Der Bundespräsident der Republik Österreich ist nicht nur Staatsoberhaupt und Vertreter der Republik nach Aussen, sondern auch Oberbefehlshaber des Bundesheeres.
Um die jeweilige Interpretation dieser Aufgabe durch die drei WahlwerberInnen zu verdeutlichen hat airpower.at gemeinsam dreizehn Fragen formuliert und auch von allen Kandidaten entsprechende Antworten erhalten. Wir danken angesichts der vielen Termine in der heißen Phase des Wahlkampfes dafür ausdrücklich und sind - gerade als winzig kleines, unabhängiges und freies Medium - sehr stolz, unseren Usern bzw. der Community diesen ur-demokratischen Service anbieten zu können.
Die Antworten in der Reihenfolge des Einlangens:
Dr. Rudolf Gehring
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Bundespräsident Dr. Heinz Fischer
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Barbara Rosenkranz
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In der Öffentlichkeit ergibt sich der Eindruck, die Rolle des österr. Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber des Bundesheeres erschöpft sich im Abschreiten der Garde mit ausländischen Staatsgästen samt den beiden Adjutanten. Ist dieser Eindruck falsch, bzw. wo bzw. als wie wichtig sehen Sie diese Rolle heute angesiedelt..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Der Eindruck mag in der Öffentlichkeit durchaus so entstehen. Wegen der sicherheitspolitischen Situation, in der sich Österreich befindet, ist aber die Aufgabe des Präsidenten als Oberbefehlshaber im Kriegsfall eine aus der Historie gewachsene für die Sicherheit unseres Landes entscheidende Aufgabe, aus der auch eine Verantwortung für Friedenszeiten resultiert.
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Barbara Rosenkranz
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Der Bundespräsident muss jedenfalls zum Bundesheer stehen und für dessen Interessen eintreten. Besonders wenn es darum geht, den in der Verfassung verankerten Auftrag der umfassenden Landesverteidigung zu sichern. Der Demontage des Österreichischen Bundesheeres würde ich als Bundespräsidentin mit Entschlossenheit entgegen treten und den verantwortlichen Minister auf die Notwendigkeiten der Landesverteidigung hinweisen, auch wenn er aus der eigenen Partei käme. Dazu ist es natürlich auch nötig, das Heer mit jenen Budgetmitteln auszustatten, die es in die Lage versetzen, seinen verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen. Auch die Präsenz bei der Truppe gehört zu meinem Amtsverständnis, denn das Bundesheer muss im öffentlichen Ansehen wieder aufgewertet werden.
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Dr. Heinz Fischer
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Mir liegen keine Informationen vor, wonach sich in der Öffentlichkeit der Eindruck ergäbe, die Rolle des Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber des Bundesheeres würde sich im Abschreiten der Garde mit ausländischen Staatsgästen erschöpfen. Im Gegenteil ist der Öffentlichkeit bewusst, dass wichtige Fragen der Landesverteidigung im verstärkten Maß außenpolitische Komponenten aufweisen.
Daher ist der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheeres im Sinne seiner verfassungsmäßigen Kompetenz vom Bundesminister für Landesverteidigung über militärisch wichtige Vorgänge zu informieren.
Wichtige militärische Vorgänge in diesem Sinn betreffen:
- § 24 Abs. 3 sowie § 28 Abs. 2 WG (Einsatzpräsenzdienst für mehr als 5000 Wehrpflichtige, Aufschub der Entlassung aus dem Präsenzdienst für mehr als 5000 Wehrpflichtige).
- Art. 23 f B-VG gestützte militärische Maßnahmen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und über Auslandseinsätze gemäß dem Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland.
- Grundsätzliche Angelegenheiten der Heeresorganisation, der Garnisonierung und der Benennung der Truppen betreffend.
- § 6 Abs. 4 Z. 3 WG (Beförderung von und zu Offizieren)
- Art. 79 Abs. 2 Z. 1 bis 2 B-VG (Inanspruchnahme des Bundesheeres durch die gesetzmäßige zivile Gewalt)
- Art. 79 Abs. 5 B-VG (selbständiges militärisches Einschreiten).
