"Blendwerk..!"

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Naive bis freche Illusionen verdecken in der Sicherheits- und Wehrpflichtdebatte weiterhin heimische Realitäten. Wie genau es zusammengeht dass man sich lt. der ‚neuen' Doktrin auf "Grundlage der Neutralität" an der "Sicherheitspolitik der EU in allen ihren Dimensionen beteiligen" will, das erläutert uns weiterhin keiner. Dafür könnten wir noch heuer darüber abstimmen, welche Partei das billigste Zerrbild eines Heeres anpreist. Auch erklärt niemand, was für ein "großer Wurf" die ‚Wiederbelebung' einer Neutralität sein soll, von der das ‚Henne-Ei-Traumpaar' aus Zeitungsmacher und Bevölkerung hartleibig nicht wissen will, dass jene schon die letzten 50 Jahre nicht mit den ‚zu Gebote stehenden Mitteln' ausgestattet werden konnte - oder wollte. Sie hätte uns im Ernstfall vor nichts geschützt, wir hatten nur Glück dass nichts passiert ist. Daher deren 80%-Popularität, nur interessiert jene Selbstlüge der von Heurigenklängen umwehten Sentimentalität aber niemanden in Europa mehr...

Es heißt immer wieder, alle Entwicklungen kämen von Deutschland - verzögert - so auch in die Alpenrepublik. Der auflagenstärkste und auch oft tiefste Boulevard wollte trotz des frechen Plagiats des Freiherrn - ebenso wie die überwiegende Mehrheit der Deutschen - den beliebten Verteidigungsminister bis zuletzt halten. ‚Bis zuletzt halten', das gilt auch für seinen Amtkollegen an der Roßau. Jedoch nicht wegen übergroßer Beliebtheit im Politikerranking und trotz seiner heldenhaften Überraschungs-Ausfalls für die Befreiung der Jungwähler vom Joch der Wehrpflicht. Sondern in erster Linie dank seiner zu Guttenberg konträren Parteizugehörigkeit bzw. den daran ‚angedockten' Medien. Die Aussetzung der Wehrpflicht in NATO-Deutschland weckt jedenfalls auch im südlichen - neutralen - Nachbarland Begehrlichkeiten. Doch obwohl man dieselbe Sprache spricht, läuft die über die Alpen geschwappte Debatte hier zunehmend irrational bzw. für den - noch nicht durch U-Bahn-Zeitungen und friedensbewegte TV-Moderatoren hirnerweichten - Staatsbürger schmerzhaft unehrlich.

Um sich Legitimation für den Medien-Zwischenwahlkampf - zwei Jahre ohne sind offenbar ganz schwer auszuhalten - gegen Koalitionspartner bzw. -abkommen just per plötzlich gepriesenem Umstieg auf eine sog. Freiwilligenarmee zu holen, hat der SP-Verteidigungsminister vor Weihnachten zu einer ‚Enquete über Europäische Wehrsysteme' geladen. Die ausländischen Referenten sprachen je ca. 40 Minuten. Danach beteuerte man lästigen Fragern nach der Halbwertszeit von noch vor der Wr. Neustädter Burg gepriesenen Bildhauerschwüren, dass man sich nun "eben intensiv [!] mit der veränderten Sicherheitslage in Europa beschäftigt" habe, ja und - ein besonders freches Stereotyp - realisiert habe dass die "Panzerschlacht im Marchfeld ja wohl nicht mehr kommen werde"...

Gleich vorweg: Die Autoren sind keineswegs der Meinung dass gerade in Österreich eine Berufsarmee nicht machbar oder per se verwerflich sei. Auch andere machen das - in NATO und außerhalb. Wir sind aber seit 20 Jahren als Autoren/Korrespondenten/Fotografen diverser internationaler Wehrmedien in Sachen Militär weltweit unterwegs - und daher in Sachen des gelebten Zugangs der Republik Österreich zum eigenen Militär beinharte Realisten (geworden). Und das nicht erst seit dem Schicksal des Zilk'schen 1% Verteidigungsbudgets...

Nie ernst genommen...

So haben wir etwa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor Ort die Zielkarten tschechischer Schlachtflieger-Regimenter eingesehen, deren Sekundärziel bis 1989 der Brenner gewesen wäre, nachdem der Warschauer Pakt 24 Stunden zugesehen hätte, ob das Bundesheer erwartete US-Luftlandungen zur Sicherung der für die NATO vitalen Verbindung ernsthaft bekämpft hätte. Hätte man es nicht - real wäre das wahrscheinlich an der raschen Heranführung mindestens doppelt so starker Kräfte wie der abgesetzten US-‚Airbornes' und keineswegs an der Qualität der Bundesheersoldaten gescheitert - hätten die CSSR-Suchojs im Auftrag der Gruppe Mitte des Warschauer Pakts ohne weitere Umschweife (!) taktische Nuklearwaffen eingesetzt. Die Piloten waren ein paar Jahre später alle heilfroh, dass der Befehl nie kam. Sie berichteten aber sie hätten dieses Sekundärziel geradezu erhofft, denn es seit augenfällig gewesen dass das ‚neutrale' Österreich seine Luftverteidigung nicht ernst genommen hätte. Da wären nur wenige veraltete Jagdflugzeuge und - in den 1970/80ern! - keinerlei Luftabwehrraketen zu erwarten gewesen...

