Flugbuchung.com - Flüge buchen mit Preisgarantie!

www.airpower.at

  © Kontakt - Autor & Webmaster

Gespräch mit GenMjr. Lars FYNBO
Materialstab-Chef der königlich dänischen Luftwaffe (RDAF)
20. Juni 2002

Da es dieser Tage - als Österreicher - offenbar etwas leichter ist als sonst, Top-Leute von Luftwaffen zum Interview zu bekommen, hatte Georg MADER, Korrespondent von Jane's Defence Weekly neulich die Gelegenheit mit dem Leiter des Materialstabes der königlich dänischen Luftwaffe (RDAF) zu sprechen. Die österreichische Beschaffung war dabei AUSDRÜCKLICH kein Thema, vielmehr hatte Dänemark auch einmal einen Quantensprung von der zweiten Generation weg zu machen und ist auch sonst von Bevölkerungsanzahl und Bruttonationalprodukt her mit Österreich vergleichbar. Ausserdem gehört es zu jenen Ländern die neulich in den JSF-Topf eingezahlt haben...
GenMjr. Lars FYNBO
Materialstab-Chef der königlich dänischen Luftwaffe (RDAF)

G.MADER: Sie sind ja eine Luftwaffe die als Haupttyp seit langem zu den F-16 Nutzern gehört. Wie kam es dazu und gab es damals einen Wettbewerb im heutigen Sinn ?
GenMjr. FYNBO: Nun es war eine Art Wettbewerb, aber nicht so wie wir es heute kennen. 1975 haben die Verteidigungsminister Dänemarks, Norwegens, Belgiens und Hollands nach einem gemeinsamen Konzept gesucht - man nannte das später den "Deal des Jahrhunderts" weil es ja viele hundert Maschinen betraf. Die YF-17 (die sich später zur F-18 wandelte), die F-16, die Mirage III und der Viggen wurden damals evaluiert und erprobt. Letztlich entschieden sich diese European Partner Air Forces im Rahmen der NATO für die F-16, es war technisch der zukunftsträchtigste Weg - aber auch wegen des inkludierten Entwicklungspotentials für unsere Industrien. So hatte Dänemark etwa 8,5% der Entwicklungskosten übernommen. Wir haben dann 68 Maschinen beschafft, davon 13 Zweisitzer. Es gab übrigens auch damals schon Offsets, dies betraf damals in erster Linie jedoch die Rüstungsindustrien dieser Länder. Diese damaligen 58% haben sich natürlich inzwischen vervielfacht, so etwas hört ja nicht auf wenn die Quote erreicht ist. Deswegen sind wir z.B. im laufenden MLU-Programm wieder integriert.

G.MADER: Die F-16 bzw. das von Ihnen erwähnte MLU-Programm ist ein Thema auch in meinem Heimatland. Haben Sie nun mit MLU eine neue Beschaffung übersprungen oder war das eher eine Art Notmassnahme ?
GenMjr. FYNBO: Eine Empfehlung für Österreich werde ich nicht abgeben, zu verschieden ist Euer sicherheitspolitisches Umfeld als Neutraler. Wir hatten immerhin im kalten Krieg im Rahmen der NATO die Aufgabe den maritimen Durchbruch des Warschauer Paktes in die Nordsee und den Atlantik zu verhindern. Nur ein paar Jahre später flogen unsere Maschinen dann offensive Einsätze am Balkan - eine sehr wertvolle Erfahrung. Wir wissen nun, dass die F-16 das alles kann - und zwar sehr beeindruckend. Bevor wir über MLU sprechen muss ich zuerst sagen, dass wir in Summe sehr gut gefahren sind mit der F-16 seit damals, wir haben jetzt durchschnittlich die Hälfte der Flugstunden auf den Zellen und erwarten eine Lebensdauer von zwischen 6 - 7.500 Stunden. Wir haben etwa 1,25 Piloten pro Flugzeug und diese fliegen den NATO-Standard von 150 Stunden im Jahr.

Nun zum MLU-Programm. Wir haben dadurch einfach Potential gesteigert, Zeit gewonnen und eine momentane Beschaffung mit "nicht ganz erwachsenen Flugzeugen" darin vermieden. Da wie schon gesagt auf Grund der Stundenanzahl eine Ablösung der F-16 erst in etlichen Jahren zu kalkulieren sein wird, hat das für uns Sinn gemacht sich in dieses sehr umfangreiche Programm einzuklinken. Wir modernisieren darin unsere gesamt Flotte auf den M2-Standard, derzeit sind 50 Stück fertig, im Sommer 2003 werden alle durch sein. Die Arbeiten sind ausserdem eine überwiegend europäische Arbeitsleistung welche unsererseits in unserem Depot in Alborg durchgeführt wird, andererseits erlaubt es den betreffenden europäischen Ländern - wieder sind alle Nachbarn und Portugal mit dabei - auch einen Anteil an eigener Entwicklung einzubringen. Unsere bekannte Firma TERMA Elektronik AS in Lystrup (ehemals Per Udsen) hat z.B. für die gesamten Stufen des MLU-Programmes folgende Komponenten entwickelt bzw. integriert: einen speziellen "intelligenten" Pylon für EloKa-Lasten (ECIPS+), einen neuen Dispenser für 120 Störkörper mit integriertem Flugkörperannäherungs-System (PIDS+), sowie einen neuen modularen Aufklärungsbehälter mit normalen Kameras und digitalen elektro-optischen Sensoren für Restlichteinsatz (MRP), welcher ab August in der Praxis getestet wird. Dies alles fliesst nicht nur in unsere, sondern auch in die F-16 der Partnerländer ein - und auch in viele hundert Maschinen der USAF und ANG. Darüber hinaus wurde der PIDS sogar nach Australien für deren F-18 exportiert.