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Internationale Beobachter, sicherheitspolitische Magazine und (Militär)Diplomaten beklagen bzw. sind erstaunt darüber, dass Sicherheitspolitik und Heeresbelange in Österreich NICHT aus den Niederungen der Tages- und Parteipolitik herausgehalten werden, im Gegensatz zu den meisten mit uns vergleichbaren Ländern. Stört Sie dieser Befund..?
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Dr. Rudolf Gehring
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JA, das Militär sollte GRUNDSÄTZLICH überparteilich im Interesse Österreichs beurteilt und danach behandelt werden.
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Barbara Rosenkranz
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Tagespolitische Diskussionen dürfen durchaus auch über das Bundesheergeführt werden. Jede Partei soll ihren Standpunkt vertreten können. Wichtig ist allerdings, dass die zentralen Ämter des Staates mit Personen besetzt sind, die zur Landesverteidigung stehen.
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Dr. Heinz Fischer
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Österreich ist eine demokratische Republik, daher ist auch die Sicherheits- und Verteidigungspolitik Teil des demokratischen Diskurses. Der Bundespräsident hat Diskussionen zur Verteidigungspolitik immer unter staatspolitischen Gesichtspunkten geführt und aus der Parteipolitik herausgehalten. Für andere Diskussionsteilnehmer ist der Bundespräsident nicht verantwortlich.
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Auf diversen Sicherheitskonferenzen, in Referaten etwa an der Landesverteidigungsakademie oder in den wenigen Fachzeitschriften herrscht die sicherheitspolitische Beurteilung vor, dass in Wirklichkeit jeder Konflikt - ob er jetzt im Kaukasus, in Afghanistan oder in Darfur stattfindet - indirekte Auswirkungen auf uns hier hätte. Stimmen Sie dieser Beurteilung zu - und was bedeutet das für unser Land..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Wir kennen ja die Aussage von Herrn Struck, dem früheren dt. Verteidigungsminister, dass …..die Sicherheit der BRD am Hindukusch verteidigt wird…. Mittelbar ist dies richtig, weil in der heutigen Zeit über den Terrorismus Konflikte zu uns gelangen. Ich glaube aber, dass weniger das militärische Engagement als vermehrt die zivile Hilfeleistung in unterschiedlichster Form (Infrastruktur, Bildung) die bessere Abhilfe darstellt.
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Barbara Rosenkranz
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Natürlich kann jeder Konflikt auch Auswirkungen auf Österreich haben. Bei genauer Betrachtung unterscheiden sich die Auswirkungen jedoch deutlich in ihrer Intensität. Wenn Österreich via EU-Mission im Tschad einen teuren Einsatz bestreitet oder in Afghanistan einen Krieg gegen den Terror unterstützte, wirken sich diese Einsätze in erster Linie auf die Interessenlage anderer Staaten aus. Einsätze am Balkan - in unmittelbarer Nachbarschaft zu Österreich - haben hier einen anderen Stellenwert, da sie für Sicherheit und damit für Stabilität in Europa sorgen können. Unsere außen- und sicherheitspolitischen Bemühungen müssen sich an den Interessen unserer staatlichen Sicherheit und auch an unseren Möglichkeiten orientieren.
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Dr. Heinz Fischer
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Es ist wohl unbestritten, dass durch die Globalisierung bedingt jeder Konflikt direkt oder indirekt, mehr oder weniger nachhaltig, Auswirkung auch auf die Staaten Europas hat. Daher kommt es für Österreich darauf an, sicherheitsrelevante Lageentwicklungen frühzeitig zu erkennen, zu beobachten, zu analysieren und adäquate Maßnahmen zu setzen.