So viel zum realen Gewicht der ‚Erfolgsgeschichte' unsrer Neutralität. Dennoch, viel sprach im Rückblick für jenes Modell, keine Frage. Konferenzort, Vermittlerrolle etc. Auch Schweden oder die Schweiz sind gut damit gefahren - nur haben die jenes Modell auch für jeden sichtbar dokumentiert, der da auf Ideen gekommen wäre... Uns ist nur schlicht nichts passiert, "guat iss gangen, no an Kümmelbraten bitte!"... G'müatliche Adipositas auf Basis einer Illusion per unerfülltem Plazebo. 24 Stunden hätte man uns gegeben! Für eine Matrix die uns nun wieder als Schutzschirm vor dem Ungemach der Welt neu einprogrammiert wird...

Parallel dazu wäre übrigens jene ‚Panzerschlacht im Marchfeld' - auf die NIEMAND im Bundesheer je hingearbeitet hat - wegen der absoluten Luftüberlegenheit des Warschauer Pakts ohnehin zum Opfergang unserer M60 und Kürassiere geworden. Man möge dieses freche Zerrbild in unsren Medien bitte nicht mehr verwenden, haben doch sämtliche bisherigen Regierungen der Panzertruppe jene mobile Truppen-Luftabwehr vorenthalten, die - schon seit über 40 Jahren - nun sogar in Libyen eigene Fahrzeuge aufs Gefechtsfeld begleitet. Das alles war aber schon den Offizieren um Gen. Spannocchi völlig klar, Raumverteidigung blieb angesichts der verfügbaren Mittel aber Illusion. Der flache Osten und das Donautal wären rasch aufgegeben worden, Rückzug über die Wienerwaldeingänge. Eine freche Täuschung man hätte je ein Konzept einer ‚Panzerschlacht' gehabt das man HEUTE - wie Gandalf den Bart zwirbelnd - weise geworden aufgeben könne...

Gelernte Österreicher...

Der Leser möge uns diesen etwas längeren zeitgeschichtlichen Bogen verzeihen. Er sollte nur dazu dienen zu illustrieren, was stets die Realitäten für das Bundesheer der 2. Republik waren, aller Ausmusterungs- und Nationalfeiertagsrituale zum Trotz. "Zuwenig zum Leben, zuviel zum Sterben". Das ist bis heute nicht anders und es spricht überhaupt nichts dafür, dass sich jener Zugang der Politik - mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern - nach der Einführung eines Berufsheeres ändern sollte. Wenn es - wie gegenwärtig in etlichen Ländern - in Hinkunft mal zuwenig ‚Freiwillige' (eigentlich Berufssoldaten auf Zeit) geben sollte, wird es trotzdem keine raschen Mittel für große Werbekampagnen, Prämien oder Gehaltserhöhungen geben, ja Schulterzucken im Gegenteil. Fähigkeiten? "Schmecks!" Unsere tiefe Skepsis gegenüber den diversen, nach auffällig knappen Terminsetzungen hin- und her gerechneten Modellen ist also kaum ideologisch, denn vielmehr schmerzhaft die eines ‚gelernten Österreichers' der parteipolitisches Blendwerk vermutet...

Und dessen Narben werden immer wieder aufgerissen. Zwei Beispiele: Angesichts der großen Umwälzungen und Unsicherheiten in der arabischen Welt und nun besonders in Nordafrika, wurde eine der drei ex-britischen C-130K ‚Hercules' für Evakuierungsflüge eingesetzt, auch für EU-Bürger. Das ist so auch völlig richtig, denn gerade für solche Missionen wurden sie beschafft. Die aber nun ihre technischen Daten - Selbstschutzeinrichtungen noch immer anstehend - in OTS-Aussendungen preisen, GENAU JENE hätten diese Flugzeuge niemals angekauft! Der damalige FP-Verteidigungsminister Scheibner bewerkstelligte das, übrigens wendig aus dem Erlös der ausrangierten M60-Panzer nach Ägypten. Oder wenn es nun - im Dagegenhalten gegen nun wieder durchaus sachliche Überlegungen des Wr. Bürgermeisters - heißt, man könne die Luftraumüberwachung nur alleine machen, ist das das GENAUE GEGENTEIL der abstrusen Argumente gegen den seinerzeitigen Eurofighter-, ja gegen jeden Abfangjägerankauf! Was wollte man von Seiten der damaligen Opposition doch alles im neutralen Luftraum NICHT machen müssen-können-wollen-dürfen, vom ‚Auslagern' an Nachbarn (nur im Bündnis möglich, siehe Baltikum, Slowenien oder Island) übers Anschaffen von (nicht existenten) ‚Fotoflugzeugen' (Cap: "Die machen ‚klick', ‚klick'...") bis hin zu vermeintlich gratis Schulden-MiGs - in Ungarn übrigens heuer nach nur 17 Jahren als abgeflogen ausgemustert. Die unbekümmerte und einzig einem anderswo undenkbaren Wahlversprechen geschuldete Kastration von letztlich 15 Flugzeugen aus drei Baulosen, das war alles was blieb. Wo ist der stets grinsende Urheber inzwischen? Wie, Kasachstan...?

