Rudi PERESIN's Flug nach Österreich von Georg MADER für www.airpower.at.
25. Oktober 1991
09:35 Uhr: Die Operators des Luftraumüberwachungssystem Goldhaube des österreichischen Bundesheeres - in grosser Höhe kann man damit bis Sarajewo erfassen - beobachten im Luftraum über Mittelkroatien mehrere Flugzeuge unbekannter - jedoch vermutlich jugoslawischer - Identität.
Eines davon bewegt sich kurz darauf mit hoher Geschwindigkeit nach Norden in Richtung Slowenien und weiter der österreichischen Staatsgrenze, verschwindet - verdeckt von den Karawanken - dann jedoch vom Radar.
Die MiG 21 R in Klagenfurt, ein paar Tage später
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Zur selben Zeit sind zwei Saab-105 des FlgR 3 aus Linz - Hörsching im Raume Aigen i. Ennstal unterwegs.
Kurz danach hat die nicht identifizierte Maschine durch extremen Tiefflug weitere Radarerfassung im Bereich der Karawanken vermieden und fliegt ins Klagenfurt Becken ein.
Als sich der Pilot dort orientiert und den Flughafen Klagenfurt im Überflug visuell prüft, meldet der Tower in LOWK per Telefon der MCC in die Wiener Schnirchgasse "
Eine MiG über Klagenfurt.!!." und fragt nach weiterem Vorgehen.
Der Tages-Einsatzoffizier/Abfang hatte das Verschwinden des betreffenden Kontakt noch nicht vergessen, beruhigt KLU und dirigiert darauf die beiden 105 mit high-priority schnellstmöglich nach Annabichl, während dort die unbekannte MiG bereits mit ausgefahrenem Fahrwerk dem Tower die Absicht zu landen signalisiert.
Sie wird jedoch von den beiden unterschallschnellen Saab 105 in der Luft nicht mehr gefunden, bzw. nicht rechtzeitg erreicht.
Um 09:58 setzt die MiG in Österreich auf.
Noch während sie am Taxiway rollt, sind die beiden Saab-105 vor Ort, überfliegen den Eindringling tief und melden der MCC die Landung, die Identität als MiG-21 der jugoslawischen Volksluftwaffe (Ratno Vazduhoplovstvo i Protiv Vazdušna odbrana - oder kurz RViPVO), und die taktische Nummer '112' auf der rechten Flügeloberseite.
Ing. Rudolf Peresin's Fliegerdress und..
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...seine Handfeuerwaffen liegen heute im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien
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Die Maschine wird schnell als naturmetall-silberne MiG-21R - also eine Aufklärungsversion ohne Bordkanone - identifiziert.
Sie trägt jedoch keinen Kamerabehälter, zwei Zusatztanks und ist sonst nicht bewaffnet.
Die taktische Nummer ist auf beiden Bugseiten mit grauer Farbe übermalt, vermutlich eine Vorsichtsmassnahme um kroatische Aufklärung zu erschweren.
Auf beiden Seiten des Leitwerks ist jedoch in kleinen Ziffern die Nummer '26112' angebracht.
Dem Flugzeug entsteigt der Pilot und stellt sich als Kapetan Ing. Rudolf Peresin vor.
Er ist mit mit einer 7,65mm Pistole M70 und einer 7,65mm Klein MP M61 bewaffnet und gibt in gebrochenem Englisch bei der Befragung durch das österreichischen HNA Folgendes zu Protokoll:
Er wolle nicht mehr länger im Sold der JRV gegen seine kroatischen Landsleute kämpfen, suche aber nicht um politisches Asyl an sondern wolle in die befreiten Teile Kroatiens zurück.
Er gab an, am 25. März 1953 in Jarsimac nahe Gornje geboren worden zu sein.
Er habe das Militärgymnasium in Mostar und später dann die JRV-Luftwaffenakademie in Zadar - Zemunik besucht.
Nach Abschluß der Ausbildung zum Einsatz-Jetpiloten wäre er 1982 im nordbosnischen Bihac stationiert worden.
