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Interview mit Stig Holmström


v.l.n.r
Stig Holmström, Saab AB;
Martin Rosenkranz, www.airpower.at;
Jan Ahlgren, Saab AB
Am Rande der Konferenz "Airpower 2001" in London hat Martin Rosenkranz Gelegenheit Stig Holmström, den ehemaligen Saab-Testpiloten der den Erstflug mit dem Gripen durchgeführt hat und nun für Saab AB im Bereich Marketing tätig ist, getroffen und ihn für www.airpower.at interviewt.

www.airpower.at: Mr. Holmström, zu Beginn bitte eine kleine Übersicht über ihre Karriere bei den schwedischen Luftstreitkräften sowie als Testpilot bei Saab.

Stig Holmström: Mit dem Fliegen begann ich bei den schwedischen Luftstreitkräften. Ausgebildet wurde ich dort auf der Saab Safir sowie der Vampire und schließlich auf der Saab J-29 "Fliegende Tonne" die ich insgesamt fünf Jahre flog. Danach wurde ich ausgewählt für das militärische Flugtestzentrum in Linköping. Dort flog ich alle Flugzeuge im Inventar der schwedischen Streitkräfte - Lansen, Draken, SK 60, Viggen, etc. Außerdem flog ich noch ein paar Jets aus anderen Ländern wie zum Beispiel die F-4 "Phantom", F-104 "Starfighter", Tornado, F-16 und F-18. Mitte der 80er Jahre wechselte ich zu Saab, wurde dort Cheftestpilot und durfte als Höhepunkt meiner Karriee als Pilot im Dezember 1988 den Erstflug mit dem JAS-39 "Gripen" durchführen. Insgesamt habe ich in meiner Laufbahn über 4.000 Flugstunden absolviert, davon etwa 10 im Gripen.

www.airpower.at: Sie sind Teil der Gripen-Geschichte von Anfang an. Hat sich das Flugzeug so entwickelt wie es ursprünglich geplant war?

Über ein Jahr Vorbereitung für den Erstflug, Stig Holmström, 9. Dezember 1988

Stig Holmström: Ja, es hat sich sehr gut entwickelt und in vielen Bereichen übertreffen wir schon jetzt unsere eigenen Erwartungen und auch die ursprünglich geforderten Leistungen.

www.airpower.at: Gleich am Anfang eine vielleicht ein bisschen gemeine Frage. Wie ist das Gefühl wenn das neue Flugzeug, "das Baby", nach dem sechsten Flug bei der Landung einen Purzelbaum schlägt?

Stig Holmström: Als Testflieger bist du mental immer auf das unerwartete vorbereitet, aber das war natürlich ein sehr unglückliches Missgeschick, dass einen Haufen extra Arbeit erforderlich machte und auch zu Verzögerungen im Programm geführt hat. Das Gute dabei war, dass der Pilot überlebt hat.

800 m um von 0km/h bis zum Abheben zu beschleunigen und wieder zum Stillstand zu kommen.

www.airpower.at: Die härtesten Kritikpunkte die seitens der Konkurrenz gegen den Gripen immer wieder ins Feld geführt werden sind das vergleichsweise geringe Schubkraft/Gewichts-Verhältnis und die geringe Zuladekapazität im Bereich der Bewaffnung.

Stig Holmström: Der Gripen wurde entworfen als kleines bis mittelgroßes Mehrzweckkampfflugzeug und das hat sowohl auf der Kostenseite als auch beim taktischen Aspekt sehr große Vorteile. Der Gripen zeigt sowohl bei der Zuladung als auch bei der Schubkraft sehr gute Leistungen - und zwar gleich oder besser als die der Konkurrenz. Nur um ein Beispiel zu nennen - die Performance beim Start von einem kurzen Straßenabschnitt: 400m vom Stillstand bis zum Abheben mit einer externen Nutzlast von 5 Tonnen sprechen wohl für sich selbst.

www.airpower.at: Als sie mit der Militärfliegerei begonnen haben war Jetfliegen ein sehr gefährliches Unterfangen und die Piloten mussten fast permanent den technischen Zustand ihres Fluggerätes überprüfen, ganz einfach um am Leben zu bleiben. Nun werden Kampfflugzeuge rund um Hochleistungs-Computersysteme gebaut die dem Piloten viel Arbeit abnehmen sollen. Wo liegen Saab's Prioritäten in diesem Bereich und was leistet der Gripen derzeit?

