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www.airpower.at: Mr. Vlasov, zuerst ein paar persönliche Fragen.
Wie alt sind Sie, und wie wurden Sie Testpilot für die weltberühmte Flugzeugschmiede MiG?
Pavel Vlasov: Ich bin am 13. Oktober 1960 geboren und bin 1977 in die Armee eingetreten.
1981 habe ich auf der Hochschule für Militärpiloten in Charkov graduiert und war dann bis 1987 dort als Fluglehrer tätig.
1989 habe ich auf der Testpilotenschule graduiert und arbeite seither für das A.I.Mikoyan Designbuero.
Ich habe seither mehr als 25 Flugzeugtypen getestet unter anderem auch die MiG-21, MiG-23, MiG-25, MiG-29 und MiG-31.
Ich bin Testpilot erster Klasse, Träger des Titels "Held der Russischen Föderation" und habe mehr als 3.000 Flugstunden auf der MiG-29, davon etwa 150 auf der Variante SMT.
www.airpower.at: Hier in Zeltweg wird die MiG-29 mit der Nummer 917 am Heck präsentiert. Wurde dieses Flugzeug als SMT neu gebaut?
Pavel Vlasov: Nein.
Dieses Flugzeug wurde als ganz normale "Fulcrum A" produziert und zum Standard SMT konvertiert, genau so wie es für eine ganze Reihe von MiG-29 der Russischen Luftstreitskräfte geplant ist.
www.airpower.at: Heißt das, dass SMT nur ein Update ist und keine neuen SMT produziert werden?
Pavel Vlasov: SMT kann selbstverständlich auch neu produziert werden und wird sich dann vor allem in der Verarbeitung gegenüber diesen älteren Typen hervorheben, aber es kann auch jede bereits im Einsatz stehende MiG-29 auf diesen Standard modernisiert werden.
www.airpower.at: Der Rumpf der SMT fasst erheblich mehr Treibstoff als alle früheren Varianten der MiG-29.
Gibt es aufgrund dieses erheblichen Mehrgewichts irgendwelche Einschränkungen in der Flugleistungskurve, Beschränkungen des maximalen Lastvielfachen oder ähnliches?
Pavel Vlasov: Nein, gar keine.
Alle Manöver die mit wenig Treibstoff geflogen werden können, können auch mit vollen Tanks geflogen werden.
Wir konnten die Beschränkungen beim Lastvielfachen sogar erweitern, ursprünglich hatten wir ein Limit von 7,5 g über Mach 0,85 jetzt erreichen wir diese Grenze erst bei Mach 0,9.
www.airpower.at: Jetzt zum Man/Machine-Interface, zwei Farb-Mehrzweckbildschirme dominieren im Cockpit. Was wird darauf angezeigt und wieso sind die Flugsteuerinstrumente immer noch analog?
Pavel Vlasov: Grundsätzlich ist zu sagen, dass dieses Cockpit nach den Wünschen der Russischen Luftstreitkräfte eingerichtet wurde.
Wenn es hier immer noch Uhreninstrumente gibt heißt das nicht, dass wir das nicht können sondern, dass die Russischen Einsatzpiloten die ja zum größten Teil noch nie mit Bildschirmen gearbeitet haben immer noch die Möglichkeit haben sollen auf Analoginstrumente zurückzugreifen.
Zu den Bildschirmen ist zu sagen, dass sie je nach Wunsch des Piloten frei mit allen Betriebsmodi belegt werden können und abhängig von der Sonneneinstrahlung ins Cockpit automatisch der Kontrast geregelt wird damit die Daten immer ablesbar bleiben.
Ein Hauptmodus der Bildschirme ist die "Moving-Map" welche die komplette Darstellung der geografischen Umgebung des Flugzeuges im ganzen Einsatzraum ermöglicht.
Um deren Leistung anschaulich zu machen ein Beispiel: Wir haben einen 150km breiten Streifen der ganze Flugstrecke von Moskau nach Zeltweg in das System eingespielt und der Datensatz umfasst etwa 30 Megabyte, derzeit ist Platz für einen Datensatz von einem Gigabyte.
Auf diese Karte können wir beliebig Markierungen platzieren, zum Beispiel Frontverläufe, Grenzen, den eigenen Flugpfad samt Wegpunkten, Ziele usw. und wir können auch die taktischen Daten des Radars über die Karte legen.
Selbstverständlich können die Sensordaten, auch von extern mitgeführten Geräten via MIL-STD 1553B Datenbus auch ohne Karte dargestellt werden.
Weiters können die Flugsteuerinstrumente, Systemtests, Daten zu den Betriebszuständen der Triebwerke und die Daten der Bewaffnung abgerufen werden.
www.airpower.at: Es sind eine Reihe österreichischer Piloten dieses Wochenende mit der MiG-29UB geflogen und alle haben sich über die Arbeitsbelastung im Cockpit eher negativ geäußert.
Ist das bei der SMT jetzt besser?
Pavel Vlasov: Sie dürfen nicht vergessen, dass das Cockpitkonzept der UB aus den siebziger Jahren stammt.
Wir haben in diesem neuen Cockpit nicht nur die Bildschirme die uns die Arbeit erleichtern sondern jetzt auch ein richtiges HOTAS-System, die meisten Tätigkeiten betreffend Navigation, Zielauswahl und Waffeneinsatz können jetzt durchgeführt werden ohne die Hände von den Steuereinrichtungen zu nehmen.
