeben, welche in den letzten Tagen auch in heimischen Medien zu finden waren:

Georgiens Vizeverteidigungsminister Batu Kutelia:

"Wir haben unsere Armee nicht zur Abwehr einer groß angelegten Invasion geplant. Unsere Verteidigungsdoktrin, die wir mit unseren Partnern im Westen ausgearbeitet haben, ging nicht von einer solchen Bedrohung aus. Wir lagen damit definitiv falsch. Die Armee selbst war gerüstet - aber für andere Zwecke. Zur Abwehr kleinerer Übergriffe von außen, zu Grenzsicherung oder gegen Aufstände. Wir hätten gleich zu Beginn den Tunnel und den Pass sperren können. Die nächste Verteidigungsdoktrin wird anders aussehen. Die 58. russische Armee ist 20-mal größer - Land- und Luftstreitkräfte inbegriffen - als jene zweieinhalb Brigaden, mit denen wir gekämpft haben. Als wir sahen, dass die Russen ein Flächenbombardement begannen ohne Rücksicht auf Zivilisten, haben wir aufgehört. Wir werden nun einige Prioritäten verändern, wenn wir unsere neue Militärdoktrin aufstellen. Wir werden auf jeden Fall erheblich in die Flugabwehr investieren, das kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen..."

Georgische Soldaten und Journalisten:

"Wir hätten eine Chance gehabt, wäre die russische Luftwaffe nicht gewesen", sagte der frisch beinamputierte georgische Panzer-Leutnant Roman Abashidse im Gespräch mit Reportern. "Unsere Truppen waren gut ausgebildet, aber die Luftangriffe haben wir nicht ausgehalten", sagte ein durch Splitter verwundeter Hauptmann. Der georgische Militärexperte Temur Chachanidse meint: "Luftmacht war der entscheidende Faktor. Als die Flieger kamen, ging alles schief, haben mir Soldaten berichtet."

Der erste Sekretär des georgischen Sicherheitsrates, Alexander Lomaia:

"Russische Militärflugzeuge überflogen unsere Grenzen in 15-Minuten Intervallen, sie trafen - innerhalb und außerhalb Ossetiens - militärische, zivile und ökonomische Ziele. Einmal waren es bis 50 Maschinen gleichzeitig. Wir hatten, ehrlich gesagt, überhaupt nicht erwartet dass die Russen auch Wohngebiete bombardieren würden, unsere friedlichen Städte und ihre friedlichen Bürger! Selbst ausländische Journalisten wurden nicht verschont, ein holländischer Kameramann wurde leider getötet, ein griechischer und ein israelischer Reporter und ihr einheimischer Fahrer wurden - übrigens durch Streubomben - schwer verletzt. Wir konnten leider nichts dagegen tun - uns fehlten die Mittel..."

Vakhtang Maisaia, georgischer Militärberater unter Präsident Schewardnadse:

"Die Führung unseres Landes war schlecht vorbereitet und hatte keine Antwort auf Moskaus Luftwaffe. Die russische Luftüberlegenheit war entscheidend. Die Georgier konnten mit ihren bescheidenen, taktischen Luftabwehrmitteln (Fliegerabwehrkanonen und leichte Boden-Luftraketen) kaum etwas erreichen. Zwar konnte man anfangs die eingesetzten Truppen schützen - nicht aber die restlichen Strukturen des Landes - und sogar einzelne Erfolge erzielen, aber das war bald vorbei. Hätten wir nur Luftüberlegenheits- bzw. Jagdflugzeuge gehabt*, vielleicht hätten die Russen dann nicht - so schnell oder viel schwieriger - solche Dominanz in unserem Luftraum erreichen können."
*Es gibt in Fachkreisen Gerüchte, wonach Piloten der georgischen Luftwaffe in Luke und/oder Elmendorf in den USA auf F-16s (mit dem israelisch induzierten ‚Buckel') eingewiesen werden oder wurden. Sollten jene Wahrheitsgehalt haben, konnte die Möglichkeit einer Entfaltung bevor etwa ‚Falcons' nach Georgien geliefert würden, für die russischen Streitkräfte nur wünschenswert sein - ihr Dank geht in diesem Fall an die georgische Führung und ihr Vorpreschen. Welch' gute Gründe jene dafür auch gehabt haben mag…