"Second to none" - das Gripen-Interface

Stig Holmström: Fortschrittliche Avionic ist ein absolutes muss für ein modernes Kampfflugzeug, der Gripen besitzt solch ein enorme Rechenkapazität. Es gibt einen die Flexibilität die man braucht, aber noch wichtiger als das ist das eingebaute enorme Steigerungspotential für zukünftige Entwicklungen. Die Arbeitsbelastung des Piloten zu reduzieren war eines der Hauptentwicklungsziele während der Design- und Entwicklungsphase des Gripen. Viele der Systeme arbeiten heute vollkommen autonom und erfordern keinerlei Aufmerksamkeit des Piloten, sie melden sich von alleine wenn eine Fehlfunktion auftritt von welcher der Pilot wissen sollte. Die elektronischen Displays zusammen mit dem großen Head-up-Display und dem HOTAS-System ermöglichen es dem Piloten sich voll auf seine taktischen Aufgaben zu konzentrieren anstatt dauernd irgendwelche Uhren abzulesen und Positionen von Schaltern im ganzen Cockpit zu checken. Wir nehmen für uns in Anspruch, dass der Gripen einen 2:0 Vorsprung im Bereich des Man-Machine-Interface besitzt.

www.airpower.at: Wie funktionieren die Verbindungen zwischen Saab und den schwedischen Luftstreitkräften, wie werden Entscheidungen bei der Weiterentwicklung dieses Flugzeuges getroffen?

Stig Holmström: Es gab immer schon sehr enge Verbindungen zwischen den schwedischen Luftstreitkräften und der schwedischen Industrie. Die Anforderungen kommen von den Streitkräften und die Industrie tut ihr möglichstes um diese voll zu erfüllen. Für die Exportversion des Gripen wurde einiges auf Initiative von Saab entwickelt, z.B. das Luftbetankungssystem oder zusätzliche Bewaffnungsoptionen.

www.airpower.at: Let's make things better" - was bringt die Gripen-Zukunft?

Stig Holmström: Software Upgrades für den Gripen wird es über den ganze Lebensdauer dieses Systems geben um neue Features verfügbar zu machen und auch um das Handling und die Charakteristik dieses Flugzeuges weiter zu verbessern.

www.airpower.at: Wie sieht es mit den Bewaffnungsoptionen des Gripen in der Zukunft aus.

Stig Holmström: Der Sektor der Bewaffnung ist sehr interessant weil neue Waffen rund um die Welt entwickelt werden. Viele Kunden möchten einen Mix aus präzisionsgelenkten und billigeren ungelenkten Waffen integriert sehen. Wir stehen dem sehr positiv gegenüber und mit unserer flexiblen Avionic ist das alles möglich.

Die Bewaffnungsoptionen des Gripen werden stark erweitert

www.airpower.at: Der Radarquerschnitt des Gripen wird mit der Hälfte einer Mirage 2000, einem Drittel der F-16 und einem Fünftel der F-18 beschrieben. Die Reichweite des Gripen-Radars wird beinahe gleichgut wie bei F-18, 120% der Mirage 2000 und 140% der F-16 beschrieben. Was spielt sich nun ab wenn eine Gruppe Gripen über der Ostsee auf eine Gruppe Su-27 trifft?

Stig Holmström: Die Gripen orten die Su's sicher zuerst, die 27er ist ja ein riesiges Flugzeug. Alle bis auf einen Gripen werden ihr Radar abschalten und die Gruppe wird sich weit verteilen. Die Positionsdaten sowie die Waffenleitlösungen werden über den Link an die Gruppe verteilt und da wir sowohl die Reichweite der eigenen Waffen als auch die der Gegner auf den Displays eingeblendet bekommen, wird der jeweils taktisch am besten Positionierte ohne eigenen Sensoreinsatz die Waffen abschießen, währen die anderen Ablenkungsmanöver fliegen bzw. aus sicherer Entfernung den Radarkontakt halten.

www.airpower.at: Möglicherweise gibt es einige harte Kürzungen bei den österreichischen Luftstreitkräften wenn wir das neue Kampfflugzeug bekommen. Es ist die Rede davon, dass eine Basis geschlossen werden soll und neben dem Draken auch die Saab 105 abgestellt wird. Somit würden die Piloten nur PC-7 fliegen bevor sie in den zweisitzigen Einsatztrainer kommen. Denken Sie das dieser Trainings-Sylabus ausreicht um einen guten Einsatzpiloten für den Gripen zu erhalten.

Stig Holmström: : Ich glaube schon, dass ein solches Trainingskonzept möglich ist, aber man muss das sehr genau ansehen um den kosteneffektivsten Weg einer Kombination von Simulator- und Trainer- und Gripen- Zweisitzer-Flugstunden zu finden. Aber ich bin sicher, dass man am Ende einen guten Einsatzpilot bekommt.

www.airpower.at: Herr Holmström, ich bedanke mich für die Zeit die sie mir geopfert haben.

Stig Holmström: Bitte sehr, keine Ursache.


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Letzte Aktualisierung: 17.02.2001