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Unsere Innenpolitik allgemein und speziell der derzeitige Ressortminister benutzen ‚NATO' reflexartig als etwas negativ Besetztes, etwas das Österreich irgendwie bedrohe. Auch wir sehen eine Mitgliedschaft derzeit nicht als aktuell, aber Österreich ist i.d. NATO-PfP oder hat z.B. beiden UN-Mandaten für die ISAF in Afghanistan zugestimmt. ISAF ist kein ‚NATO-Krieg', Politiker tun aber gern so. Während sich Einheiten des Bundesheers rühmen, NATO-Standards erreicht zu haben, beklagen Andere - in vielen Postings in Medien - stets ein Sicherheits-Trittbrettfahrer auf Kosten der NATO gewesen zu sein. Waren wir das? Wie sehen Sie das?
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Dr. Rudolf Gehring
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Wenn man sich unser Verteidigungsbudget und unsere Ausrüstung im Generellen ansieht, dann kann man z. B. im Vergleich zur Schweiz oder Schweden nur zur Überzeugung gelangen, dass wir unsere Aufgabe zur Verteidigung des Landes im Anlassfall derzeit nicht ausreichend erfüllen können. Als kleines Land, das noch dazu nach einem verlorenen Krieg erhebliche Wiedergutmachungszahlungen zu leisten hatte, kann man für die langanhaltende Sicherheit in Europa nur dankbar sein, ermöglicht sie es uns doch, mit einem Minimalbudget wenigstens mit einigen Aufgaben (Auslandseinsätze) zu punkten. Ob dies auch eine richtige Strategie für die Zukunft ist, wäre mit Fachleuten zu erarbeiten und hängt auch von der weiteren Entwicklung der EU ab.
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Barbara Rosenkranz
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Österreich hat in der Vergangenheit von der Verteidigungsarchitektur des Westens profitiert. In den letzten Jahren, vor allem seit dem Ende des Kalten Krieges, hat diese Bedeutung aber deutlich abgenommen. Warum? Weil die Nato ihre Kernaufgabe als Schutzbündnis gegen den Sowjet-Kommunismus verloren hat und nunmehr an völlig anderen Interessen ausgerichtet ist.
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Dr. Heinz Fischer
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Mir sind keine Aussagen von Regierungspolitikern bekannt, denen entnommen werden könnte, dass die NATO für Österreich eine Bedrohung darstellt. Die Unrichtigkeit einer solchen Behauptung bestätigen Sie selbst, indem Sie richtiger Weise auf die Mitgliedschaft Österreichs am PfP-Prozess der NATO hinweisen. Österreich ist ein neutraler Staat, was in Entsprechung des Neutralitätsgesetzes u.a. bedeutet, keinem Militärbündnis beizutreten. Aus diesem Grund ist eine NATO-Mitgliedschaft ausgeschlossen.
Der Behauptung, Österreich sei ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer, ist entschieden entgegen zu treten. Österreich ist seit nunmehr 50 Jahren bei internationalen Eisätzen engagiert und gemessen an seiner Bevölkerungszahl einer der größten Truppensteller.
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Auf europäischer Ebene sehen viele Politiker - von Westerwelle (FDP) bis Cohn-Bendit (G) - in vielleicht 20 Jahren eine ‚EU-Armee' (mit NATO-Ländern und Neutralen) als Endziel der gem. Lissabon-Vertrag projektierten GSVP. Hier tun Manche so, als ob das schon ‚ums Eck' wäre und man daher nichts mehr für das Bundesheer tun müsse. Wäre eine EU-Armee auch für Sie Endpunkt der Verteidigungspolitik eines deklariert Neutralen bzw. teilen Sie den Weg dorthin..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Die würde aber erfordern, dass wir Österreicher auch unsere Neutralität formell beenden. Diese Möglichkeit sehe ich zurzeit nicht, auch wenn die Neutralität juristisch "durchlöchert" ist. Selbst wenn wir uns in Europa voll integrieren würden, hätten wir dennoch unseren Beitrag zu einer funktionsfähigen EU-Armee zu leisten.