Tatsächlich waren die - spärlichen - georgischen Luft- und Luftabwehrmittel zwar vorhanden, jedoch in schlechtem Zustand bzw. veraltet. Es erwies sich auch als entscheidend, dass das georgische Luftraumüberwachungs-Kommando - welches theoretisch fähig gewesen wäre mit Luftabwehreinheiten zu koordinieren - nicht elektronisch in deren Netzwerk integriert war und die Kommunikation per normalem Telefon bzw. mit einfachen Zweiweg-Funkgeräten bewerkstelligen sollte. Oft war zu beobachten, dass georgische Kräfte auch mit handelsüblichen Mobiltelefonen kommunizierten - die russische Fernmeldeaufklärung hörte mit…

Die Ausschaltung georgischer Bodenmittel und Infrastruktur sah daher zwischen 10. und 14. August erfolgreiche russische Luftangriffe auf die georgischen Basen in Kojori, Senaki und Gori, wo Artillerie- und Panzerbrigaden stationiert sind. Ebenso auf den Schwarzmeerhafen Poti, die Flugplätze von Marneuli (Hubschrauber) und Vaziani (Flugzeuge) sowie das Tbilaviastroi-Flugzeugwerk außerhalb von Tiflis. Dort wurden schon zu Zeiten der UdSSR die Schlachtflugzeuge Su-25 (‚Frogfoot') montiert, Georgien hat das mit israelischer Hilfe erneuert (Modell ‚Scorpion'). Alle diese Anlagen wurden schwer beschädigt bzw. vorderhand unbrauchbar gemacht. Zahlreiche zivile Infrastrukturen sind zerstört.

Besonders auffällig ist das schnelle Erreichen der russischen Luftüberlegenheit, gestützt auf letztlich effektives Bekämpfen des georgischen Luftverteidigungs-Netzwerks durch Angriffe auf dessen Kommando- und Kontrollelemente und koordinierte EloKa- und Cyberangriffe. Die - beim georgischen Angriff auf Süd-Ossetien anfänglich erfolgreichen - 9 Stk. Su-25 sowie 9 leichte L-29 Trainer wurden in Folge rasch abgeschossen bzw. am Boden zerstört, ebenso effektiv waren die Angriffe auf die genannten Landebahnen. Die mit viel Geld aus Israel beschafften Hermes-450-Drohnen waren schon vor dem Konflikt mehrfach über Ossetien und noch mehr über der zweiten nach Immunität von Tiflis strebenden Provinz Abchasien abgeschossen worden, das setzte sich auch nach Ende der eigentlichen Kampfhandlungen am 20. August fort...

Trotzdem konnte die georgische Fliegerabwehr anfängliche Achtungserfolge erzielen, welche freilich nicht den Druck von den eigenen Bodentruppen und schon gar nicht von der Zivilbevölkerung nehmen konnten. Mit Systemen wie S-125 (SA-3 ‚Goa'), 48 von der Ukraine gelieferte ‚Buk-M1'-Raketen und 6 mobile ‚Osa'-Systeme (9M33M3) sowie 30 ‚Grom'-MANPADS mit 100 Flugkörpern konnten - nach georgischen Angaben - sieben Flugzeuge sowie fünf Hubschrauber der VVS abgeschossen werden, nach russischen Angaben waren es vier Maschinen (drei Su-25 und - überraschend - ein Tu-22M3 ‚Backfire'-Bomber). Dies hatte zur Folge, dass die Russen Angriffe auf Radaranlagen ausdehnten, darunter besonders die P-18 Luftraumüberwachungsradars. Die 6 ‚Osa' wurden übrigens von russischen Truppen intakt erbeutet.

Die offenen bzw. bitteren Worte der oben zitierten Georgier sprechen jedenfalls für sich. Einmal mehr musste damit ein Land die bittere und blutige Erfahrung machen: Ohne ausreichende Deckung eigener Bodentruppen durch Flugzeuge oder Luftabwehr sind konventionelle Militäroperationen gegen Gegner mit starken Fliegereinheiten selbstmörderisch, ja eigentlich ein Verbrechen..!