Eine weitere Frage dazu, vielleicht schreibt uns das ein Leser: Warum und Wann genau hat Wer in der Ära Finanzminister Molterer beschlossen, die heute stets als Strangulierung des Bundesheeres geziehenen Eurofighterraten dem laufenden Heeresbudget umzuhängen? Ausgemacht war zuvor etwas Anderes…

Das ist deshalb relevant, weil es Anzeichen gibt dass das europaweit niedrigste Heeresbudget (dann schon das einer Berufsarmee?) ab 2014 um die auslaufenden Raten nochmals unbekümmert gekürzt werden soll! Zusätzlich zu den minus 530 Mill. € (!) bis 2014, wohlgemerkt. Wieso wird in jenen umstrittenen ‚Folien' aber der gegenwärtige Finanzbedarf für das bestehende Misch-Modell-1 auf 10 Jahre weiterhin mit 2,2 Mrd. € angenommen? Das BMF geht nämlich langfristig - egal ob für BMLV mit oder ohne ‚S' - von einer Budgetierung von max. 2 Mrd. € aus. Daher kommt es SCHON JETZT zu einer Absenkung des Personals auch von den jetzigen Stärken, unabhängig von allfällig kommenden Freiwilligen-/Berufsheerstärken oder -modellen. Passt irgendwie kaum zu den Schlagworten von der "schlanken, top-ausgerüsteten Profitruppe", was? Oder jene wird so magersüchtig sprich klein, dass sie sich jegliche Tarnmaßnahmen sparen kann. Vielleicht ist jenes Verschwinden aber gerade das, was die linke Seite der Koalition Kraft der Sozialisation ihrer heute Handelnden immer schon erreichen wollten - und der anderen Seite (siehe BMF-Budgetpfad) ist es in Wahrheit schlicht egal, anfangen konnten Sie irgendwie nie recht was mit dem Heer...

Jene beiden ‚Seiten' haben also nun - Fanfare! - diese Regierungsvorlage einer ‚neuen' Doktrin erstellt. Mehr ist das noch nicht, erstellt von braven Beamten die immer möglichst alle zufrieden stellen müssen (manche wollen das auch über Gebühr). Zu hoffen bleibt, dass Rahmenbedingungen bzw. Folgerungen für die bewaffnete Macht durch das Parlament zu Stande kommen, einschließlich einer Beurteilung der Finanzierbarkeit und der sich daraus ergebenden Systeme und Aufgabenzuteilung an Polizei, Militär, Zoll - und meinetwegen auch an irgendeine Wach- und Schließgesellschaft. Nur bezweifeln wir angesichts der Bedeutungslosigkeit unseres Parlaments als wahrhaft renovierungsbedürftige Klubzwang-Abstimmungsmaschine lediglich, dass dies erfolgen wird. DAS nämlich wäre dann politisches Primat - im krassen Gegensatz zu dem, was im Zusammenhang mit der Causa Entacher vom ‚Bundesamt für subjektive Sicherheit und Sport' kommuniziert wurde.

Alles nur Annahmen...

Diese Bezeichnung stammt nicht von uns, sondern vom vor einem Monat ungewohnt klaren Oberbefehlshaber und Bundespräsidenten Heinz Fischer. In der Tat sind auf den diversen Folien die zwischen Generalstab und Kabinett seit Dezember hin- und hergingen und dann ab 17. Jänner - mit nachträglicher Präambel bzw. dem Hinweis dass das aber noch nicht wirklich eine abgeschlossene Planungsbearbeitung sei - veröffentlicht wurden, stets unterschiedliche Personalstärken angegeben.

Das favorisierte Modell-3 wird ja jetzt ‚vertieft', hatte aber im Präsenzstand viel weniger Soldaten als jetzt, die fehlenden GWD sollen scheinbar durch 10.000 Soldaten Freiwilligenmiliz kompensiert werden. Abseits der nicht wirklich prognostizierbaren Aufwuchsphase einer solchen Anzahl, wenn wir uns das Auftreten eines tatsächlich großflächigen Elementarereignisses vorstellen dann müssten alle diese 10.000 jungen, belastbaren Männer und wohl auch Frauen dann sofort aus ihren Jobs weg und in die lehmigen Fluten. Wieviele werden wohl diverse - gesellschaftlich bzw. medial natürlich vorauseilend akzeptierte - Ausnahmen geltend machen warum sie im Endeffekt doch nicht (gleich) einrücken? Muss man den Arbeitgebern den Entfall der Arbeitskraft (aus dem Steuertopf) dann (auch noch) abgelten? Oder darf der ‚pöhse' Staat dann die Prämie zurückfordern? Aufschreie im Kleinformat bzw. Betroffenheitsmodus der ORF-Moderatoren sind schon vorprogrammiert...