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Barbara Rosenkranz
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siehe Antwort auf die nächste Frage
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Dr. Heinz Fischer
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In Sicherheits- und Verteidigungsangelegenheiten entscheidet jeder EU-Staat - also auch Österreich - souverän, an welchen Initiativen und Vorhaben er mitwirkt. Daran ändert auch der Lissabon-Vertrag nichts. Eine EU-Armee ist nicht projektiert.
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Das B-VG zur immerwährenden Neutralität wird gerade von Politikern aus Ihrem Background als auch von Zeitungsherausgebern hochgehalten. Fast deckungsgleich dieselben Kräfte entfesselten jedoch bislang gegen jede selbst im EU-Vergleich minimalste Beschaffung zum Zwecke der - auch im Wehrgesetz definierten - Dokumentation dieser Neutralität bzw. Souveränität, einen anderswo undenkbaren Feldzug. Wie glaubhaft ist für Sie eine nur als Begriff ‚gehandhabte' Neutralität, die aber offenbar ja nichts kosten darf..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Wollen wir die Neutralität, so ist sie glaubhaft zu verteidigen, Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit sind jene Werte, die von Politikern und Presse - wie überall - hochzuhalten wären. Hier sehe ich hinsichtlich Neutralität und Wehrfähigkeit echten Verbesserungsbedarf.
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Barbara Rosenkranz
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Natürlich ist das Bundesheer kein Auslaufmodell! Jedoch wird man dringend diese grundlegenden Fragen europäischer Sicherheitspolitik offener und ehrlicher diskutieren müssen. In der Frage der Neutralität ist ein unehrliches Spiel zu bemerken. Zuerst wurde den Österreichern versichert, dass sie trotz stärker werdender europäischer Integration unberührt bleibe, mittlerweile schwenkt man darauf um, zu erklären, dass wir ohnehin schon lange keine echte Neutralität mehr haben. Gerade nach der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon steht die Frage im Raum, wie der Begriff wieder mit Leben erfüllt werden kann. Dazu gehören natürlich auch die entsprechenden Mittel. Motto: "Solidarisch in Europa, neutral in der Welt"
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Dr. Heinz Fischer
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Für den über den Parteien stehenden Bundespräsidenten gibt es keine "ihm nahestehenden" Parteien, deren Haltung der Bundespräsident zu interpretieren hätte. Was die Beschaffungspolitik innerhalb der von der Regierung und vom Bundesfinanzgesetzgeber gesetzten Grenzen betrifft, kommt einer verantwortungsvollen und korrekten Abwicklung von Beschaffungsvorhaben größte Bedeutung zu. Ich bin davon überzeugt, dass die Ressortleitung des BMLVS im Bewusstsein dieser Maxime handelt.
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Es entsteht zuletzt laufend der Eindruck, unsere politische wie militärische Führung könne bzgl. sicherheitspolitischer Entwicklungen 20 oder 30 Jahre in die Zukunft sehen! Munter wird in Kleinformaten die Beschneidung oder Abschaffung militärischer Kompetenzen erklärt. Viele Soldaten sagen uns aber, dass heutige komplexe Systeme und Fähigkeiten - nie beschafft oder einmal abgeschafft - nie mehr wiederkehren. Sehen Sie mutig ebenso weit in die Zukunft, bzw. was an erhaltener Kompetenz des Bundesheeres ist für Sie als Kandidat für dessen Oberbefehl wünschenswert..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Diese Frage kann ich zurzeit (noch) nicht beantworten, sehe es aber für zweckmäßig an, jene Funktionen verstärkt zu sichern, welche unserem Land im Anlassfall am meisten nutzen.
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Barbara Rosenkranz
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Die Diskussionen über das Bundesheer werden häufig sehr kurzsichtig geführt, hier bedarf es eines korrigierenden Elements in der Debatte. Dass die Abschaffung ganzer Waffengattungen diskutiert wird, ist schlicht inakzeptabel. Als Bundespräsidentin könnte ich diese Rolle übernehmen, da dieses Amt aufgrund der direkten persönlichen Wahl ein besonderes Gewicht hat. Auch kurzfristige Schwankungen des öffentlichen Meinungsbildes haben keinen Einfluss auf das Bundespräsidentenamt.
