Mit der Entscheidung die "Queen Elizabeth Class-Carrier" nicht zu bauen, mussten 1977 auch Bucaneer's und Phantom's ausser Dienst gestellt werden. |
Doch Mitte der 70er änderte sich die Situation für die Royal Navy dramatisch. Die Britische Regierung hatte sich 1966 entschlossen kein Ersatzprogramm für die Träger der Royal Navy (HMS Hermes, HMS Ark Royal, HMS Eagle und HMS Victorious) zu starten und diese in Folge außer Dienst zu stellen (von 1968 bis 1978). Und so wurde absehbar, dass die einzige Möglichkeit der Royal Navy, weiterhin Flugzeuge von Schiffen aus zu betreiben, eine maritime Variante des Harriers sein würde.
Allerdings wurde der Begriff "Aircraft Carrier" ein politisch sensitiver Begriff. Und so wurde, um die Politik nicht vor den Kopf zu stoßen, eine neue Schiffsklasse ersonnen, die nicht "Carrier" sondern "Through-Deck-Cruiser" genannt wurde und deren Auftrag in der Bekämpfung von U-Booten im Atlantik lautete. Drei Schiffe mit einem Gewicht von 20.600 Bruttoregistertonnen wurden in Auftrag gegeben - "Invincible", "Illustrious" und "Ark Royal". Annähernd gleichzeitig erhielt Hawker Siddeley den Auftrag für eine Studie zum Bau eines "navytauglichen Harrier". 1973 erhielt Ferranti den Auftrag Radar und Computer für das Flugzeug zu entwickeln und 2 Jahre später, am 15. Mai 1975, wurde ein Auftrag zum Bau von 24 Maschinen (davon 3 Stk. Vorserie) in Auftrag gegeben.
Für drei Rollen war der "Sea Harrier" bei der RN vorgesehen. Als Abfangjäger und für Luftkampf-Patrouillen, als Aufklärer mit der Fähigkeit auch Seeziel zu suchen und als Angriffsflugzeug gegen Schiffe, Schnellboote und Ziele an Land.
Hauptunterschiede zum Harrier der RAF waren ein um 25cm erhöhter Cockpitboden, der dem Piloten bessere Sicht verschaffen sollte, ein Radar um auch die Jäger-Rolle durchführen zu können und zum Teil andere Baumaterialien, um die Korrosion in der salzigen Meeresluft zu unterbinden.
British Aerospace Sea Harrier FRS.Mk1Funktion: Land- und trägergestütztes Jagd, Aufklärungs- und Angriffsflugzeug mit Kurzstart- und Senkrechtlande-FähigkeitSpannweite: 7,70m Länge: 14,50m Höhe: 3,71m Leergewicht: 5.896kg max. Abfluggewicht: 11.793kg (kein VTOL) Besatzung: 1 Triebwerk: 1 x Rolls-Royce Pegasus 2 Mk104 mit 9.752kg Schub Höchstgeschwindigkeit: 1.183 km/h in Meereshöhe Dienstgipfel: 15.240m Aktionsradius: 740km |
British Aerospace Harrier GR.3Funktion: Landgestütztes Angriffsflugzeug mit Kurzstart- und Senkrechtlande-FähigkeitSpannweite: 7,70m Länge: 14,38m Höhe: 3,43m Leergewicht: 5.533kg max. Abfluggewicht: 11.793kg (kein VTOL) Besatzung: 1 Triebwerk: 1 x Rolls-Royce Pegasus 2 Mk104 mit 9.752kg Schub Höchstgeschwindigkeit: 1.183 km/h in Meereshöhe Dienstgipfel: 15.240m Aktionsradius: 840km |
Hauptsensor des Sea Harrier war, anders als bei den RAF-Versionen, ein Ferranti Blue Fox pulsmoduliertes I-Band Radar mit Such- und Angriffsmodis für Luft- und Bodenziele, Zielmodis für die Waffenlenkung sowie Entfernungsmessung für die 30mm ADEN-Kanonenpods.