Problematisch auch die angewandte Grundlage jener quantitativen und - noch wichtiger - qualitativen Rekrutierbarkeitsberechnung aus 1999. Jene kann sich in einer hochmobilen und vielschichtigen Gesellschaft wie der unseren schon in drei Jahren ganz leicht stark verändern…

Ein anderes heikles Thema ist die Unterscheidung in Freiwilligen- und beorderte Miliz. Ganz salopp: Die einen sollen wollen, die anderen sind befohlen… Kann dann eine Einsatzführung tatsächlich auf gleich motivierte bzw. verfügbare bzw. interoperable Soldaten zurück greifen?

Was bei vielen jener Folien quer durch die diversen ‚Ausarbeitungsversionen' bislang fehlt, ist irgendein Ansatz flexibler bzw. bedarfsorientierter Planung: Also: Wieviel Kräfte (Soldaten und Zivilbedienstete) braucht man mit welchem Ausbildungsstand innerhalb welcher Zeit für welche Aufgabe(n) und für wie lange sind die verfüg- bzw. belastbar? Die fünf Modelle denen - lt. Informationen aus dem Apparat - zwei Unrealistische nachgereicht worden wären weil der Medienpartner sieben verkündet hatte, divergieren aus unsrer Sicht in ihrer Fähigkeit zur Aufgabenerfüllung jedenfalls deutlich. Das kann's nicht gewesen sein. Jedenfalls keine Grundlage für eine Volksbefragung, sollte jene in der Tat zu mehr taugen als zur - unangebrachten bzw. unzeitgemäßen - Überprüfung der eigenen Kampagnenfähigkeit...

Oder: Die Miliz ist auf Grund der verringerten Bereitschaft in dieser zu Dienen schon heute 60% unter Soll, daher wird die Obergrenze von 55.000 Mann nie und nimmer erreicht werden. Außer man will jene gar nicht erreichen? Oder: Die Berechnungen sind ohne Inflationsabgeltung und gehen von einem Mini-Investitions- und Betriebsbudget aus. Bei den Investitionen vermisst man klare Angaben in WAS denn investiert werden soll, außer in Mannschaftsschutzausrüstung? Warum muss man sich zu allen ‚Baustellen' (z.B. 2,16 Mill. € für die Lebensdauerverlängerung von zwölf 40 Jahre alten Saab-105) alles per parlamentarischen Anfragen zusammensuchen?

Das Argument mit dem von hinten aufgezäumten Pferd hatte schon was. Zuerst eine neue Sicherheitsdoktrin als Vision und Leitlinie, dann die politischen Entscheidungen im Nationalrat, dann eine allfällige Strukturreform. Die zwar fast die ganze EU abdeckende NATO konnte man als offenbares Unwort ruhig außen vor lassen. Einerseits ist niemandem hier - auch der ÖVP - die Sicherheit bzw. Verteidigung soviel Mittel wert wie eine ‚NATO'-Eintrittskarte und auch der Nordatlantikpakt fängt mit einem sicherheitspolitisch derart unsicheren, ungebildeten und latent anti-amerikanischen Kantonisten sowieso besser nichts an. Da kann es der uninformierten Bevölkerung ja nur recht sein, dass jene unserer Verbände die im Hintergrund natürlich ihr sog. ‚NATO-Assessment' (ein internationales Interoperabilitäts- und Standardisierungsverfahren bezgl. Auslandseinsätze) durchliefen, nun als erste als "zu kriegsbereit" (??) aufgelöst werden sollen.

Trotz der Quadratur des Kreises - fährt dann eine ganze EU-Battle-Group nicht oder nur unser Kontingent nicht, weil man am Ballhausplatz mal wieder neutral ist?? - ist die Strategie ein sichtbarer Versuch (auf 14 Seiten...) etwas langfristige bzw. nachhaltige Ernsthaftigkeit in Sachen europäischer Sicherheitspolitik anklingen zu lassen. Aber sofort überwiegt in der berichteten Wahrnehmung der - auch sofort von den angeblichen Koalitionsparteien bediente - tagespolitische oder ideologische Reflex der Ableitung des jeweils präferierten Wehrsystems. Dabei interessiert es NIEMANDEN ob die Nerven in den Politabteilungen der beiden Parteizentralen wegen der momentanen Pole-Position ständig blank liegen. Das verträgt sich mit Sicherheitspolitik NICHT, internationale Kollegen bzw. Militärs sind immer wieder erstaunt dass in Österreich die Niederungen der Tagespolitik davor nicht haltmachen…

Eine der ‚geduldigen' Folien bringt uns wieder zur zuvor begründeten Skepsis: "Als die "entscheidende" Lehre aus der Enquete vom 15. Dezember 2010 wird die langfristig gültige Festlegung von politischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen vor einer Entscheidung über eine Änderung des Wehrsystems bekräftigt", heißt es da. Wie wahr, wenn auch diese Aneinanderreihung von Referaten offenbar als ‚die' historische Sternstunde unserer Erleuchtung hingestellt wird. Aber auch der Interims-Nachfolger des einer Abendausgaben-Schlagzeile geopferten und nunmehr ‚verräumten' Generalsstabschefs hat in seiner ersten Wortmeldung nur jene erwartbaren RAHMENBEDINGUNGEN thematisiert. Stimmt. Reden kann man über alles - wenn man es ernst meint. Nur, die speziell in einer Übergangs- bzw. Umstellungszeit noch deutlicher nötigen finanziellen Voraussetzungen werden NICHT KOMMEN, im Gegenteil. "Helmut, schau oba!" Es steht zu befürchten dass nur der erste, medienwirksame und Jungwähler keilende Schritt gesetzt wird - und das Bundesheer danach in ein schwarzes Loch stürzt. Und jedem wird's ganz neutral egal sein. Denn wer bedroht uns schon...?