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Dr. Heinz Fischer
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Der Verteidigungsminister und der Außenminister haben sich richtiger Weise für die Überarbeitung der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin ausgesprochen. Dies bedingt naturgemäß auch eine Beurteilung der (potenziellen) Bedrohungen. Davon sind in der Folge jene Maßnahmen, Kräfte und Mittel abzuleiten die geeignet erscheinen, unsere Heimat und seine Bevölkerung zu schützen.
Eine der Aufgaben der militärischen Führung ist es, die Entwicklung in allen zur Auftragserfüllung relevanten Bereichen zu beobachten, entsprechende Beurteilungen vorzunehmen und daraus die Erfordernisse für Einsatzverfahren, Ausbildung, Beschaffungen von Waffen und Gerät sowie Personalmaßnahmen abzuleiten. Dies bedeutet selbstverständlich auch zu beurteilen, ob Waffensysteme, die aktuell im Bundesheer in Verwendung stehen und dazu dienten, potenziellen Bedrohungen der Vergangenheit zu begegnen, auch den aktuellen Erfordernissen sowie den möglichen Konfliktszenarien, mit denen wir uns in 20 oder 30 Jahren konfrontiert sehen könnten, noch entsprechen.
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Natürlich überlagert zurzeit die noch immer wirkende Finanz- und Wirtschaftskrise auch in anderen Ländern die Belange der Streitkräfte. Unser derzeitiger Bundeskanzler hat aber schon am Tage seiner Angelobung (!) in der PRESSE gesagt, würde man in seiner Partei ein Ranking machen - Landesverteidigung wäre dort sicher ‚das Letzte'..! Würden Sie sich in ihrer Rolle bei solchen ‚Sagern' zu Wort melden bzw. auch bei Angelobungen das persönliche Profil von vorgeschlagenen Ministern zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik abfragen bzw. thematisieren..? (à Bspl.: Klestil / Kabas)
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Dr. Rudolf Gehring
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Ja, denn das untergräbt die Moral der Truppe. Ich hätte Herrn Darabos nicht angelobt, das habe ich bereits kundgetan.
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Barbara Rosenkranz
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Es ist schon sehr überraschend dass gerade jemand, der sich geweigert hat, den Wehrdienst abzuleisten, ausgerechnet zum Verteidigungsminister vorgeschlagen wird. In dieser Situation würde ich Vertreter der Partei, die einen solchen Kandidaten nominiert, zu mir bitten und mir die Argumente genau erklären lassen. Von der Stichhaltigkeit dieser Argumente würde ich eine Angelobung abhängig machen.
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Dr. Heinz Fischer
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Die Größe der Ausgaben für Landesverteidigung im Verhältnis zu einem (gekürzten) Gesamtstaatshaushalt ist von der Bundesregierung dem Nationalrat vorzuschlagen und vom Nationalrat als Finanzgesetzgeber zu bewilligen.
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Im Gegensatz zu ähnlich wohlhabenden Ländern wurde das Bundesheer - von allen Regierungen - budgetär knapp vor dem Erstickungstod gehalten. Manche Technologien, bzw. ganze nachfolgende Generationen konnten daher überhaupt nicht mitgemacht werden. Nun aber wird ‚die Krise' - wie für so Vieles - nochmals dazu benutzt bis 2014 eine halbe Milliarde (!) dort großkoalitionär einzusparen, wo nur mehr potjemkinsche Dörfer stehen… Was sagen Sie zu dieser weitgehend unwidersprochenen Demontage, bzw. würden Sie sich als Oberbefehlshaber dazu aus eigenem Antrieb zu Wort melden?
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Dr. Rudolf Gehring
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Aus allen meinen Aussagen kann entnommen werden, dass ich dem Österr. Bundesheer sehr positiv gegenüberstehe und auch bereits in Friedenszeiten auf Funktionsfähigkeit und damit gute Ausstattung aus eigenem Antrieb achten würde.