Hinweisen möchte ich noch auf die erste Einsatz-Mission in die wir bereits unsere MLU's schicken. In ein paar Wochen verlegen 6 unserer Maschinen für ca. 6 Monate nach Manas in Kirgisien um zusammen mit 6 holländischen und 4 norwegischen F-16MLUs. Diese werden von der nördlichen Flanke her im Koalitionseinsatz über Afghanistan sein und dabei Combat-Air-Patrols genauso fliegen wie Präszisionsangriffe gegen Bodenziele, je nach Anforderung. Ist auch ein Interoperabilitäts-Test aber da gab es ja auf dem Balkan auch keine grossen Probleme.

F-16A der dänischen Luftwaffe mit Sonderbemalung zum 50-Jahr Jubiläum der NATO
Natürlich schauen wir uns die M3+ Stufen des MLU auch genauer an, das ist ja ganz etwas anderes als eigentlich mit unserer Überbrückungsmassnahme geplant war. Ich habe ab August zwei Maschinen mit dieser Konfiguration im Test - bis ins nächste Jahr, denke ich. M3 ist ja vielmehr Multi-Role und Präzisionsangriff-Potential und da wir Paveway LGBs und Maverick-G haben, sowie in Beschaffung für JDAM und JSOW-Abstandswaffen stehen macht das schon Sinn. Ich denke ich habe also diese "Notmassnahme" MLU nun ausreichend erklärt...

G.MADER: Ihr Land hat sich neulich entschlossen, als Partner 110 Mill. $ in den Entwicklungstopf des F-35 JSF mit-einzuzahlen. Ist das schon eine Beschaffungsentscheidung ?
GenMjr. FYNBO: Nein, das ist es keineswegs schon. Da wir - wie schon erklärt - mit der F-16 noch viel Zeit haben, können wir mal in etwa 10 Jahren beginnen uns umzusehen und zu erheben wie dann etwa weitere 5 Jahre später der Eurofighter oder die Rafale aussehen werden. Dann werden diese Maschinen viel "erwachsener" sein. Sicherlich wird der JSF ein starker Kandidat sein, aber im Moment ging es einfach um eine neuerliche Türoffner-Funktion für die dänische Industrie mit vorerst ca. 20 Mill. $ an Co-Entwicklung in der SDD-Phase des F-35 - ganz ähnlich wie schon mit der F-16. Die etwa 3.000 Maschinen bedeuten natürlich auch für uns ein weit grösseres wirtschaftliches Potential. Wir sind jedoch seit 28. Mai Level-3 Partner, nicht Level-2 wie etwa Italien oder Holland. Dort wird es - höchstwahrscheinlich - zu einer direkten Beschaffung des F-35 ohne weiterer Auswahl kommen.

G.MADER: Man hört in Europa - auch hier bei unserer Beschaffung - immer wieder von Warnungen und Zweifel, dass die USA wohl kaum ernsthaft ihre letzte Stealth-Technologie weitergeben würden oder z.B. ihre modernsten EloKa-Sensoren, Bibliotheken oder Quell-Codes - auch nicht an Partnerländer. Wie erging es da Ihnen bezüglich der F-16 und was erwarten Sie da beim JSF ?
GenMjr. FYNBO: Jaja, ich kenne das alles. Sicherlich gibt es Länder in einem Umfeld oder von einem Status die von den Amerikanern als sensitiv bezüglich Technologieweitergabe angesehen werden. Wir - und ich denke alle westeuropäischen Länder der entwickelten ersten Welt - haben das jedoch nicht zu befürchten. Wir haben jedenfalls keine solchen Erfahrungen mit der F-16 gemacht, ich kann als Materialstab-Chef ruhig sagen dass wir alle Bauteile und die Elektronik genau kennen und wissen was die machen. Sicher haben die Amerikaner auf ihren Maschinen Sensorik und Kryptologie die uns nichts angehen, aber genauso haben wir dänische Boxes auf unseren Maschinen die die Amerikaner nichts angehen. Auch ist alles was mit Nukleareinsatz zu tun hat nicht interessant für uns. Dasselbe erwarte ich beim F-35. Glauben Sie mir, wir haben uns beteiligt weil wir überzeugt sind dass wir wieder alle dasselbe Flugzeug haben würden. Da wird nichts extra für nicht-amerikanische Nutzer produziert werden, das wird ein neues Massenflugzeug. Ganz im Gegensatz zur F-22 übrigens - da wird das sicher seitens der Amerikaner anders gehandhabt werden.

G.MADER: Danke für das Gespräch und alles Gute für die dänischen Pläne.
GenMjr. FYNBO: Danke für Ihr Interesse und alles Gute auch für Eure Beschaffung.


www.airpower.at

    airpower.at.forum

Reifen für Österreich zum besten Preis

© Kontakt - Autor & Webmaster
Letzte Aktualisierung: 24.05.2002