"Nicht verfügbar..."

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Anerkennenswerte Offenheit ändert nichts am österreichischen Anachronismus fortgesetzten politischen Negierens sowie in Folge dem militärischen Ausblenden unbemannter bzw. elektronischer Einsatzmittel...

Am 7. September um 10:31 ging eine Pressemeldung des BMLVS via APA-OTS0092 hinaus, betreffend die größte Bundesheerübung dieses Jahres, "European Advance 2010 (EURAD10)" vom 13. - 24. September. Die Übung diene zur allgemeinen Einsatzvorbereitung, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Montenegro, Schweiz, Serbien und Slowenien nehmen daran teil. Weiter unten in der OTS heißt es (u.A.): "Im speziellen werden trainiert: - Zusammenarbeit mit in Österreich nicht verfügbaren Systemen, wie etwa UAV (Unmanned Aerial Vehicle), EW (Electronic Warfare)..."

"Hamma net'! Tjo." Sosehr nun bitte internationale Kooperation und Interoperabilität zu begrüßen bzw. heute zunehmend unverzichtbar sind, hat die trockene - ja fast trotzige - Offenheit dieses vielleicht medial untergegangenen Eingeständnisses schon ihre eigene Qualität. Denn jenes ‚nicht verfügbar' impliziert, dass eine diffuse oder höhere Macht jene beiden Assets dem österreichischen Bundesheer irgendwie vorenthalten würde... Oder dass jene ausgerechnet dem Bundesheer irgendwie nicht zustünden bis hin dass es gar zu deren Einsatz nicht fähig wäre!

Warum jenes Gottesurteil...?

Fürs Bundesheer nicht verfügbares "Made in Austria" UAV

Da war doch was....

Nichts könnte falscher sein. Nicht dass unsere Militärs nichts über all diese Dinge wüssten, keineswegs. Einerseits gibt es in der Fernmeldetruppenschule bzw. in Langenlebarn sehr wohl Grundlagen-Spezialisten für EW und Österreich war sogar mit einem ‚Jammer' (Störer) an der jüngsten EW-Übung ‚Elite' in Deutschland beteiligt. Andererseits existiert in Österreich sogar ein erfolgreicher Weltmarkt(nischen)führer im Segment unbemannter Luftfahrzeuge. Jener hat x-mal seine Produkte präsentiert und teils großen Eindruck hinterlassen... Passiert ist auf beiden Sektoren dennoch - nichts. Außer dem Wort ‚Drohnenstaffel' in einem längst verblichenen Organigramm...
Trotz der Tatsache dass sowohl mit ‚Black Hawk' als auch ‚Eurofighter' Systeme beschafft wurden, denen EW-Komponenten bzw. Fähigkeiten innewohnend sind bzw. zum Zeitpunkt ihrer Anschaffung innewohnend waren, hat es die politische Führung bzw. mehrere Ressortführungen zugelassen, dass jene international immer wichtiger werdenden bzw. sich zunehmend verschränkenden Bereiche fortgesetzt einer Art ‚Orchideenstatus' anheimfielen. Wieso? Warum gerade bei uns…?

Letztendlich liegt das natürlich an der fortgesetzten bzw. nun wieder einmal - doch für was ‚gut' die Krise, was? - prolongierten Verweigerung, dem Verfassungsinstrument Bundesheer die Mittel zuzugestehen die es für seinen Auftrag für ein Land der ersten Welt braucht. Warum das so ist und bis heute einen Investitionsrückstand von unter Brüdern gut 15 Milliarden € (nicht Schilling!) ergeben hat, liegt daran dass tief drin niemand was mit dem Militär anzufangen weiß. Die einen - durchaus auch innerhalb der in so schwierigen Zeiten ja unverzichtbaren großen Koalition - streben recht offen den Idealzustand an dass es gar kein (militärisches) Bundesheer geben sollte, den anderen ist es bzw. war ihnen egal.