Die Anzahl der Instrumente wurde von 30 auf 16 reduziert, die Anzahl der Warnmeldungen und Hinweise vom System wurde von 82 auf 34 verringert und statt 193 Schalter und Kontrollen sind jetzt nur noch 136 im Cockpit vorhanden.
www.airpower.at: Der Sensorkomplex besteht aus dem ZHUK-M Radargerät und dem schon bekannten IRST-Ball.
Was kann das System und wie arbeitet es zusammen ?
Pavel Vlasov: ZHUK-M bietet Mehrfachzielverfolgung von bis zu 10 Zielen und es ist die Bekämpfung von zwei bis vier Zielen gleichzeitig möglich.
Weiters gibt es erhebliche Verbesserungen bei der Erfassung von tief- und langsamfliegenden kleinflächigen Zielen in schwierigem Gelände wie zum Beispiel den Bergen hier in Österreich und wir können Radarbilder vom Boden, z.B. für Aufklärungszwecke oder zur Zielsuche erstellen.
Das Radargerät arbeitet sehr einfach mit dem IRST zusammen.
Der Pilot braucht den Sensor seiner Wahl nur als "MASTER" vorselektieren und das andere Gerät wird automatisch zum "SLAVE", der Rest läuft automatisch ab.
Verliert der Primärsensor aufgrund von Störmaßnahmen oder Umwelteinflüssen den Kontakt zum Ziel wird automatisch das andere Gerät aktiviert und versucht den Kontakt aufrechtzuerhalten.
www.airpower.at: Kann die MiG-29SMT auch Daten direkt von anderen Quellen, zum Beispiel einem anderen Flugzeug übernehmen?
Pavel Vlasov: Ja wir können alle Sensoren abstellen und die Daten vom Flügelmann übernehmen.
Wir können auch Daten von Luftraumüberwachungsflugzeugen oder auch bodengestützten Luftraumüberwachungseinrichtungen übernehmen wenn dort die notwendigen Übertragungsgeräte installiert sind.
www.airpower.at: Ein Kritikpunkt der bei der MiG-29 auch immer laut wird ist der hohe Treibstoffverbrauch.
Bringen die neuen "Stage III" Triebwerke hier eine Verbesserung?
Pavel Vlasov: Die RD33 Stage III Triebwerke bringen vor allem bei der Wartung Vorteile weil sie in Modulen aufgebaut sind.
Eine weitere Verbesserung ist die neue Brennkammer des Triebwerks die einen fast rauchfreien Betrieb ermöglicht.
In dieses Flugzeug (Nr. 917) sind diese Treibwerke übrigens noch nicht eingebaut, die zweisitzige UB die wir bei der Show vorgeführt haben hat sie aber schon.
Was den Treibstoffverbrauch angeht so sind wir absolut sicher das die MiG-29SMT bei Luftraumüberwachungseinsätzen in Österreich ganz ohne Zusatztanks auskommen würde.
Das stellt einen erheblichen Vorteil dar gegenüber Flugzeugen die solche Tanks brauchen, die Flugleistungen sind ohne Zusatztanks viel besser und es bleibt mehr Platz für Bewaffnung.
www.airpower.at: Unsere Piloten die dieses Wochenende bei Ihnen in der UB mitgeflogen sind haben sich alle sehr begeistert gezeigt über die tolle Aerodynamik dieses Flugzeuges und die absolute Kontrolle die man selbst ohne Fly-by-wire über das Flugzeug hat.
Besitzt die SMT ein Fly-by-wire System?
Pavel Vlasov: Nein, SMT besitzt kein Fly-by-wire System.
Das Flugzeug ist auch ohne dieses technische Hilfsmittel extrem Wendig und bei allen Manövern sehr gut führbar, es ist eigentlich unmöglich es aus der Kontrolle zu verlieren.
Aber auch hier besteht die Möglichkeit dem Kundenwunsch zu entsprechen und ein solches System in neue Flugzeuge einzubauen.
www.airpower.at: Eine kurze Frage zu ihrem Displayprogramm.
Sie haben uns zwar eine "Glocke" gezeigt aber eine "Cobra" sind Sie nicht geflogen, wieso?
Pavel Vlasov: Beim Cobramanöver muss man den automatischen Anstellwinkelbegrenzer deaktivieren welcher je nach Flugzustand zwischen 26° und 28° einsetzt.
Außerdem ist bei der "Cobra" der Schwerpunkt ein entscheidender Faktor und der ist beim Zweisitzer UB anders als beim Einsitzer, deswegen habe ich die "Cobra" nicht geflogen.
www.airpower.at: Mr. Vlasov, über uns läuft gerade die Demonstration einer Abfangübung.
Eine Saab 105 wird von zwei Draken gestellt.
Was sagen Sie dazu?
Pavel Vlasov: Das war ein gutes Manöver und sehr gute Vorstellung um den Leuten hier am Platz zu zeigen wie so etwas in der Praxis passiert.
www.airpower.at: Was würden Sie machen wenn man Sie so in die Zange nehmen würde?
Pavel Vlasov: Versuchen könnten sie es ja.
Ich würde in meiner MiG-29 eine 360° Kurve fliegen und dann wäre ich genau hinter ihnen.
www.airpower.at: Mr. Vlasov, vielen Dank für das Interview und die kurze Einweisung in das Cockpit.
Pavel Vlasov: Ich bedanke mich ebenfalls für Ihr Interesse.
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Letzte Aktualisierung: 04. Juli 2000