Internationale Beispiele...

Einer unserer Autoren kam kürzlich aus Indien zurück, der größten Demokratie der Welt - samt Berufsarmee. Zwar ist das von der Dimension her natürlich nicht leicht vergleichbar, ein paar interessante Aspekte sollen aber hier nicht vorenthalten werden. Nachdem in Parlament und Zeitungen seit 2009 beklagt wird dass es über 14.000 Offiziere zuwenig gibt, ist etwa die IT- und Aerospace-Stadt Bangalore übersät mit riesigen Werbetafeln zur Rekrutierung. Für einzelne Waffengattungen und sogar für ganz bestimmte Einheiten. ‚Trottelsicher' (Foolproof) sei der Prozess, steht darauf... Im Gespräch mit Offizieren wurden Hintergründe erläutert: Man habe vor 10 Jahren - was heute als Wahnsinnstat gebrandmarkt wird - das Eintrittsalter in die Defence-Academy von 16-17 auf 18-19 angehoben, um der Jugend VOR einer etwaigen Armeelaufbahn eine abgeschlossene Schulausbildung zu ermöglichen. Zuvor hatte man - moderne Streitkräfte bräuchten ja die besten naturwissenschaftlich-technischen Köpfe - die Anwerbeteams und Rekrutierer in die letzten beiden Klassen der 45.000 (!) indischen Colleges geschickt, jene die unterschrieben machten ihren Abschluss schon in der Armee. Drei Jahre später seien die jungen Menschen aber schon weiter geformte Persönlichkeiten und außerdem hätten sie nach ihrem Abschluss auch in Indien schon mehrere Möglichkeiten ihrer Lebensgestaltung, speziell in der Mittelklasse der High-Tech-Boom-Region Bangalore bzw. an den 300 (!) indischen Unis. Die Streitkräfte prügeln sich mit der Industrie - auch der eigenen Rüstungsindustrie - um EINE MILLION Technik-Abgänger JÄHRLICH! Daher die plötzliche Notwendigkeit einer umgerechnet viele Millionen teuren Werbekampagne, die aber - so die Auskunft an uns - nicht wirklich jene Leute auftreibt die man haben wolle bzw. deren Standard man zuvor gewohnt war…

Man muss aber gar nicht in solche Dimensionen schweifen. Letzten Sommer haben die Autoren in Ungarn schwedische Freunde getroffen, die man noch vom Saab-Angebot an Österreich kennt. Sie berichteten dass schwedische Techniker-Teams immer noch ungarische Gripen-Techniker ausbilden, Jahre nach Lieferung der Flugzeuge. Der Hintergrund? Trotz mehrmaliger Prämienerhöhungen sind fertig ausgebildete ungarische Techniker immer wieder nach wenigen Jahren ausgeschieden, weil sich in einer Region oder dem familiären Umfeld ‚was Besseres' fand. Heuer eröffnet in der gleichen Stadt Kecskemet eine Mercedes-Fertigung, wo etwa 500 €/Monat mehr bezahlt werden. High-Tech auch dort, also erwartet man einen weiteren Exodus. Früher wären dem Vernehmen nach viel mehr von der Einstellung her beständigere Kräfte aus dem Wehrdienst ‚nachgewachsen' die z.B. die Fliegerei bewunderten und sich länger verpflichteten, manche für immer. Heute ist das ein Job wie viele andere und die ungarischen Streitkräfte hätten nicht die Wendigkeit bzw. finanzielle Flexibilität sich plötzlichen regionalen Strukturveränderungen entgegenzustellen. Dreimal darf man raten, werden unsere auch nicht haben...

Spanien hat schon 2002 auf ein Berufsheer umgestellt. Kollege Huertas in Madrid berichtete danach von enormen Anlaufschwierigkeiten, trotz hoher Arbeitslosigkeit gelang es nicht, ausreichend SoldatInnen (Frauenanteil mit rund 13 % der höchste in einer EU- bzw. NATO-Armee) für die vorgesehenen ca. 110.000 Stellen zu rekrutieren. Man warb deshalb Tausende aus spanischsprachigen Ländern Lateinamerikas an, die nach Ablauf ihrer Dienstzeit als Dank spanische Pässe erhalten. Vergleichbar also einer Rekrutierung des Bundesheeres in den ehemaligen Kronländern der Habsburgermonarchie. Der verlangte Intelligenzquotient für Rekruten musste in Spanien trotzdem von 90 auf 70 gesenkt werden, das ist eigentlich die Grenze zur Debilität. Seither wurde er wieder auf 80 gehoben, dazu sucht die Armee nun im Pool arbeitsloser Frauen nach Verstärkung...