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Barbara Rosenkranz
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Das Staatsoberhaupt, der Bundespräsident, führt gemäß Art 80 B-VG den Oberbefehl über das Bundesheer. Somit ist es auch seine Verpflichtung, sich im Sinne des Bundesheeres und des Schutzes Österreichs zu Wort zu melden. Dass die Demontage unwidersprochen bleibt, kann ich jedoch nicht bestätigen. Die Nationalratsfraktion der FPÖ hat im Februar 2009 mittels "Dringlichem Antrag", im April 2009 mit der Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates, während der Budgetverhandlungen im Frühjahr 2009 und mittels Misstrauensantrag gegen den Bundesminister für Landesverteidigung im März 2010 sehr wohl ihre Stimme erhoben und die fortschreitende Fehlentwicklung immer wieder kritisiert.
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Dr. Heinz Fischer
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Ich weise die Behauptung, dass es sich beim Österreichischen Bundesheer und seinen Einrichtungen "längst nur mehr um potjemkinsche Dörfer" handelt, zurück. Größte Sparsamkeit beim Bundesheer und in anderen Ressorts verdient es nicht, in dieser Weise beschrieben zu werden. Es handelt sich übrigens beim österreichischen Staatshaushalt nicht um "großkoalitionäre Einsparungen", sondern um Einsparungen, die aus sachlichen Gründen im Zusammenhang mit der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 80 Jahren notwendig geworden sind und die Österreich zu einer Zeit treffen, wo wir glücklicherweise von Nachbarstaaten umgeben sind, mit denen wir ausnahmslos korrekte und freundschaftliche Beziehungen haben, sodass das Bedrohungspotential ein ganz anderes ist als zur Zeit des kalten Krieges.
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Alle Kandidaten plakatieren überall ‚Werte'. Welche würden Sie im evidenten Fehlen von geistiger Landesverteidigung gerne geändert sehen - z.B. in der Bildung? Das äußert sich etwa darin dass z.B. das bündnisfreie und sozialfürsorglich ähnlich gut verwaltete Finnland regelmäßig PISA-Sieger ist - und trotzdem (mit halb so großer Bevölkerung) über 60 Abfangjäger betreibt. Unser Land droht hingegen an 24, 18 oder 15 schlicht zu scheitern. Jenes Werte-Beispiel funktioniert mit Schweden oder der Schweiz auch, niemand würde dort ‚Luxusausführungen' thematisieren...
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Dr. Rudolf Gehring
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Unter Werte verstehe ich nicht marxistische oder deutsch-nationale Grundhaltungen, sondern zunächst das christliche Menschenbild mit den Grundsätzen der Personalität Solidarität, Subsidiarität und dem Gemeinwohl. Diese gelten auch für unsere Landesverteidigung. Die positive geistige Einstellung hierzu sollte jedenfalls bereits in den Schulen vermittelt werden. Ihr Beispiel zeigt deutlich, dass es am Finanziellen nicht fehlen sollte und auch nicht zu fehlen braucht, würden die politisch Verantwortlichen ihrer Verantwortung für unser Land nachkommen.
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Barbara Rosenkranz
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Als Bundespräsidentin würde ich besonders die geistige Landesverteidigung forcieren. Das Verständnis in der Bevölkerung für das Heer sowie das Ansehen der Berufssoldaten und Grundwehrdiener in der Gesellschaft muss wieder hergestellt werden. Aber es gilt auch zu vermitteln, dass ein funktionierendes Bundesheer Geld kostet.
