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"Fighter Link"
das Herz des Gripen-Systems

   Ein Datennetzwerk ermöglicht den Teilnehmern Situationsbewusstsein in allen Phasen des Einsatzes.
Schon seit Anbeginn der Kriegsführung stellt es eine Herausforderung dar, festzustellen was sich "hinter dem nächsten Hügel" tut, diese Information der Kommandoebene zur Entscheidungsfindung zuzuführen, und schließlich den Streitkräften im Feld möglichst schnell entsprechende Aufträge zu erteilen.
Auch wenn die Fortschritte der Kommunikationstechnologie heute entsprechen schnellere Übertragung von Mitteilungen erlauben bestehen immer noch Probleme die mit steigenden Geschwindigkeiten und Entfernungen überproportional zunehmen. Besonders die Luftkriegsführung ist davon betroffen. Einerseits sind die Geschwindigkeiten im modernen Luftkampf dermaßen hoch, dass Entscheidungen in Sekunden und manchmal auch nur in Bruchteilen von Sekunden getroffen werden müssen. Andererseits sind die Entfernungen zur Kommandoebene aber auch die Räume die Beachtung finden müssen so groß, dass ein hohes Ausmaß an Kommunikation notwendig ist um den Piloten ein exaktes Lagebild vermitteln zu können. Dass eine Störung oder Unterdrückung dieser Kommunikation zu einer entsprechend verringerten Leistung der betroffenen Streitkräfte führen muss versteht sich von selbst.

Schweden, dass sich als neutrales Land zwischen den Blöcken im kalten Krieg der erdrückenden Übermacht der sowjetischen Luftstreitkräfte gegenübersah begann daraufhin mit der Entwicklung eines Kommunikationssystems, dass eine Führung seiner Luftstreitkräfte mit geringer bis keiner Sprachkommunikation möglich machen sollte. Das fehlen der üblichen umfangreichen und leicht störbaren Sprachkommunikation im Austausch gegen in Umfang und Sendestärke minimale Datensignale die kaum störbar waren, deren Inhalt nicht interpretierbar und deren Empfänger noch dazu unbekannt blieb, sollte die schwedischen Luftstreitkräfte auch noch am Tag X in funktionsfähigem Zustand erhalten.

Der Draken. Erstmals Führung ohne Sprachkommunikation.

Die Draken-Ära

Ab 1963 wurde in den Modellen J-35B und J-35D begonnen mit der Übermittlung von Kommandosignalen die der Pilot im Cockpit ablesen konnte zu experimentieren. Mit dem Modell J-35F, welches ab 1965 gebaut wurde, und später dem J-35J begann man dann mit dem Datenlink von Anfang an zu arbeiten. Da natürlich damals niemand eine Ahnung von den heute üblichen Multifunktionsbildschirmen haben konnte sondern nur Uhreninstrumente zu Verfügung standen musste ein ganz anderer Weg, als man es heute gewohnt ist, beschritten werden um die entsprechenden Mitteilungen an den Piloten zu übertragen. So wurden bei einigen Instrumenten zusätzliche Zeiger installiert die dem Piloten Höhe, Geschwindigkeit, Richtung und Entfernung des Ziels mitteilten (z.B. zeigten zusätzliche Zeiger am Höhenmesser sowie am Kompass Höhe und Richtung des Ziels etc.). Über dem Höhenmesser war ein Rollinstrument installiert welches jeweils ein Kommandowort (z.B. "steigen", "sinken", "links", "rechts", etc.) anzeigen konnte und mit dem Kombinationen bis zu drei Wörtern an den Piloten übermittelt werden konnten. In Ruhestellung waren alle diese Zeiger so gut versteckt, dass selbst ein Foto des Cockpits nichts von der Existenz dieser zusätzlichen Anzeigen verriet. Der Zugang zum System war streng limitiert, entsprechende Bestandteile der Piloten- und Technikerhandbücher streng geheim und wurden nur an das jeweilige Schlüsselpersonal ausgegeben und sämtliche Erwähnungen des Systems, selbst im Funkverkehr zwischen den Piloten und deren Radarleitoffizieren, strikt untersagt. Somit war es erstmals möglich komplette Abfangeinsätze durchzuführen während derer auch nicht ein einziges Wort zwischen den Radarleitoffizieren und den Piloten gewechselt wurde. Verbesserungen über die Jahre dienten vor allem der Steigerung der Reichweite sowie der Störfestigkeit des Systems.

Der Viggen. Grafische Darstellung der Daten

Der Viggen, die Geburt des "Fighter Link"

Die Ablösung des Draken als Luftraumüberwachungsflugzeug kam Ende der 70er Jahre mit dem JA-37 "Jaktviggen", welcher die zweite Generation der Viggen-Familie präsentiert die ab Anfang der 70er in Schweden vom Band lief. Der JA-37 beinhaltete mehrere hundert kg der damals modernsten Computertechnik und ermöglichte die Darstellung komplexerer Daten auf dem HSD (Horizontal Situation Display). Damit war die Tür aufgetan wesentlich mehr Daten für den Piloten in übersichtlicherer Form darzustellen und so wurde begonnen mehrere Flugzeuge mittels einem Link die benötigten Informationen zu geben, der "Fighter-Link" war geboren. Vorerst konnten zwei Flugzeuge mit einer Linkverbindung geführt werden und untereinander kommunizieren, ab 1984 stieg das auf vier an. Mit dem Start des Gripen-Programms flossen auch Features die für das neue Flugzeug gedacht waren in den Jaktviggen ein. Der JA-37D, eine Modernisierung des Jaktviggen die ab 1998 ausgeliefert wurde, konnte so erstmalig eine up- und downlink Verbindung für vier Teilnehmer herstellen an der eine unlimitierte Anzahl an passiven Teilnehmern partizipieren konnte.