2) Zuwenig Training, schwache Aufklärung und die ‚übliche' Ignoranz…

Im russischen Militärbezirk Nordkaukasus mit vereinigter Kräftegruppe Tschetschenien, (Hauptquartier Wladikawkaz) befinden sich rund 30 Einsatz- bzw. vorgeschobene Luftbasen, die mit der 4. Luft- und Luftverteidigungsarmee und +/- 85 Su-24, 30 Su-24MR, 100 Su-25, 105 MiG-29 und 75 Su-27 belegt sind. Deren zum Teil massiver und wiederholter Einsatz über Georgien lässt - angesichts sonst eher niedriger Einsatzbereitschaft und Flugstundenpensum ‚normaler' VVS-Einheiten - den Schluss zu, dass die ‚Reaktion' und ihre logistische Vorbereitung schon länger durchgeplant und mit Treibstoff und Munition bedeckt war.

Trotz der erdrückenden Übermacht, lief auf russischer Seite aber offenbar nicht alles entlang der Obsession nach bürokratischer Planung. Britische Kollegen bzw. einige russische Medien und deren jeweilige Analytiker üben - teilweise den Autoren persönlich bekannt - dieser Tage unverhohlen Kritik an der Leistung der eingesetzten Luftwaffeneinheiten bzw. an deren oberer Führung. Konstantin Makijenko, Chef des Moskauer Online-Think-Tanks CAST, meinte dass die Verluste der russischen Flieger sowie die offenbare Hilflosigkeit gegen georgische Su-25 Einsätze über Ossetien noch am Montag den 11. August, "alle Alarmglocken schrillen lassen müssten. Das Unvermögen, die georgische Luftabwehr trotz ihrer rudimentären Fähigkeiten raschest auszuschalten und - angesichts auch des Fehlens georgischer Jagdflugzeuge - die Luftdominanz herzustellen, zeugt vom armen Zustand unserer Luftstreitkräfte," so Makijenko.

"Nezavisimaya Gazeta" schrieb am selben Tag, dass ein Grund für die anfänglich schwache Leistung im mangelnden Training der Piloten liege, die oft nur einen Bruchteil der Flugstunden ihrer NATO-Gegenüber sammeln könnten. Die Redaktion kritisierte auch, dass viele russische Fahrzeuge auf den Bergstrassen ausfielen oder mangelnde bzw. keine Klimaanlagen die Mot-Schützen aus den Fahrzeugen nach oben aufs Dach trieben...

Der frühere Kommandant der 58. Armee im Transkaukasus-Distrikt, Zweistern-GenLt. Juri Netkatschew veröffentlichte einen Kommentar, in welchem er damit eröffnete, der russische Generalstab und die Aufklärung hätte die Georgier ignorant unterschätzt. Er erinnerte an den in Wladikawkaz geläufigen Witz, der - offenbar erwartete - Einmarsch würde ein "Spaziergang im Park" werden... Der GRU hätte die Aufgabe gehabt, up-to-date Informationen über die Fähigkeiten der georgischen Flieger- und Fliegerabwehr zu gewährleisten. Niemand hätte aber genau gewusst, ob die zum Teil erst 2007 an Georgien gelieferten ‚Buk-M1' und ‚Osa' einsatzbereit waren, so konnte man seine Bibliotheken nicht ordentlich ausrichten und Gegenmaßnahmen sicherstellen. Auch hätte Georgien vor drei Jahren keine Piloten für die modifizierten Su-25 ‚Scorpion' gehabt - 2007 wären 9 davon aber über Tiflis paradiert. Weiters habe man - abseits der Drohnengeschichte - keine gesicherten Informationen über die Auswirkungen der zahlreichen israelischen und amerikanischen Militärberater auf die Fähigkeiten der georgischen Fliegerkräfte gehabt.