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Dr. Heinz Fischer
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Die Frage nach dem von mir plakatiertem Wahlkampfmotto hat mit meiner Tätigkeit als Bundespräsident nichts zu tun, aber ich benutze gerne die Gelegenheit um klarzustellen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass ein Staat oder eine Gesellschaft, die von der Bevölkerung mit der Waffe und unter Opfern im schlimmsten - also im Kriegs-Fall verteidigt werden soll, ein Staat sein muss, der auf Werten aufbaut. Dass ich zu diesen Werten vor allem die Menschenwürde und daher auch die Ablehnung von Rassismus und Menschenfeindlichkeit, aber auch die Demokratie und das Prinzip der Gerechtigkeit zähle, habe ich dutzende Male im Fernsehen und in den Medien klargestellt, und ich glaube, dass es von größter Wichtigkeit für das Bundesheer ist, dass sich der Bundespräsident zu einer auf Werten beruhenden Gesellschaft bekennt, die es wert machen, diese Gesellschaft zu verteidigen.
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Besonders aktuell eine Frage hart am Buchstaben der Verfassung, der Gewaltenteilung: Die Verwendung von Soldaten für polizeiliche Unterstützung im Inneren. In der Verfassung steht nichts von Gefühl. Rechtfertigt für Ihr Rechtsverständnis jenes ‚subjektive Sicherheitsgefühl' in einer bestimmten Region einen nicht gerade billigen Einsatz, versus Bedenken etlicher Verfassungsrechtler? Zumal jene nur schwer von Regionalwahlen zu trennende ‚Grenzwacht' von allen Steuerzahlern in ganz Österreich aufgebracht wird. Wenn es das rechtfertigt, sollten die Kosten dafür wenigst vom Innenressort übernommen werden?
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Dr. Rudolf Gehring
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Auch wenn Ihre Frage suggestiv gestellt ist, muss ich Ihnen inhaltlich Recht geben. Nach der Gewaltenteilung ist das Bundesheer für den Schutz gegen Feinde von außen zuständig. Der "unterstützende" Grenzeinsatz ist m. E. politischer Missbrauch und sollte grundsätzlich eingestellt werden. Es ist Sache des Innenministeriums, diese Aufgabe zu erfüllen.
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Barbara Rosenkranz
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Der Assistenzeinsatz hat nur im Zusammenspiel mit Grenzkontrollen Sinn. Daher fordere ich auch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, bis sich die Sicherheitslage in Österreich wieder entspannt hat. Der Schengen-Vertrag erlaubt eine befristete Wiedereinführung von Grenzkontrollen in besonderen Situationen. Die überbordende Kriminalität sorgt zweifellos für eine solche Situation.
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Dr. Heinz Fischer
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In Entsprechung der im Art. 79 Abs.2 Z.1 lit. a und b normierten Aufgaben des Bundesheeres führt dieses gem. §2 (1) lit. b WG 2001 einen Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz durch, um die Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Deliktsbereiche in den Regionen zur Slowakischen Republik und zur Republik Ungarn zu unterstützen. Dieser Einsatz ist gesetzeskonform und entspricht dem politischen Willen.
Ich möchte noch hinzufügen, dass es mir wertvoll und wichtig erscheint, dass jenen Personen, die der Bevölkerung im Osten Österreichs dauernd Angst zu machen versuchen und die aus Unsicherheitsgefühlen politisches Kapital zu schlagen versuchen, durch die gute Zusammenarbeit des Innenministeriums mit dem Landesverteidigungsministerium bei der Schaffung von objektiver Sicherheit und subjektivem Sicherheitsgefühl ein Strich durch die Rechnung gemacht wird.
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Ist es für Sie weiterhin zu rechtfertigen, das der Staat einem - nur männlichen - Rekruten mit der Zwangsmaßnahme Wehrpflicht zum Dienst im Heer (oder Ersatzdienst) ins junge Leben eingreift, ihm ein Gelöbnis abverlangt dieses Land "mit der Waffe zu verteidigen" - wenn die obersten Spitzen der zuständigen Institution (Generalstabschef wie Offiziersvereinigung) zuletzt wiederholt öffentlich erklären nicht einmal mehr die unterste Ebene an Fähigkeiten darstellen zu können..? Was würden Sie einem jungen Mann antworten der Ihnen dazu schreibt..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Ich halte es im Interesse unseres Landes für richtig, das Gelöbnis zu leisten und würde dem jungen Mann sagen, dass ich mich als Bundepräsident dafür einsetzen werde, unser Bundesheer wieder zu höherem Ansehen zu verhelfen.
