Zum einen wurde die Technik des "Pressatmens" entwickelt. Dabei wird nach raschem Ein- und Ausatmen die Muskulatur im Bereich des Brustkorbes angespannt und die Luft in der Lunge unter Druck gesetzt. Gleichzeitiges Anspannen der Muskeln in den Beinen, dem Gesäß und dem Bauch soll dabei das versacken des Blutes verzögern bzw. verhindern. Die Beschreibung lässt es erahnen, dass diese "sitzende Tätigkeit" nicht gerade in den Bereich der Entspannungstechniken zu zählen ist. Auch klar dürfte sein dass man beim Luftanhalten ziemliche Probleme mit der Kommunikation bekommt. Während dieser Übungen noch ein Flugzeug zu fliegen fordert schon gehörigen Respekt ab, sich dann noch nach einem eventuellen Gegner umzuschauen fällt wohl in den Bereich der Phantasie.
Die Gripen flying-suite, eines der besten "konventionellen" Schutzsysteme die entwickelt wurden. Foto: Saab |
In Kombination beider Techniken sind bis zu 8 G für den menschlichen Körper tolerierbar. Gegen die gleichzeitig auftretenden Organverschiebungen im Körper bieten sie jedoch keine Hilfe. Sämtliche heute bekannten Systeme fußen grundsätzlich auf dieser Technik.
Erst mit dem aufkommen hochagiler aerodynamisch instabiler Kampfjets (F-16, Mirage 2000, etc. ) wurden wieder Belastungen erreicht für die das Basissystem als ungenügend angesehen werden musste und für die Generation vier (Eurofighter, Rafale, Gripen) ist sie vollkommen unzureichend.
Erweiterungen des Systems waren zusätzliche Luftkammern im Bereich des Oberkörpers und für den Eurofighter wurden sogar schon Druckluftsocken und -schuhe entwickelt die an der Anti-G-Hose angeschlossen werden. Da das noch immer nicht ausreichend ist wurde auch ein System der Zwangsbeatmung entwickelt welche das Pressatmen ersetzt und bei steigender Schwerkraftbelastung Luft in die Lungen des Piloten presst. Um der thermischen Probleme Herr zu werden die durch die dicke Verpackung der Piloten auftreten finden inzwischen auch schon Kühlwesten Verwendung welche die Körpertemperatur regulieren und einen Temperaturstau verhindern.
Herzfrequenz ohne (rot) und mit /grün) Libelle
Herz-/Lungenfrequenz mit Libelle bei Beschleunigungen bis 9G |
Doch so gut und teuer die neuen Systeme auch sind, sie funktionieren nicht perfekt. Größtes Problem ist die zeitliche Verzögerung (etwa 2 Sek.) bis zum Einsetzen der Wirkung des Drucksystems. Waren die Flugzeuge im zweiten Weltkrieg und danach in der Lage einen Anstieg der Schwerkraftbelastung um 2 bis 3 G pro Sekunde (onset rate) zu erzeugen so konnten die aerodynamisch instabiler Kampfjets der 70er und 80er Jahre schon mit einer onset rate von 6G pro Sekunde aufwarten. Bei einer onset rate von 3G/Sek. setzt die Wirkung der Speed Jeans genau dann ein wenn das Herz-Kreislauf-System seine naturgegebene Grenze erreich hat. Bei 6G/Sek. stehen im Extremfall 9G schon eine halbe Sekunde lang an bevor deren Wirkung einsetzt. Und die letzte Generation von Flugzeugen schafft sogar eine onset rate von 12-15G/Sek.. Das bedeutet, dass die Maximalbelastung von 9G, bei der das elektronische Flugmanagementsystem abriegelt, in etwas mehr als einer halben Sekunde erreicht werden kann - viel zu schnell für Systeme wo erst Ventilen geöffnet und Pumpensysteme aktiviert werden müssen, viel zu schnell für den menschlichen Organismus.
Inzwischen bekommen Flugmediziner schon echte Probleme mit der medizinischen Ethik. Die Frage was vom medizinischen Standpunkt aus noch als vertretbar angesehen werden kann, wurde inzwischen nicht erst einmal gestellt.
In den 60er Jahren war es der Amerikaner Dr. Gray der in seinem Forschungsdrang mit einem flüssigkeitsgefüllten Anzug experimentierte. In einem Selbstversuch erreichte er bemerkenswerte 31G - und überlebte! Doch auch sein Entwurf war fern jeder Verwendbarkeit - er hatte sich sitzend in einen stählernen Anzug einschweißen lassen.
Die Humanzentrifuge in Königsbrück. Mit einer Beschleunigung von bis zu 5G/Sek. eine der stärksten Anlagen dieser Art. |
Mit einem ersten Prototypen, ein transparenter Plastikanzug mit 28 Liter Wasserinhalt, wurden Flugversuche in einer Pilatus Porter unternommen. Der Anzug funktionierte wie gewünscht, er war zwar "tragbar" aber natürlich weit weg von jeder Truppentauglichkeit. Weitere Flugversuche gab es in einem Learjet mit dessen Hilfe der Bereich zwischen 0 und 3G mit einem anwesenden Ärzteteam untersucht wurde. Dabei wurde festgestellt, dass die Versackung des Blutes schon bei 1,2G beginnt, während herkömmliche "Speed Jeans" erst ab 1,75G ansprechen. Konstruktive Verbesserungen und die Kombination mit der neuesten verfügbaren Textiltechnik ermöglichten Schritt für Schritt eine Absenkung der benötigten Wassermenge auf 6 und später auf 4 Liter bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung. Um zu diesen Ergebnissen zu kommen waren inzwischen auch Flugversuche mit Kampfjets der Schweizer Flugwaffe durchgeführt worden. Jedoch war es noch ein weiter Weg bis zu einem marktreifen Produkt, und der konnte nicht weiter in der Schweiz gegangen werden. Ende der 90er Jahre wurde die deutsche Luftwaffe in das Projekt eingebunden. Zusammen mit dem Flugmedizinischen Institut der deutschen Luftwaffe in Königsbrück (Standort einer der größten Humanzentrifugen der Welt), der DASA und der Firma Autoflug wurde der neue Anzug weiter bis hin zu einem fertigen Produkt entwickelt.
Die Prototypen 1,... |
...2,... |
...3,... |
...und 4. |
Die "flüssigen" Muskel der Libelle |