Gut, dann sollen Sie uns das bitte per Sondersendung oder am Nationalfeiertag sagen. Abstellen, Zusperren - wir vertrauen auf die 7-jährigen Bedrohungsanalysen und übergeordnet die EU (und damit - psst - die NATO). Nein? Dann bleibt es Faktum: Es gibt im Jahr 2010 keine elektronische Kampfführung und keine Drohnen bei der Truppe. Warum?

Internationaler Stand der Dinge

Elektronische Kampfführung bedeutet - in der wirklichen Welt - den Gebrauch des elektromagnetisches Spektrums um den Gebrauch von diesem durch Mittel eines Gegners effektiv zu verweigern oder jenen zu täuschen, bei gleichzeitiger Optimierung dessen Nutzung durch eigene Kräfte. Auch als ‚Elektronische Kriegführung (EKF) etwa in der Schweiz oder ‚Electronic Warfare' (EW) im Angloamerikanischen bezeichnet, werden damit ebenso eigene militärische Maßnahmen bezeichnet, die das elektromagnetische Spektrum ausnutzen, um z. B. elektromagnetische Ausstrahlungen zu suchen, diese aufzufassen, zu identifizieren und zu klassifizieren (Bibliotheken). Die strategische Bedeutung von EloKa bzw. EW ist als sehr hoch bzw. weiter zunehmend einzuschätzen. Die vielfältigen und immer ausgefeilteren Maßnahmen richten sich gegen die sogenannte C3I- (Command, Control, Communications and Intelligence) Infrastruktur des Gegners, ohne die ein moderner Krieg nicht mehr führbar ist.

Elektronische Kriegsführung teilt sich dazu in drei grobe Hauptbestandteile: elektronische Unterstützung, elektronischer Angriff (Stören, Unterdrücken) und elektronischer Schutz.
EloKa-Verbände etwa in den drei deutschen Teilstreitkräften betreiben Fernmelde- und Elektronische Aufklärung, in der Regel über weitere Distanzen im mindestens dreistelligen Kilometerbereich. Es gibt beim NATO-Nachbarn drei EloKa-Bataillone (in Nienburg, Donauwörth und Frankenberg). Die Gesamtheit deren Aufgaben wird dort als Elektronischer Kampf bezeichnet, dazu gibt es auch ein Grundlagenzentrum mit 200 Dienstposten. Da ihr Auftrag die EloKa-Truppen quasi zu einem militärischen Nachrichtendienst macht, werden sie z.B. in den USA auch als ‚Signal Intelligence' (SIGINT) bezeichnet. Das Ganze verschränkt sich übrigens auch zusehend in den Bereich eben jener ‚erwähnten' unbemannten Luftmittel. So werden die drei Breguet ‚Atlantique' SIGINT-Flugzeuge in Deutschland bereits durch ‚Eurohawk'-Drohnen ersetzt...
Ein weiterer Trend: In Hinkunft wird wohl auch der Bereich Optronik zum Aufgabenbereich EloKa gehören, dies umfasst zum Beispiel die 3D-Laser-Darstellung (Target Designation) von Zielen. In den USA ist das bereits weit voran geschritten, ‚Target Designation' wird z.B. dazu benutzt, scheinbare Ziele zu projizieren und damit feindlicher Sensorik falsche Ziele oder Ziele in falscher Menge vorzugeben. Gegnerische Aufklärung und Waffenwirkung können dadurch reduziert werden. Ebenso wird umgekehrt an der Aufklärung von Laser-Signalen gearbeitet.

Begriffsproblem?