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Barbara Rosenkranz
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Ich würde natürlich das Bekenntnis zur verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Landesverteidigung von jedem Amtsträger genauso einfordern, wie von einem Rekruten. Nachdem es mein Ziel ist, die Hofburg zu öffnen, würde ich ihm auch ein persönliches Gespräch mit der Bundespräsidentin anbieten.
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Dr. Heinz Fischer
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Jedem jungen Staatsbürger, der seiner Wehrpflicht nachkommt und jeder jungen Staatsbürgerin, die auf freiwilliger Basis den Soldatenberuf ergreift, ist dafür zu danken, dass er bzw. sie sich zum Dienst an der Gesellschaft unserer Republik bereit erklärt. Österreich braucht diese jungen Menschen und Österreich ist es wert, sich dafür einzusetzen. Dies ist den Wehrpflichtigen immer wieder zu verdeutlichen und dies trachte ich selbst stets im Wege von Tagesbefehlen, entsprechenden Aussagen im Rahmen von Ansprachen und Reden, aber auch bei den vielen Truppenbesuchen zu vermitteln.
Ich selbst habe meinen Präsenzdienst beim Bundsheer als junger Student zu einem Zeitpunkt geleistet, als das österreichische Bundesheer einerseits um Lichtjahre schlechter ausgerüstet war als das heutige Bundesheer und als andererseits die tatsächliche Bedrohung durch Kriegs- und Aggressionsgefahr in unmittelbarer Nachbarschaft zu den kommunistischen Diktaturen des damaligen Ostblocks um ein Vielfaches höher war als heute.
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Abschließend: Neigen Sie für die Zukunft 1) einem eher kleinen Berufsheer zu, welches irgendwann in einer EU-Armee aufgeht oder
2) einem Wehrpflichtigenheer mit Milizcharakter welches in Umfang und Stärke gem. volkswirtschaftlicher und EU-Eckdaten - wie eine Art Versicherung - stets aufrecht erhalten werden muss oder
3) dem oft geäußerten Gedanken zu, bis auf eine technische Katastrophenhilfstruppe und einem Element für internationale UN- und EU-Einsätze, alles andere abzuschaffen - weil es für Österreich ohnehin keinerlei Bedrohungen mehr gibt..?
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Dr. Rudolf Gehring
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Man sollte auf Sicht durchaus überlegen, ob ein gut ausgestattetes Berufsheer mit den für Österreich sinnvollen Funktionen eine Alternative wäre, oder ein Milizsystem zweckmäßiger sein könnte. Die Beantwortung der Frage hängt aber auch mit der künftigen Entwicklung in Österreich zusammen, die in einigen vorgenannten Punkten bereits angesprochen worden sind. Der unter 3 dargestellte Ansatz entspricht nicht meinen Intentionen.
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Barbara Rosenkranz
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Ich bekenne mich zur allgemeinen Wehrpflicht und befürworte daher die Variante 2
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Dr. Heinz Fischer
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Die hier gestellte Frage ist in den letzten Jahrzehnten immer wieder diskutiert worden und es ist bis heute so, dass letzten Endes die Argumente für die allgemeine Wehrpflicht stärker sind als die Argumente für ein Berufsheer. Der guten Ordnung halber darf ich noch hinzufügen, dass solche Entscheidungen nicht auf Grundlage von persönlichen "Neigungen" zu treffen sind, sondern dass es sich um grundlegende Weichenstellungen handelt, für die eine sachorientierte Diskussion und das Zusammenwirken der verfassungsmäßig zuständigen Organe erforderlich ist.
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Zum Abschluss eine Bitte des airpower.at Teams an alle, die diese Seite lesen:
Machen Sie von Ihrem geheimen, demokratischen Wahlrecht gebrauch und gehen sie wählen. Es gibt noch immer Milliarden von Menschen auf diesem Planeten, welchen dieses Recht vorenthalten wird!
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