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"Eine Broschüre unter dem Titel "Airpower" (Luftmacht), die 1997 anläßlich der Luftfahrtschau im britischen Farnborough erschien, dokumentiert vielleicht etwas Ungewöhnliches: Die Chefs der Luftwaffen von nicht weniger als 16 Staaten in Europa einigten sich auf ein gemeinsames Verständnis darüber, was Luftstreitkräfte als Mittel der Politik in ihrer ganzen Bandbreite heute auszurichten vermögen. Bemerkenswert auch: Neben den Generalen an der Spitze der europäischen Nato-Luftwaffen billigten die Broschüre die hohen Luftwaffenvertreter Irlands, Finnlands, Österreichs und Schwedens.
Auch wenn diese Länder entweder geographisch oder durch eine lange währende Neutralitätspolitik "am Rande Europas" liegen, ist dieses Einverständnis als eine Demonstration für den immer mächtiger werdenden Wunsch zu begreifen, dazuzugehören und am europäischen Einigungswerk mitzuwirken. Selbst die Schweiz zählt inzwischen zu EURAC. Die Abkürzung steht für European Air Chiefs Conference. Dieser Kreis will nicht nur Politikern, sondern generell der Öffentlichkeit nahebringen, welchen Beitrag die Luftmacht bei der Erhaltung äußerer Sicherheit und im politischen Krisenmanagement zu leisten vermag.
Kritiker werden das nur 35 Seiten umfassende Dokument womöglich als PR-Aktion von "Militaristen" abqualifizieren, die nur ein Plädoyer für neue Kampfflugzeuge, Raketen und anderes teures Kriegsgerät im Sinne hätten. Dieser Vorwurf aber ist kaum stichhaltig. Denn die Generale sind sich sehr wohl bewußt, daß der europäische Steuerzahler in einer nach dem Kalten Krieg veränderten politischen Lage nur sehr zögerlich Geld für die Ausrüstung von Luftstreitkräften, wie überhaupt von Armeen auszugeben bereit ist. Um so mehr sehen sie sich deshalb gefordert, ihm zu erklären, warum gerade die militärische Nutzung der "dritten Dimension", also der Luft, aber auch des Weltraums zur Erreichung politischer Ziele im Sinne von Friedenssicherung und Friedensdurchsetzung besonders geeignet ist.
Denn Airpower, das zeigt der Blick in die Zeitgeschichte, hat viele Facetten: Luftmacht setzten die westlichen Alliierten gegenüber der Sowjetunion 1948 mit der Luftbrücke zur Versorgung West-Berlins ein, mit der die erste ernste Ost-West-Konfrontation nach dem Zweiten Weltkrieg auf friedliche Weise abgewendet wurde. Luftmacht war auch im ehemaligen Jugoslawien am Werk. Mit ihrer Hilfe gebot die Nato unter Führung der USA 1995 dem Krieg auf dem Balkan Einhalt. Und gleichfalls mit Airpower zwangen die USA vor Monaten Irak aufs neue, seine Luftstreitkräfte nicht im Kampf gegen die Kurden einzusetzen.
Die Beispiele zeigen zugleich die Schwierigkeit, exakt zu erklären, was Airpower im einzelnen vermag. Sich dessen bewußt, erinnern die Luftwaffenchefs an Winston Churchill, der schon vor 50 Jahren befand: "Airpower ist die am schwersten zu messende Art militärischer Stärke und noch schwerer genau zu definieren." Und das, obwohl damals noch längst nicht der Weltraum dafür genutzt wurde, es keine Marschflugkörper gab, keine ballistischen Raketen, keine unbemannten Drohnen oder auch Hubschrauber.
Gegenüber allen anderen militärischen Mitteln, die der Politik für das Krisenmanagement zu Gebote stehen, zeichnen sich Luftstreitkräfte durch hohe Geschwindigkeit, große Mobilität, beeindruckende Reichweite und sehr viel Flexibilität aus. Sie können als Florett wirken (wie gegenüber Irak) oder als Vorschlaghammer (auch gegenüber Irak im Golfkrieg 1991).
Anders gesagt: Mit Airpower kann man Ziele mit Bomben belegen oder Weizen für Hungernde herantransportieren. Beides hat politische Wirkung. Was Luftmacht im Sinne von Einflußnahme auf den politischen Willen anderer Staaten letztlich schafft, muß von den Verantwortlichen in den europäischen Regierungszentralen gelernt und verstanden werden. Auch ist dieses militärische Instrument am besten für multinationale Einsätze geeignet. Die Verfahren dafür sind in der Nato eingeübt und eingespielt.
Jeder General in dieser Allianz weiß, daß er mit militärischen Mitteln den von Politikern gesetzten Zielen dient und von ihnen kontrolliert wird. Damit das möglich bleibt, muß aber umgekehrt die Politik dafür sorgen, daß die Soldaten zur Ausübung von Luftmacht auch über die erforderlichen modernen Mittel verfügen !"