Hauptwaffe für den Luftkampf war je eine AIM-9L "Sidewinder", gebaut von Bodenseewerke, an den äußersten Flügelpylonen. Die Entwicklung eines Doppelstarters für die Sidewinder, wurde in Vorbereitung für den Falkland-Konflikt hastig in Angriff genommen. Der Starter, welcher die Kapazität des Sea Harrier's auf vier Sidewinder's verdoppelte, wurde aber erst nach dem Krieg fertig.
Die Aufklärungskapazitäten waren gering. Für die Fotoaufklärung war Steuerbord-seitig in der Nase eine Tagslicht-Kamera, mit zwei austauschbaren Linsen und einer Verschlusszeit von 1/3000 Sek, eingebaut. Auf 57mm x 57mm großen Negativen konnten in vier selektierbaren Geschwindigkeiten (4 oder 8 pro Sek. bzw. nach Umbau 6 oder 12 pro Sek.) Fotos aufgenommen und diese auf dem Stimmenrecorder im Cockpit auch kommentiert werden. Hauptsensor für die Aufklärung war ebenfalls das Radar, mit dem Oberflächenkontakte erfasst werden sollten.
Für die Angriffsrolle standen eine Reihe von Optionen zur Verfügung.
Für die beiden inneren Unterflügelstationen, die Gewichte bis 907kg tragen konnten, waren je eine freifallende 467kg Bombe, je eine fallverzögerte 508kg Bombe, je eine 601kg schwere "Sea Eagle" Anti-Schiff-Rakete mit 110km Reichweite, je ein Raketenwerfer mit je 36 Stk 51mm Raketen oder je ein abwerfbarer Zusatztank mit 455 Liter oder 864 Liter Inhalt vorgesehen.
Die beiden äußeren Unterflügelstationen waren bis je 295kg belastbar und den Sidewinder'n vorbehalten.
Darüber hinaus war die Rumpfmittelstation mit 907kg belastbar, wo üblicherweise zwei 30mm ADEN-Kanonenpods mit je 125 Schuss montiert waren. Allerdings lag das praktische Maximalgewicht der gesamten Außenlasten bei 2.270kg.
"Through-Deck-Cruiser" HMS Invincible, das erste von insgesamt drei Schiffen dieser Type. |
Die Sea Harrier absolvierten 2.376 Einsätze, davon über 1.100 Luftkampf-Patrouillen (CAP) und 90 Angriffsflüge, sowie insgesamt 2.675 Flugstunden und 2.088 Deck-Landungen. Zwei Sea Harrier fielen Flugabwehrfeuer vom Boden aus zum Opfer und vier stürzten bei Flugunfällen ab. Trotz der schlechten Wetterbedingungen im Südatlantik und den geringen Erfahrungen mit dem System erreichten die Sea Harrier eine Verfügbarkeit von 80% und nur 1% der Missionen musste aufgrund von defekten Flugzeugen abgesagt werden.
Die Piloten des No.800 Squadron zeichnen verantwortlich für den Abschuss von 6 Dagger's, 7 ½ Skyhawk's, 3 Pucaras, 1 ½ Puma's und eine Agusta A109A. Vier Distinguished Service Crosses (DSC), eines davon posthum, sowie vier Mention-in-Despatches (MID) wurden an die Piloten des No.800 Squadron verliehen.
No.801 Squadron schoss 2 Mirage, 3 Dagger's, eine Canberra, eine Hercules, eine Pucara und einen ½ Puma ab. An die Piloten des No.801 Squadron wurden zwei Distinguished Service Crosses (DSC), sowie posthum ein Mention-in-Despatches (MID) verliehen.
Von den insgesamt 10 eingesetzten Harrier GR.3 des 1(F) Sq. der Royal Air Force fielen 4 dem Flugabwehrfeuer der Argentinier zum Opfer. Zwei Piloten des 1(F) Sq. wurden mit dem Distinguished Flying Cross (DFC) ausgezeichnet.
Martin Rosenkranz