Stets wird uns ja das bündnisfreie Schweden als Vorbild gereicht. In der Tat sollten wir uns mit den Nordländern besser nicht vergleichen. Mit Juli 2010 hat Schweden die Wehrpflicht abgeschafft und ist auf ein 18.000 Mann/Frau Berufsheer umgestiegen. Zwar gibt Schweden - was hier allzu gern nicht dazu gesagt wird - in Summe das Dreifache und per BIP das Doppelte für sein Militär aus (100 Gripen, U-Boote, hochentwickelte elektronische Kriegsführung mit eigener High-Tech Industrie etc.), die Rekrutierung an Freiwilligen läuft in Schweden dennoch nur schleppend an. Anfang 2011 hätten 5.300 Soldaten angestellt werden sollen, gemeldet haben sich nur 2.400. Wenn auch der schwedische Minister meint - Hr. Cap hat das sogleich benutzt - dass das neue Modell billiger käme, die schwedischen Erfahrungswerte sind nach einem Dreivierteljahr zu kurz, bei ungleich besseren finanziellen Rahmenbedingungen. DAS sagen sie natürlich nicht dazu, unsere Berufsheer-Rufer...

Man könnte jetzt noch über 25% mehr Ausnahmegenehmigungen in der US-Army für die Aufnahme von Rekruten mit Vorstrafenregister berichten, oder über 150 Millionen Pfund jährlicher Kosten für die Anwerbung von Zeitsoldaten für die britischen Streitkräfte, zu einem Teil sogar in Haftanstalten. Oder über nagelneue und dennoch sofort abgestellte Apache-Hubschrauber in Holland - das Regiment hat zuwenig Betriebspersonal…

Wir haben Anfangs - wie jüngst die Zeitschrift "Der Offizier" in ganz anderer Absicht - aufs große Vorbild Deutschland hingewiesen, erst dieser Tage ging ja die Aussetzung der Wehrpflicht durch den Bundestag. Doch schon jetzt - das große medial-populäre Gesicht zu diesem Wandel ist mit zu Guttenberg ja weg - ist man mit dem Übergang in arge Not geraten. Es fehlen übermäßig viele Soldaten. Der Inspekteur des Heers, GenLt. Freers, schrieb neulich an seinen Generalinspekteur: "Trotz intensiven Bemühens, Freiwillige zu werben, sind die ersten Interessentenzahlen nicht ermutigend. Im Heer [der größten Teilstreitkraft der Deutschen] haben sich bis zum 1. April nur 433 Freiwillige verpflichtet. Es müssten aber ca. 2.000 Soldaten pro Quartal sein, um selbst den Personalbedarf gem. der neuen Zielstruktur [185.000 Mann] zu decken. Im Übergang zur neuen Struktur werden wir daher große und langjährige Lücken beim Personal hinnehmen müssen, die nicht auszugleichen sein werden!"

Wir sehen: Was sich da umsetzen lässt oder ‚auftut', hat alles viel mit Unvorhergesehenem bzw. plötzlich veränderten Rahmenbedingungen zu tun. Eigentlich zu oft mit dem was die Briten ‚Murphy's Law' nennen. Viele ausländischen Gesprächspartner sagten den Verfassern aber auch den heimischen Heeresspitzen zu der Umstellungsdiskussion wiederholt: "Tut es nicht!" Nicht dass ein Berufsheer - es gibt keine ‚Freiwilligen' sondern nur bezahlte Zeitsoldaten oder bezahlte Sozialarbeiter - unmöglich oder generell außer Diskussion stehen würde, aber angesichts in den letzten Monaten leichtfertig geänderter Positionen und augenfällig (zu) rasch gerechneter Untermauerung beschleicht einen das Gefühl: Die haben kaum Überblick worauf sie sich in der täglichen Realität einlassen (wollen), es geht NUR darum 2013 Erster zu werden…

Lasset also das Volk entscheiden..

Eine stets gute Idee, oder? Ja. Nur müsste jemand die Größe und den Mut haben, dem Souverän die europa- bzw. weltweiten Rahmenbedingungen mit Bedacht und ausreichend Zeit darzulegen, auch auf die Gefahr hin, Unpopuläres oder Unangenehmes zu thematisieren. Diese Materie ist ja eine gefühlt Kritische, siehe die Lichtgeschwindigkeit mit der Brüssel Libyen-Sitzungen ansetzte. Ob die große Koalition (uns 2006 und 2008 als unabdingbar für ‚grosse' Entscheidungen aufgedrängt) aber eine Volksbefragung samt Kleinformat-Trommelfeuer entlang der Bruchlinie Rot-Grün und Schwarz-Blau abhalten solle, das Gespür sollte sie selbst haben. Auch wenn der Kanzler mit neuer Betonung jeden Wortendes trompetet, das Land werde das schon aushalten...