Grafische Darstellung der Linkdaten im Gripen-Cockpit. (Anklicken zum vergrößern.

Der Gripen - "Tactical Information Data Link System" als Systembestandteil

Schon in der Entwurfsphase des Gripens war klar, dass das neue Flugzeug voll von der Computertechnologie des späten 20. Jahrhunderts profitieren sollte. Die primäre Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine sollten primär Bildschirme sein, Daten nicht analog sondern digital im Flugzeug transportiert, verarbeitet und gespeichert werden. Daneben sollten die Computersysteme innovativ als modulare Stecksysteme welche per Hand binnen weniger Minuten getauscht werden können im Flugzeug untergebracht werden. Von all dem profitiert der "Fighter Link" im Waffensystem Gripen. Sämtliche relevante Daten ob technischer oder taktischer Natur werden über den Link den Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt. So ist die Bodencrew ständig und ohne ein Wort zu sprechen zu müssen über den technischen Zustand des Flugzeuges informiert. Welche und wie viel Munition ist noch vorhanden, wie viel Treibstoff ist vorhanden und welche technischen Probleme sind möglicherweise aufgetreten? Ohne Sprechen zu müssen können in 95% der Fälle all diese Fragen exakt geklärt werden noch bevor der Jet mit den Rädern auf der Landebahn aufsetzt, entsprechende Vorbereitungen am Boden abgeschlossen sein, der Zeitraum den das teure Kampfflugzeug am Boden verbringt minimiert werden. Ebenso auf taktischer Seite.
Entsprechend spektakulär ist die Umsetzung dieses Konzepts und die grafische Aufbereitung für die Piloten. Daten von den verschiedenen Sensoren einer großen Anzahl von Flugzeugen oder anderer Datenquellen werden frei nach dem Prinzip "Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte" so weit wie möglich in die taktische Anzeige eingeblendet und das samt Herkunft der Information dort wo dies sinnvoll erscheint. Gleichzeitig kann sich ein Pilot in der Luft oder am Boden den Status seiner Kollegen, ihren Munitions- und Treibstoffbestand sowie technischen Zustand des Flugzeuges ansehen und weiß auch, dass die anderen über die selben taktischen Daten verfügen wie er selbst, was für das Situationsbewusstsein von enormer Bedeutung ist. "TIDLS" ist sowohl für das Flugzeug als auch die Taktik die in Schweden damit verfolgt wird "die" zentrale Funktion. "Vormachtstellung in der Luft durch Informationsüberlegenheit" sind denn auch die Schlagworte für dieses Kampfflugzeug des Informationszeitalters.

Der Aufbau des TIDLS

"Tactical Information Data Link System" - mehrstufige Linkverbindungen zwischen den Bedarfsträgern als möglichst vollständiger Ersatz der Sprachkommunikation. (Anklicken zum Vergrößern)

"Link 16" - primär taktische Daten als Ergänzung der Sprachkommunikation.

Die Grundidee hinter dem Fighterlink war, jedem so viel Sendezeit wie möglich zu geben um eine Vielzahl an Daten senden zu können. Somit wurde die Anzahl der aktiven Teilnehmer an einem Link auf vier beschränkt womit jeder 25% der Gesamtzeit zur Datenübermittlung zur Verfügung hat. Gleichzeitig kann eine beliebig hohe Anzahl an passiven Teilnehmern diese Daten übernehmen. Damit aber auch größere Szenarien über den Link abgewickelt werden können war eine zweite Ebene notwendig. Auf dieser zweiten Ebene kann Verbindung mit einem zweiten 4er Schwarm aber auch mit der Bodenkontrolle oder einem Luftraumüberwachungsflugzeug als "Vermittlungsstelle" oder auch mit dem "Link 16" zur NATO gehalten werden. Somit wird de facto nicht ein Link sondern es werden beliebig viele Links etabliert die überlappend die notwendigen Daten austauschen ohne den einzelnen in seiner Sendezeit zu beschränken.

Im Vergleich dazu "Link 16"

Die Sende- und Empfangszeit beim NATO-Datenlink "Link 16" ist abhängig von der Anzahl der Teilnehmer variabel. In Zeiteinheiten von 7.8125 Millisekunden gesplitet haben die Teilnehmer die Möglichkeit 3, 6 oder 12 Worte mit je 70bits an Daten zu senden. Bis zu 20 solcher Netzwerke mit insgesamt über 524.000 Kontakte in einem weltweiten Szenario kann der "Link 16" verwalten. Jedoch ist es nicht möglich in mehr als einem Netzwerk teilzunehmen. Der "Link 16" ist in den meisten Fällen nicht systemintegrativer Bestandteil bei dem die Daten gleich automatisch in die Displayanzeige eingearbeitet sowie selbstständig weitergeleitet werden sondern läuft teilweise parallel. In der F-14D besteht das System aus 2 MFD's beim Piloten, einem MFD beim Copiloten(RIO), einem Dateneingabegerät, einem Kontrollgerät für Grundeinstellungen sowie einigen Zusatzfunktionen bei den Funkgeräten. Somit beschränkt sich der "Link 16" primär auf taktische Daten und nur größere Einheiten (Schiffe etc.) senden auch Treibstoff- und Munitionsbestand über den Link. "Link 16" benötigt also wesentlich mehr Verwaltung durch den/die Piloten und verringert mit zunehmender Teilnehmerzahl die Sendezeit des Einzelnen.


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Letzte Aktualisierung: 16.04.2001