Der Preis der Eurofighter
airpower.at Zugabe zum Zahlensalat

Share |
Und er fliegt doch in Eiseskälte. Gibt manchen der das immer noch nicht glauben will. Und der Grund dafür sind Parlamentarier die sich nicht um Wortspenden zu schade sind obwohl sie von der Materie nicht die geringste Ahnung haben - selbst wenn sie diese als Bereichssprecher eigentlich haben sollten. Hauptssache der Boulevard wird befriedigt.
Siehe Preisdiskussion - dies hat sich nicht geändert....
Foto: Geoffrey Lee

"Systemkosten" im Bild festgehalten
Das Eurofighter-Simulatorgebäude in Zeltweg.
Foto: Geoffrey Lee

Seit der Grüne Abgeordnete Pilz aus der Beantwortung einer Anfrage im deutschen Parlament als Preis für einen Eurofighter die Summe von € 57.000.000 entnehmen konnte und seither versucht das Verhandlungsergebnis der Österreicher als möglichst desaströs darzustellen füllen Eurofighter Artikel wieder die Medien.
Gar nicht so leicht zu ermitteln was so ein Flugzeug kostet. Das fängt an bei der Frage ob man die Entwicklungskosten mit einberechnet. Geht dann weiter mit der Frage wie man unterschiedliche Ausstattungsmerkmale so miteinberechnet oder weglässt, dass man gleiches mit gleichem vergleicht und nicht ein "nacktes" Flugzeug mit einem voller "Extras". Und neben vielen weiteren Dingen endet das dann auch mit der Frage wie man in dieser Rechnung die Unterschiede im Steuerrecht der Eurofighter-Länder handhabt.

Kurz und knapp, jede ohne Erklärung, aus dem Zusammenhang gerissene oder gar in offiziellen Papieren so nie genannte und ins Publikum geworfene Zahl ist faktisch wertlos.
Boulevardpresse ist laut Wikipedia eine emotionalisierte Berichterstattung, in der Informationen vorenthalten oder pauschalisiert und Sachverhalte verkürzt oder verzerrt dargestellt werden - genau das findet hier statt.

airpower.at hat in "uralten" Unterlagen gekramt. In Verschlusssachen die wir eigentlich gar nicht haben dürften, die uns in all den Jahren der Eurofighter-Boulevardberichterstattung zugeflogen sind und aus denen wir jetzt zitieren und zwar nicht verzerrt und pauschaliert.

Beginnen wir wo es Sinn macht - am Anfang

Am 9. Juli 1984 beschlossen die Verteidigungsminister aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Spanien und Italien in Madrid die Aufnahme von Durchführbarkeitsstudien für den EFA(European Fighter Aircraft)/Jäger90. Als Bedarf standen 1.065 Maschinen am Papier. Drei Monate später ging es los. Die Luftwaffenchefs der genannten Länder unterzeichneten in Rom das "European Staff Target" und gaben so ihr GO für Industriestudien. Der Deutsche Anteil an dieser Konzept- und Definitionsphase betrug € 416 Mio. und war 2001 abbezahlt.

Daran anschließend lief ab 1988 die Entwicklung des Eurofighters. Am 23. November 1988 vergab die NEFMA im Namen von Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien die Entwicklungsaufträge an die Industrie.
Für den Deutschen Anteil lag die Kostenobergrenze zum Preisstand Dez.87 bei € 2.991 Mio. Inklusive Kostenaufwuchs durch eine Reorientierung des Programms (vom Jagd- zum Mehrzweckkampfflugzeug), der mit 3,5% veranschlagten jährlichen Preisfortschreibung für nichtbezahlte Programmanteile und der mitten drin erlebten Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland erwuchsen dem deutsche Steuerzahler bis Ende 2001 Entwicklungskosten in Höhe €3.974 Mio. wovon zu diesem Zeitpunkt € 206 Mio. noch offen waren (und eben dieser Preisfortschreibung noch unterlagen).

Rekapituliere - der Deutsche Anteil an den Konzept-, Definitions- und Entwicklungskosten für den Eurofighter beträgt somit gesamt € 4.390 Mio. Umgelegt auf 180 bestellte Flugzeuge für die deutsche Luftwaffe macht das € 24,38 Mio. pro deutschem Serien-Eurofighter - und das bevor die Produktion überhaupt beauftragt ist.

Dieser Auftrag folgt Ende Jänner 1998. Als Kostenobergrenze für die Eurofighter-Beschaffung wurden in Deutschland € 11.843 Mio. beschlossen. Davon waren bis Ende 2001 erst € 2.547 Mio. bezahlt und über die Preisfortschreibung bzw. aufgrund einer weiteren Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland noch € 10.770 Mio. offen.