Seine Fragen an den russischen Generalstab haben es zum Teil in sich: So will er etwa wissen, 1) wen es geritten hat, einen strategischen Langstreckenbomber Tu-22M3 zu einem Aufklärungseinsatz einzusetzen? (3 Mann der Besatzung sind in georgischem Gewahrsam, ein vierter starb), 2) was der Stellvertreter seines Nachfolgers als Chef der 58. in einem der ersten Fahrzeuge zu suchen hatte - und statt mit Eskorte zusammen mit russischen Journalisten die dauernd mit dem Handy telefonieren? (Georgische ‚Spetznaz' lokalisierten offenbar das Befehlsfahrzeug in Zemo Nikozi, Gen. Khrulew wurde am 9. August prompt am Bein verwundet, ein Journalist starb -> Links), oder 3) Wie kam es, dass russische Soldaten auf etlichen TV-Bildern mit T-Shirts und Piratenkopftüchern anstatt im Kampfanzug über die weltweiten Schirme flimmerten? Sein Resümeé: Die haben noch immer kaum aus Tschetschenien gelernt…

Aber Netkatschew ist nicht allein. Der vormalige Kdt. der russischen Luftwaffe, General Pjotr Deinekin, beschuldigte seine Nachfolger, nicht als ersten Schritt einen Luftschlag zur ‚Erblindung' der georgischen Luftüberwachungs- und führungsfähigkeiten gesetzt zu haben. Der GRU hätte Lokation, Anzahl und Wirkungsweite georgischer Luftabwehrmittel analysieren müssen, "die Piloten flogen ja in Erwartung keiner Gegenwehr in den Einsatz." Im Gegensatz zu Nekatschew führt aber Deinekin Tschetschenien 1994 als Beispiel an, wie es gleich zu Anfang hätte gemacht werden sollen.

Es ist in der Tat auffällig, dass all die ‚hübschen' Lenk- und Abstands- Luft/Bodenwaffen um die auf der MAKS (vielleicht die neue Abkürzung für ‚Maschkirovka') der Zirkus der Enthüllung beim Präsidentenrundgang abgeht, entweder nicht im Inventar der russischen Luftwaffe zu sein scheinen oder man die teueren Stücke - vielleicht etwas überheblich - nicht gegen solch wertlose Ziele ‚verschwenden' wollte. Offenbar wurden in den ersten Tagen auch keine Anti-Radar-Flugkörper eingesetzt, was russische Flugzeuge immer wieder in den Wirkungsbereich sporadischer, georgischer Luftabwehr brachte. Wenn es vielleicht zudem auch Satellitenaufklärung gegeben hat, so haben es deren Erkenntnisse offenbar nicht zu den ‚Shturmans' der Su-24 geschafft, welche in erster Linie für den Einsatz gelenkter Präzisionsmunition vorgesehen wären...

Nur: Wie hätten die georgischen Stimmen geklungen, wäre alles so gelaufen wie es sich die russischen Stimmen gewünscht hätten...?

Schon Tschetschenien war kein guter Platz für Hubschrauber. Auch jetzt gingen - nach russischen Angaben - fünf eigene Helikopter verloren, hier der Blick auf eine Kampfzone nahe Gori, Blickrichtung Süden. (Arkadij Babtschenko)

So wie diese Georgischen Soldaten sieht man drein,...

...wenn von oben auf einen eingewirkt wird und "alles schief geht"... (Beide: GeoTVR.ge)

Die Runway in Vaziani wird 'gecratert' - und TV-Kameras filmen mit. (Meore, Georgian State TV)


Ein guter Eindruck vom Terrain in Ossetien bzw. nördlichem Georgien. Gemächliche russische Kolonnen nach dem Roksky-Tunnel (Arkadij Babtschenko)

Kann man seine Sachen nicht schützen, wird alles mitgenommen - selbst was einem garnicht gehört hat. "Sicherung" von im Hafen von Poti durch Russische Truppen vorgefunde US-HUMVEEs, welche nach einer Übung wieder zur Verschiffung vorgesehen waren. (Russian News-1 broadcast footage)

3) Unterhaltung über Georgien im US-Special-Ops-Command in Hurlburt..:

Anm.: Just zurzeit des georgischen Abenteuers und Russlands (Über)Reaktion machten zwei der Autoren in Florida Ferien - aber nicht ganz ohne einschlägige Termine wahrzunehmen. Bei einem jener Besuche entstand jene Aufnahme. Sie gibt in jedem Fall ausschließlich persönliche Einschätzungen bzw. Einsichten des weiblichen Offiziers des AFSOC-Kdo's wieder (O.Ton)..:

"Well, I can absolutely not imagine my superior leaders would have lured Saakashvili to move into Ossetia, several folks at the Pentagon now are mad about that. It's also clear that Russia has correctly expected that they can get away just with their version of humiliating the Georgian President and the US-aided Georgian armed forces. The Pentagon did know the disposition of Russian forces and this was never about a complete and old style Soviet occupation of a country - whatever you hear in some of our media all the day. For example, all the Russians had to do to prevent US-transports landing in Georgia was to disable the runways. A simple cratering-airstrike would have prevented any C-17s landing. If the Russians wanted total and sustained control over sovereign Georgia, then the runways would have been denied to the Pentagon.

But when the expectable Russian reaction turned out that severe with all the bombing, only CAPs over Tbilisi would deter the Russians. Talk would not, period. With CAPs in the region, the only way trouble starts is if Russian aircraft violate the restrictions we establish. CAPs would also allow us to begin moving more humanitarian material and equipment into Georgia with less immediate threat to that material and equipment - like those Humvees towed away. Yes, we will be going to have to take some risks there if we expect to thwart the Russians and preserve our ally and our word. Just a few F-22/AWACS combos from Turkey would have made the Russian Airforce over Georgia cry like babies. They would have zero chance and they know that. That's the only reason they easily rolled over Georgia. It was airpower - and the nonexistent air-defense by Georgia. Look at that rubbish in their columns - but they just had sheer numbers over Georgia. Just the nearby presence of any F-22s and their Sukois or MiGs would not have had pleasure-flights… I'm - all that's my personal opinion - sad that this has not been done, but I understood that our leaders choose that showing flags by C-17s and the Navy is for the moment all we will do to show trustworthiness…

Europe? It plays no role in that, just paying 'Gazprom' at their pipes. But you've explained that you have national-elections too - just contrary that in your country one can even win by damaging military-capabilities…! But we both should also see that Ivan might have managed to wake up a few people before our elections and demonstrate to them that change is not always a change for the better. That's good. And concerning defence - there is still nothing like a free lunch. Just my two points..."

Dem ist ebenfalls nicht viel hinzuzufügen. Zwar ist hierzulande der sofortige Beißreflex verbreitet, die - wiewohl sympathisierende - US-Administration führe Präsident Saakaschwili bei jeder Bewegung die Hand wie den Geistern im ‚Haunted Mansion' - die das strikt verneinende Offizierin und ihre Kollegen machten aber den erfrischenden Eindruck, viel über die Kaukasus-Region zu wissen (sichtlich aber auch über uns ). Kein Wunder, laufen doch in der "Special Operations School" dauernd Background-Kurse über alle - für die USA relevanten - Regionen der Welt. Doch davon später mehr auf dieser Seite...

Abschließend sei hier vermerkt, dass - natürlich nicht von der politisch-militärischen Bedrohungslage her - wohl aber punkto Terrain, Ignoranz der Robustheit eigener Luftmittel, Panzerlastigkeit in der Führung oder vernachlässigter GBAD- und Kommunikationsmittel etwaig empfundene Ähnlichkeiten mit Österreich - wie sagt man? - "rein zufällig und unbeabsichtigt" sind...