Dort flog er in der 352. Aufklärungsflieger-Staffel (Izvidajcka Avijacijska Eskadrila - IAE), des 117. Jagdfliegerregiments im Rahmen des 5. Korps der RViPVO.
Die MiG-21R
Der 285 kg schwere ‚D-Pod' mit sieben Mittelformatkameras.
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Die gegenständliche Aufklärungsversion der MiG-21 war die erste Variante der dritten Generation des taktischen Jägers welche in Serienproduktion ging, und zwar genau von 1965 bis 1971 im Werk (Zavod) 21 in Gorkij, sowohl für die sowjetische Luftaffe (VVS) als auch für den Export.
Sie unterschied sich von der zweiten Generation MiG-21 (etwa PFM-SPS) in mancher Hinsicht.
Der Rumpfrückenwulst war bis zum Seitenleitwerk grösser und länger und enthielt einen zusätzlichen 340 Liter Kerosintank, was die maximale interne Treibstoffmenge auf 2.800 Liter ansteigen liess.
Ausserhalb der existierenden zwei Flügelpylone wurde je ein zusätzlicher Pylon für 490 Liter-Zusatztanks eingerüstet.
Dazu wurden die Flügeholme des Deltatragwerks verstärkt.
Von aussen gibt es einige gut sichtbare "Spezilität" der R-Version im Vergleich zu älteren Varianten.
So gab es etwa zusätzliche Nick- und Gierwinkelgeber-Flösschen auf dem nach rechts versetzten, vor dem Cockpit nach vor ragenden Datenträger-Boom.
21er-Aufklärercockpit. Bedienungskonsole für die Kamerabehälter oben über dem Reflexvisier.
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Jene waren - zusammen mit dem Anstellwinkelgebern (AOA) auf jeder Seite der Rumpfnase - mit dem für tiefe und schnelle Aufklärereinsätze notwendigen genaueren Autopiloten AP-155 verbunden.
Ausserdem wurde eine Blattantenne am Rumpfrücken weggelassen und eine kleine Kühllufthutze am Rücken hinter dem Cockpit hinzugefügt.
Prominentestes Erkennungsmerkmal der R waren jedoch sicher die beiden RHAWS (Radar Homing and Warning System)-Behälter an den Flügelspitzen, welche - im Gegensatz zu den normalen SO-69 Sirena Radarwarnempfängern - vorne und hinten je eine sog. Sprial-Helix Antenne zur 360° Abdeckung enthielten.
Die bisherige "nasse" Unterrumpfstation wurde für die Aufnahme der eigentlichen Aufklärungsausrüstung umgerüstet.
Die beiden Kamerabehälter für Fotoaufklärung wurden D-Behälter und R-Behälter genannt.
Ersterer wurde für Tages-Fotoaufklärung verwendet und enthielt sieben Mittelformatkameras (sechs A-39 und eine ‚Asht-Schafa' SM Reihenbildkamera) mit verschiedenen Brennweiten für normale und überlagernde Aufnahmen bzw. Bildreihen.
Radaraufklärungseinrichtungen im Behälter waren die Systeme ASO-21 und ein ECM-System.
Der ‚D-Pod' wog 285 kg.
Der andere Aussenbehälter (R-Pod) enthielt ebenfalls eine A-39 Kamera und (zum D-Pod) zusätzliche elektronische Aufzeichungs-Ausrüstung mit den Systemen LYRA und MS-81sowie einen Satz Chaff und Flares.
Er wog etwa 305 kg.
Ausserdem gab es noch den N-Behälter für Nacht-Fotoeinsätze, welcher primär im rückwärtigen Teil mit Blitzlichtkartuschen gefüllt war.
Wie die meisten MiG-21 Varianten, wurde die Aufklärungsversion kontinuierlich aufgewertet.
Während frühe R's (wie jene gegenständliche) keinen Rückblickspiegel auf der Cockpithaube trugen, erhielt die nachfolgende MiG-21RF einen Ts-27AMSh Rückspiegel am Cockpithaubenrahmen.
Die NATO-Bezeichnung der R-Version lautete "Fishbed-H".
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