Wir sehen also an den fett gehaltenen Begriffen, es handelt sich um ‚echte' militärische Fähigkeiten, durchaus. Vielleicht ist es ja auch nur so, dass die heimische politische bzw. Ressortführung ohnehin verzweifelt nach der Abbildbar- und Begründbarkeit von EloKa oder von Drohnen sucht. Nur kann sie Beides im Rahmen der im Hintergrund mächtig betriebenen Umwandlung des gesamten Bundesheeres in ein humanistisches HOPEFOR-AFDRU-Katastrophenhilfs/schutzelement vielleicht bloß nicht und nicht finden... Vermutlich ist daher jenes entwaffnende ‚Nicht verfügbar' in Österreich auch bloß ein semantisches Begriffsproblem? Begriffe wie ‚Kampf- oder Kriegführung' oder ‚Gegner' und ‚Ziele' - klar, so funktioniert das hierzulande sicher nicht!
Die Autoren hoffen, dass der gordische Knoten vielleicht durch einen Ideenwettbewerb um eine Umbenamsung dieser (Un)Worte gelöst werden kann, man könnte das mit bekannten KünstlerInnen, SportlerInnen und ModeratorInnen öffentlichkeitswirksam und kaum budgetrelevant durchführen, begleitet von vielen, vielen OTS...

War da nicht was…?

A propos OTS. Auffällig ist jenes auch noch aus einem anderen Aspekt heraus. Dutzende parlamentarische Anfrage heimischer Abgeordneter wurden seit geraumer Zeit mit folgendem Satz (nicht) beantwortet: "…Da jedoch genauere Auskünfte zu diesen Fragen Rückschlüsse auf einsatzrelevante Grundlagen zuließen, ersuche ich um Verständnis, dass ich im Hinblick auf Artikel 20 Abs. 3 B-VG aus Gründen der militärischen Geheimhaltung von einer detaillierten Beantwortung dieser Fragen Abstand nehme." Aha. Und nun wird der ganzen Welt taxfrei mitgeteilt, was ‚nicht verfügbar' ist? Nicht dass das den Eingeweihten so überraschen würde, aber gibt's einen besseren Rückschluss auf Einsatzrelevantes…?

Das ‚Große Ganze'…

Aber vielleicht muss das bitte wohl übergeordnet gesehen werden, um nicht das große Ganze aus den Augen verlieren. Zwar mögen zu den vielfältigen Aufgaben etwa von AFDRU auch Such- und Rettungseinsätzen (SAR) in urbanem oder unwegsamen Gelände gehören wobei unbemannte luftgestützte Aufklärungsmittel schon Thema sein sollten, aber es gibt offenbar Wichtigeres als jenes ‚Spielzeug'. Es gibt z.B. schwindelerregende Konjunktur-, Banken- und Griechenlandpakete, ein neues Migrationsamt(l), geniale Verwaltungsreform durch mehr Landeslehrer, Rückkehrgeldeinkommen für mazedonische Clans, monatelange Entgeltfortzahlungen für Kuren, gestundete Schulmieten bei der BIG, Kapitalerhöhung beim Verbund, eine militärische Grenz(raum)wacht mitten in der EU et cetera… Im Gegenzug gibt's nicht mal ein pünktliches Budget, entgegen wortreicher Krisenbeschwörung in Wahrheit der Sicherung von Erbpachten am 26. September und 10. Oktober geschuldet…

Wir meinen: All diese anderswo schwer erklärbaren Realitäten soll(t)en zum Zustand des Bundesheeres in Relation gesetzt werden, bevor man in weiteren OTS (0123) gar vom "weltweiten Überangebot an militärischen Kräften" philosophiert. Was in der Welt militärisch vorhanden ist oder nicht, geht offizielle heimische Stellen gar nichts an, solange man in heute primär wichtigen Kernbereichen nicht nur Dekaden hinterherhinkt - ja jene sogar gerade in Sachen EloKa 2007 rein willkürlich schädigte...

Bei höchster Wertschätzung für den AUCH berechtigten ‚Task' Katastrophenhilfe, militärische Kernaufgabe ist sie solang nicht solange das Primat die Landesverteidigung nicht offiziell abgeschafft hat. Vielleicht beabsichtigt genau das die geplante Doktrin auch, passt ja perfekt zu einem ewiglich Neutralen der - sollte das alles ernst gemeint sein - zumindest Schlüsselbereiche selbst abbilden kann. Wie in sovielen anderen auf dieser Seite geschilderten Vorgängen gilt jedoch auch hier überlaut das österreichische

AEIOU, Alles Ernsthafte Immer Ohne Uns…!

Das Airpower.at Team