Wir sind in diesem Zusammenhang KEINESWEGS Anhänger jener schwarz/weiß-Desinformation wie dass ein Berufsheer automatisch den NATO-Beitritt bedingen würde, dass eine Wehrpflichtigenarmee nicht putschen könne aber auch dass niemand je wieder Österreich militärisch bedrohen würde. Ebenso wenig können wir mit der Position unsere Soldaten hätten "nichts im Ausland zu suchen" anfangen, bzw. mit dem neuen Anti-Amerikanismus der aktuellen FPÖ. Die jüngere Geschichte zeigt uns vielmehr immer wieder Beispiele, wie schnell sich die berühmten Rahmenbedingungen ändern können. Hätte jemand 1988 den Fall der Berliner Mauer, die Implosion des Warschauer Pakts oder die Explosion Jugoslawiens oder den jüngsten Aufruhr in der arabischen Welt prognostizieren können? Es wäre anhand der TV-Bilder aus Nordafrika nötig und nur fair oder anständig, der um eine Entscheidung gebetenen Bevölkerung auch seitens unserer Politiker zu illustrieren, dass "der globale Friede leider nicht ausbrechen wird", wie der Schweizer Luftwaffenchef neulich im Zusammenhang mit europäischer Raketenabwehr meinte. Eine Aussage bei der sich zumindest eine Regierungspartei die Zunge abbeißen würde...

Soldaten sind die besten Pazifisten, man sollte ihren ‚angeborenen' Spürsinn für ‚Troubles' nutzen, statt sie reflexartig-ideologisch als Kriegstreiber, Falken, Hardliner oder Stahlhelme zu verdammen. Denn während Europas sicherheitspolitisches Gewicht (finanz)krisenbedingt zurzeit zugunsten des Aufstiegs Asiens schrumpft, wird es z.B. allen Hoffnungen zum Trotz keine globale konventionelle und - trotz START - nukleare Abrüstung geben. Zumindest nicht in jenen Ländern, die Frieden wirklich gefährden können und die auch - a so ein Zufall - massiv aufrüsten. Dagegen hat verständnisvolles Appeasement noch nie in der Geschichte gewirkt, Abschreckung dagegen schon. Die logische Konsequenz eines solchen Denkprozesses: Die Entwicklung einer stringenten europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik samt materieller - ja auch schießender - Mittel in Richtung einer EU-Armee. Ob's Mölzer oder Pilz gefällt oder nicht, das Weltgeschehen wird diesen Prozess antreiben. Samt oder trotz der ganzen Berufsarmeen, die alle in ein oder zwei Fußballstadien passen. Am Ende des Weges ist es sehr gut möglich dass jenes Modell der präferierte Zustand ist, samt Aufgabe der restlichen ausser-EU-Neutralität Österreichs. Aber nicht umgekehrt oder vorauseilend JETZT, überhaupt angesichts der Mittel die dem Bereich hierzulande ‚traditionell' zugestanden werden.

Man sieht schon, einer Volksbefragung über Wehrpflicht und Heeresmodell müssten also umfassende Darstellung und neutrale Information über all jene Aspekte vorangehen.

Zurzeit jedoch ein frommer Wunsch. Würden KRONE, ÖSTERREICH und HEUTE bzw. auf der - bedauerliches Wort - ‚Gegenseite' etwas gemäßigter PRESSE oder mitunter STANDARD, statt Leute für jeweils eine Seite aufzuhetzen, objektiv über die Pros und Contras BERICHTEN und jene NICHT PER KAMPAGNE HERBEIZUFÜHREN VERSUCHEN, wäre es tatsächlich spannend eine differenzierte und ausführliche Debatte über all diese großen Fragen zu führen. Wie wäre es heilsam, von den ‚Blattmachern' Antworten oder wenigst fundierte Überlegungen präsentiert zu erhalten. Bedrohungsbilder, tatsächliche Kosten, Effizienz welcher wie großen Truppe, Sicherheit alleine oder in Bündnissen bis hin dazu ob allein das Wort ‚Dienst' in unsrer Gesellschaft noch zeitgemäß ist! Die Parteien sollten nicht auf ‚Sieger' und ‚Besiegte' abzielen, sondern als gewählte, legislative Repräsentanten des Souveräns in einen konstruktiven Wettstreit der Ideen und Konzepte treten, für ihre Überzeugung einstehen und jene nicht nach Umfragen oder vor Wahlen dauernd ändern.

Dann entscheiden die Bürger. Für die besseren Argumente. Und gegen einen faulen Kompromiss auf Kosten der Sicherheit unserer Kinder und Kindeskinder. DAS wäre dann ‚bindend'…

Aktuelle Beispiele für die enorme Wahrnehmungsbandbreite des doch nur schlichten Wortes ‚Neutralität‘, selbst noch im Jahre 2011…

FPÖ: Strache: Faymann tritt Neutralität mit Füßen!

Wien (OTS) 25.3.2011 - Beim EU-Gipfel haben die 27 EU-Staaten die Militärschläge gegen Libyen begrüßt. "Ich frage Bundeskanzler Faymann, ob er hier wirklich zugestimmt hat", meint dazu FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache. Wenn dies tatsächlich der Fall sei, habe der SPÖ-Bundeskanzler unsere Neutralität einmal mehr mit Füßen getreten, stellte Strache klar. Die Verantwortungslosigkeit des Bundeskanzlers erreiche immer neue Dimensionen, ob es sich nun um die Verschwendung österreichischer Steuergelder oder die Neutralität handle. Um sich in der EU Liebkind zu machen, werfe Faymann alle Grundsätze österreichischer Politik jubelnd über Bord. Diese Bundesregierung sei mittlerweile eine wirkliche Bedrohung für unser Land.

