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Das ewige Provisorium....?

Drei Pumas in der An-124. Was hier nicht mehr reingeht, geht nirgendwo mehr rein.
Foto: eurocopter

Geht es um Luftfahrt in Europa kann man unmöglich an Airbus/EADS vorbei. Gemeinsam mit der Lufthansa Cargo sollen sechs An-124 und Beluga's angeboten werden. Doch weder Antonov noch Wolga-Dnjepr wollen der EADS An-124 vermieten und der Beluga ist nur schwierig zu beladen.
Fotos: Airbus

"Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt" gab der Deutsche Verteidigungsminister Struck zum besten. Doch wie kommt man hin - zum Hindukusch? Geht es nach Kollegen Fischer im Aussenressort soll die Lösung "so" (C-17) aussehen.
Foto: US Air Force

Europa könnte am Rande von all diesen Entwicklungen rund um die An-124 betroffen sein.
Im Rahmen der Military Capability Commitment Conference der EU wurden die Headline Goals 2010 definiert, welche auch strategische Lufttransportkapazitäten für Europa vorsehen.
Dafür wurde das European Airlift Centre/EAC in Eindhofen gebildet welches eine European Airlift Coordination Cell (EACC) zur Koordinierung des europäischen Lufttransports betreibt. Münden soll das schließlich in der Schaffung eines Europäischen Lufttransportkommandos (European Air Transport Command /EATC).
Nach deutschen Vorstellungen soll EATC einerseits unabhängig existieren und selbstständig von den beteiligten Nationen geführt werden können, andererseits aber bei Bedarf der EU sowie der NATO zur Verfügung stehen und dazu in entsprechende Kommandostrukturen integrierbar sein - kurz zusammengefasst also eine eierlegende Wollmilchsau ohne eigene Kapazitäten.

Durch EACC wurde eine "Strategic Air Lift Interim Solution" (SALIS) Gruppe ins Leben gerufen, welche unter deutscher Führung arbeitet und im Mai 2003 eine 21-seitige "Durchführbarkeits-Studie für eine zu bevorzugende Lösung" vorgelegt hat.

Mit dem Projekt SALIS soll ab 2005 bis mindestens 2012, bis zum Erscheinen des Airbus A400M Transporters, der strategische Transportbedarf der europäischen NATO-Länder abgedeckt werden. Der Auftragswert von SALIS beträgt schätzungsweise zwischen 700 Mio. Euro und 1 Mrd. Euro.
Und wie schon bei STSA in England zeichnet sich auch bei SALIS ein Kampf zwischen Antonov An-124 und Boeing C-17 ab - mit den selben politischen Implikationen.

Für das vorgesehene Frachtvolumen müssten 10-12 Boeing C-17 geordert werden oder sechs Maschinen der Type Antonov An-124, letztere wurde von einer Nato-Expertengruppe als bevorzugte Transportlösung ausgewählt.

Kompliziert wird die Sache dadurch, dass sich für das Leasing der Antonovs inzwischen offenbar zwei Wege auftun.

Gemeinsam mit der "Lufthansa Cargo Charter Agency" (LCCA) möchte EADS über eine Tochtergesellschaft für Langstreckentransporte an der Ausschreibung teilnehmen. Anbieten möchte man bis zu sechs An-124, welche man von russischen Anbietern chartern würde, sowie auch den Airbus-Transporter Beluga, der zwar an Frachtgewicht und Volumen gemessen gar nicht mal schlecht ist, aber aufgrund der doch recht hohen "Ladekante" nur mit erheblichen Aufwand be- und entladen werden kann.
Die An-124 will EADS/LCCA dann nicht nur militärisch sondern im Hinblick auf die Auslastung zusätzlich auch an zivile Kunden vermietet und für Transporte innerhalb des EADS-Werksverbundes nutzen.

Allerdings haben die beiden führenden Antonov-Betreiber kein Interesse daran als Sub-Auftragnehmer bei SALIS aufzutreten. Sie möchten den Auftrag lieber selbst abwickeln.
Kein Wunder. Russen und Ukrainer sollen ihre Flugzeuge und Leistungen zu Selbstkosten einbringen aber EADS/LCCA hätten die Mehrheit an der SALIS-Gesellschaft. Einer hätte die Arbeit und ein anderer schöpft den Rahm ab.
Deshalb haben die russische Wolga Dnjepr Airlines und die ukrainische ANTK Antonov ihre SALIS-Aktivitäten gebündelt, die Betriebsgesellschaft Ruslan Salis GmbH in Leipzig/Halle gegründet und werden selbst ein Angebot einreichen, "das die Auftraggeber optimal befriedigt".

NATO-Untersuchungen hatten ergeben, dass die Ideallösung eine westliche Fluggesellschaft mit Antonov-Maschinen wäre - doch so ein Unternehmen gibt es nicht, da die Flugzeuge der beiden Bieter aus ein und derselben Quelle kommen. Und da Antonov und Wolga Dnjepr nur dann eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Auftragnehmer bereit sind, wenn die NATO diesen Broker zwingend vorschreiben würde, schließt schon die Art der Ausschreibung eines der beiden Bieterkonstrukte von vornherein aus.

Dazu kommen noch die politischen Implikationen innerhalb der NATO. Das Verhältnis USA - EU ist schon gespannt genug, ganz besonders auch mit Deutschland, welches ja die Führung bei SALIS hat. Auch möchte Europa, nicht zuletzt auch im Militärluftfahrtbereich am US-Markt Fuß fassen - Airbus bewirbt sich um einen zig Mrd. USD schweren Auftrag für Tankflugzeuge für die US Air Force. Ein Ausboten der Amerikaner, auch wenn die C-17 Lösung weniger leistungsfähig und teuerer wäre, soll also so gut wie möglich vermieden werden.

Nicht zuletzt deswegen dürfte sich der deutsche Außenminister Joschka Fischer, im Zuge der Tsunami-Hilfseinsätze, für eine Zwischenlösung mit der Boeing C-17 ausgesprochen haben.

Ob es dazu kommt bleibt abzuwarten. Absehbar ist jedenfalls, dass die Zwischenlösung nicht Halbes und nichts Ganzes ist.

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