Vollkommen konträr zu Österreich wurden die deutschen Eurofighter ursprünglich ohne das elektronische Selbstverteidigungssystem "DASS" bestellt. Zwei Jahre danach kam in Deutschland die Erleuchtung, dass ein Kampfflugzeug ja doch so etwas braucht. Die Anpassung der bestellten deutschen Eurofighter an DASS kostete somit nachträglich weitere € 188 Mio. die Beschaffung der DASS System selbst schrieb sich mit zusätzlichen €1.310 Mio. in die Bücher. Ein weiteres Jahr später kamen noch mal € 34 Mio. hinzu welche die Beschaffungskosten für die MIDS-LVT Datenlinksysteme der deutschen Eurofighter darstellen.
Wir erinnern uns - Österreich hatte sechs DASS geordert, Darabos hat sie abbestellt. Das ist eben der österreichische Weg der "Erleuchtung". Man macht einen Zivildiener zum Verteidigungsminister welcher sich alsdann berufen fühlt Dinge zu verhandeln von denen er nicht den Hauch eines Schimmers hat. Und das hat inzwischen zur Folge, dass man nur für das Mitführen eines Zusatztanks bereits eine Ö-Version-Software benötigt. Wer erwähnte Dokumente aufmerksam durchliest bekommt ein Gefühl dafür was solche "Anpassentwicklungen" kosten und man darf daher gespannt sein was die gelobte Einsparung unterm Streich am Ende gekostet haben wird. Aber das nur nebenbei....

Kurz und gut - die Kostenobergrenze aller unter Vertrag stehenden deutschen Verpflichtungen im Eurofighter-Programm ohne Bewaffnung betrug im Dezember 2002 € 19.537 Mio. wovon der deutsche Steuerzahler bereits € 6.852 Mio. bezahlt hatte und € 12.685 noch zu bezahlen waren und somit weiterhin der Inflation unterlagen.

So. Und hier enden die hard facts. Bis hierher kann airpower.at jede genannte Zahl auf Dokument samt Aktenziffer nachweisen. (Wär interessant zu wissen wer von den Wortspendern der letzten Tag das noch kann.....) Ab jetzt muss geschätzt werden. Die oben veröffentlichen Zahlen lassen auf einen Kostenaufwuchs in Höhe von ca. 2,6% p.a. für nicht bezahlte Programmanteile schließen. Eingerechnet das was der deutsche Steuerzahler zwischenzeitlich immer wieder von diesem Berg abgetragen hat dürfte die Kostenobergrenze für alles was in Deutschland bis Dezember 2002 im Titel Eurofighter unter Vertrag stand mittlerweile bei knapp € 22 Mrd. liegen. Das sind umgelegt auf 180 Maschinen € 122,22 Mio. pro Stück.

Zu diesem Zeitpunkt (Dezember 2002) waren noch nicht unterzeichnet aber bereits absehbar weitere Kosten in Höhe von € 1.928Mio. für die Integration moderner Lenkwaffen, Beseitigung von Obsoleszenzen, Beschaffung weiterer MIDS-LVT Datenlinksysteme sowi Anpassentwicklungen etc.

Weitere € 1.290 Mio. waren zu diesem Zeitpunkt bereits geplant für die Entwicklung und Beschaffung von Luft/Luft-Lenkwaffen kurzer und mittlerer Reichweite für die deutschen Eurofighter.
Nochmal € 708 Mio. lautete die entsprechende Planung für Luft/Boden-Bewaffnung wobei hier eingeschränkt werden muss, dass hier auch das Waffensystem Tornado mitpartizipiert und somit nicht die gesamte Summe dem Eurofighter angelastet werden darf.

Abschließend darf ohne Übertreibung festgehalten werden, dass die Gesamtkosten des deutschen Eurofighter-Programms inkl. Bewaffnung inzwischen bei deutlich über €25 Mrd. liegen dürften was umgelegt auf die einzelne Serenmaschine eine Summe von € 138,88 Mio. ergibt.

Der österreichische Vergleichwert hierzu ist dem Finanzierungsgesetz zu entnehmen und lautet € 1.969 Mrd. zuzüglich der kolportierten € 11 Mio. für die Beschaffung der IRIS-T Lenkwaffen ergibt das €110 Mio. für jedes der ursprünglich 18 Flugzeuge.

Minister Darabos hat davon 3 Maschinen herausverhandelt und dafür €250Mio. zurück bekommen. Somit lautet die aktuell gültige Rechnung € 115,33 Mio. für jeden der aktuell 15 österreichischen Eurofighter.

Schwächen könnten diese Berechnungen im Bereich des Umfelds der Programm haben. So wäre z.B. zu klären ob und wie weit die Kosten von Modernisierung, Erweiterung, Adaption oder Errichtung von Bauwerken oder sonstigen Systemen die zumindest teilweise mit dem Eurofighter in Verbindung stehen oder durch diese Beschaffungen "mitgenommen" wurde diesem Programm zugerechnet werden darf oder soll. Zumindest zum Teil wären diese für jedes andere System genau so angepasst worden oder haben auch noch andere Nutzer.

Abschließend ist jedenfalls festzuhalten, dass es für €57 Mio. keinen einsatzbereiten Eurofighter zu kaufen gibt - nirgendwo - nicht für die Herstellerländer wie Deutschland und auch nicht für Kunden wie Österreich.
Bestenfalls bekommt man dafür im "duty free" eine Art "1:1 Eurofighter-Gartenzwerg" welchen man sich dann zum anschauen ins Gelände stellen kann und der dann dort langsam verwittern darf weil in diesem Preis absolut gar nichts enthalten sein kann was irgendwie für den Betrieb des Flugzeuges von Nöten ist. Aber wen interessiert das schon im Rahmen der so gelebten und geliebten "emotionalisierten Berichterstattung"....

Martin Rosenkranz für www.airpower.at