Georg MADER für www.airpower.at


Annex1: Verlustzahlen:

Nach Angaben der Komsomolskaja Prawda - sie bot in der Kürze die kompletteste Aufstellung - betrugen die Verluste beider Seiten bei...:

Militärangehörigen:
Georgien: 380 Gefallene, 750 Verwundete
Südosseten: 70 Gefallene, 300 Verwundete
Russland: 64 Gefallene, 370 Verwundete

Flugzeugen:
Georgien: 12 (6 abgeschossen - davon 1 Su-25 durch Su-27 und je eine durch russische ‚Igla' bzw. ossetische ‚Igla' - 3 An-2 und 3 L-29 am Boden zerstört)
Südosseten: -
Russland: 4

Hubschraubern:
Georgien: 27 (alle)
Südosseten: -
Russland: 5

Luftabwehrsystemen:
Georgien: 32
Südosseten: 4
Russland: 2

Kampfpanzern:
Georgien: 37 + 40 erbeutet
Südosseten: 5
Russland: 2

Panzerfahrzeugen:
Georgien: 85 + 60 erbeutet
Südosseten: 12
Russland: 10

Artillerie:
Georgien: 240
Südosseten: 14
Russland: 6

Ungepanzerten Fahrzeugen:
Georgien: 85 + 40 erbeutet
Südosseten: 17
Russland: 12


Geschichte! Alle georgischen Hubschrauber dürften zerstört worden sein - hier noch Mi-8/-17 und Mi-24/-35 bei einer Parade 2007 über Tiflis. (mod.gov.ge)
Das georgische Inventar - samt taktischer Nummern - war..:
- Su-25: 03, 07, 16, 17
- Su-25KM: 18, 22, 23
- Su-25UB: 20, 21
- L-39: 71, 72, 73, 74
- Mi-24V: 01, 02, 03, 05, 06, 09
- Mi-24P: 04, 07, 08
- Mi-8T: 06, 09, 10, 19, 32, 41, 45, 46
- Mi-14: 07 and 08
- UH-1: 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27

Die Georgier hatten erst seit kurzem sechs Systeme 9K33 'Osa' (SA-8B 'Gecko'). Russische Flieger hatten über ihre Einsatzbereitschaft keinen gesicherten Status - und letztlich wurden die mobilen GBAD-Fahrzeuge ohnehin intakt erbeutet. (Georg Mader)


Annex2: Links


Die russischen Lufteinsätze über Georgien, eine sehr komplett scheinende Übersicht - des georgischen Verteidigungsministeriums:
-> http://www.mod.gov.ge

Hier Links zu zwei - die letztlich immer gleiche Realität eines Krieges wiedergebenden - Fotosammlungen zum Krieg in Südossetien, welche von Arkadij Babtschenko stammen. Er ist einer der Herausgeber des russischen Kriegsveteranen-Almanachs "Art of War". Arkadij ging mit den Truppen der 58. Armee auf die Route Wladikawkaz - Zchinwali - Zemo Nikozi - Gori und nahm als Fotograf an der 'Schlacht' um das georgische Dorf Zemo Nikozi teil. Die russische Spitze stieß dort - etwas unbekümmert - auf starken Widerstand. Arkadij nahm in Folge auch an Luftlandungen teil. Der Chef des "Art of War", Ilja Plekhanow, hat das Material bearbeitet und online gestellt.
-> http://www.navoine.ru/forum/viewtopic.php?p=551 und
-> http://www.milkavkaz.net/

Der aus der Zeit der Balkan-Kriege vielleicht noch erinnerliche ‚Venik' hat zum gegenständlichen Konflikt einen wirklich Respekt gebietenden und auch ausgewogenen ("Idiots on both sides...") Report abgeliefert:
-> http://www.aeronautics.ru/

Befreundeter Link zu georgischer Aus- bzw. Aufrüstung und die ossetisch-abchasischen Sezessionskriege von 1992-1993:
-> http://www.acig.org/

Kritik von GenLt. Netkatschew und anderen ehem. russischen Befehlshabern:
-> http://www.snipershide.com/

Abschließend noch eine Betrachtung der Georgien-Krise in der Sicht neutraler Länder, bzw. des finnischen OSZE-Vorsitzenden. Schweden überlegt Erhöhung des Verteidigunsetats und im PISA-Bildungsmusterland Finnland denkt man wieder laut über einen NATO-Beitritt nach. Und Batterien waren Hrn. Stubb wichtiger als der "neutrale Hut"...:
-> http://diepresse.com