Der rot-weiß-rote blaue Obmann – auch in der Koalition passiert derzeit vieles nicht der Sache wegen sondern nur wegen seines Aufschließens in den Umfragen - muss von einem anderen Bundeskanzler sprechen. Der Hr. Faymann der wir in Brüssel gehört haben, spricht – neben dem enden wollend mitreißenden EU-Bürgerbegehren zum Atomausstieg – geadezu von nichts anderem als unserer Neutralität, kaum kommt ein Mikro in seine Nähe. So penetrant dass das auch Anderen auffällt..:

Was heißt hier bitte neutral? Werner Faymanns merkwürdiges Verständnis von UN-Resolutionen.

Der Himmel ist blau, Wasser ist nass, Österreich ist neutral. So viel zu den Fakten, wobei man bei Punkt 3 durchaus eine Diskrepanz zwischen de jure und de facto feststellen könnte. Wenn Kanzler Faymann nun im ORF aber zu Österreichs Haltung in der Libyen-Frage reflexhaft auf die Neutralität verweist, dann ist das ein außenpolitisches Armutszeugnis. Nicht, weil Österreich etwa seine 15 Eurofighter-light in den Kampf schicken sollte – sondern, weil es für UN-Mitglieder gegenüber einer Resolution des UN-Sicherheitsrats keine Neutralität gibt, geben kann. Zumindest das hätte von den zwei Jahren, die wir mit stolzgeschwellter Brust in ebendiesem Rat saßen, hängen bleiben können.
24.03.2011 | 18:29 | HELMAR DUMBS (Die Presse)

Eben. Was hätten bloß wir erst gemacht, würden wir heute statt bis Ende 2010 in jenem UN-Sicherheitsrat sitzen? Selbst Deutschland hätte Resolution 1973 zustimmen - und trotzdem keine Truppen schicken müssen. O.K., Derna, Sollum und Tobruk – wir verstehen zumindest diese ‚historische‘ Zurückhaltung. Der von Berlin gewünschte permanente Sitz in jenem höchstrangigen Gremium internationaler Sicherheitspolitik ist damit aber wieder so weit weg wie Alexandria von El Alamein. Die Deutschen legen sich – ohne Angabe genauer Gründe außer vermutlichen Regionalwahlen - in jenes Grab in dem Österreich sich schon längstens kuschelig bettet. Wir verstecken uns hinter unserer Neutralität die wir im Gegensatz zur Schweiz nicht einmal verteidigen können. Gaddafi ist eine besonders irre Ausformung der nun überall angezählten Despoten, trotz übler ‚Double-Standards‘ (Bahrain) scheint dies auch endlich möglich. Und wir? Während Schweden – neuerdings Vorbildland an der Roßau – 12 JAS-39 ‚Gripen‘ zur militärischen Teilnahme am UN-Flugverbot anbietet, stehen wir - natürlich - wieder einmal abseits. Wegen der KRONE. Und dass obwohl die UN für uns ja DIE internationale Instanz schlechthin sind (à neue Doktrin). Doch wenn es ernst wird, geht die Alpenrepublik die Politik des demokratischen Westens - zu dem wir in allen anderen Lebens- und Gesellschaftsbereichen auch gehören (wollen) - auf einmal nichts an. Sollen die Aufständischen doch schauen wo sie bleiben (und sterben), wir drücken ihnen dabei die Daumen. Außerdem purzeln uns aus Staatsrundfunk und Zeitungsforen jene betroffenen ‚Experten‘ entgegen, die eigentlich schon immer wussten dass hinter allem die Weltverschwörung der blutigen Ölsherriffs steckt. Mit Gaddafi kann man doch nochmals reden…

Ein ebensolches immer gleiches Hamsterrad sieht recht nüchtern die Berufsheer-skeptische Offiziersgesellschaft in der Neo-Auferstehung unsrer Neutralität im neuen Doktrin-Entwurf…

„Die neue Sicherheitsdoktrin betont die EU-Mitgliedschaft auf Basis der immerwährenden Neutralität und die Partnerschaft mit der NATO, nicht den NATO-Beitritt. Damit kommt aber ein Berufsheer nicht in Frage, weil die notwendigen Mannschaftsstärken für den Schutz kritischer Infrastruktur und für Katastrophenhilfsaufgaben nicht aufzubringen sind und gleichzeitig die Abgabe der Souveränität an das Ausland rechtlich verboten ist. Ohne Wehrpflicht ist nur eine kleine Berufsarmee für Auslandseinsätze möglich. Der Weg in die NATO, das Aufgeben der Neutralität und die Abgabe der Souveränität wären damit auf Dauer unvermeidbar. Die neue Sicherheitsdoktrin verwehrt diesen Weg…“

Also was wollen die ‚Crazy Blue Guys‘ (© Alan Bonderud)? Iss doch olles suppa…! Oder doch nicht?

Schwedischer Aussenminister Carl Bildt, 25. März 2011

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