Günthers Einsatzort ist Camp ‚Evans', knapp südlich der seit 1954 vom 17. Breitengrad (‚17th parallel') markierten, sogenannten "demilitarisierten Zone" ( oder "DMZ"), dort wo Vietnam auf der Karte am dünnsten ist. Man operiert im Rahmen der 3. Brigade der 101. in einem Viereck von laotischer Grenze im Westen, dem Pazifik im Osten, dem ‚parallel' im Norden und einer Linie Da Nang-Quang Tri im Süden. Ein wirklicher "Oasch-Platz" sagt Günther im Rückblick, das A Shau Tal, An Lo, Khe San und der berüchtigte Dong Ap Bia (‚Hamburger Hill') - alles gleich in der Nähe… Weil Günther für seine Kameraden irgendwie deutscher Abstammung ist - im dort völlig unbekannten Österreich feiert Kanzler Kreisky gerade seine erste SP-Alleinregierung - verpassen sie ihm als ‚Callsign' das einzige was sie von deutschen Piloten wissen, er heißt jetzt am radio: "Red Baron". Auf seinen Helm wandert das deutsche WKII-Balkenkreuz und - die Fahne der BRD. ‚Political correctness' ist irgendwie kein Maßstab im Bergregenwald...
Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
Hinter Günther einer der 12 AH-1 der ‚Redskins’. Foto: Archiv Fritsch |
Als ‚Red Baron' seine ersten Missions von Camp ‚Evans' aus zu fliegen beginnt, ist die 101ste seit 2 Monaten wieder aus dem Tal von A Shau zurückgezogen. Die schwer befestigten, isolierten (Artillerie-)Positionen (‚Firebases') dort, erwiesen sich in der Monsunzeit mit seinen Bodenverhältnissen und seinen niedrig hängenden Wolken als zu schwer zu verteidigen. Ein US-Army Report erläutert die Bedingungen…:
Die nächste 'Firebase' - und bestimmend für Günthers Einsätze - war ‚Ripcord', in welche ab 1. April 1970 Luftlande-Infanterie des 2. Battalion der 506. Infantry eingeflogen wurden. ‚Ripcord' war eine in der Kette von Positionen, wieder am östlichen Rand des A Shau Tales. Von dort sollten als Absprungpunkt aus, NVA-Positionen blockiert werden welche den Divisionen Hanois den Zugriff auf die wichtige Küstenstadt Hue ermöglicht hätten. ‚Ripcord' ist auf der gerodeten Spitze eines 900m hohen Hügels errichtet, welcher schon 1967/68 von der 101sten benutzt worden war.
Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
Return to Evans... Foto: ‚Phoenix’-Company Vets. |
Die ersten Missionen der 158th sind zur Rodung der verwachsenen Landezonen befohlen. Die Helikopter hatten schwebend die Pioniere auszubooten, die dann die Freimachung vom Unterholz bewerkstelligen sollten. Selbstverständlich wollte die NVA das verhindern und die Besatzungen sehen sich fast immer mit MG- und RPG-Feuer konfrontiert. Kaum hatten die Amerikaner ‚Ripcord' wieder ‚eröffnet', steigerte sich die NVA-Aktivität um die gesamte Khe San Ebene und im A Shau Tal merkbar und die Intensität der Gefechte überstieg rasch die Bedrohung der benachbarten AVRN-Firebase ‚Barnett'. Günther hat zu dieser Zeit noch etwas "Kommunikationsprobleme", sein breiter niederösterreichischer Akzent kommt am Funk nicht gerade schnell verständlich rüber und er selbst versteht oder interpretiert das ‚native-american' - unter Stress gerufen - manchmal nicht richtig. Es dürften haarige Situationen eingetreten sein, denn er berichtet von Rüffeln wie "Mann, wenn Du nicht sofort ordentlich sprichst, ich schieß' Dich nächstes Mal ab!".
'Heiße Plätze' wie z.B. 'Ripcord' kommen immer wieder von zunächst unerwarteter Richtung aus unter NVA-Feuer, hier z.B. von einer Höhe 10000 (?) durch schwere 120mm-Granatwerfer. Es ist das erste Mal dass diese Waffe südlich des 17. Breitengrades auftaucht, ein wichtiger logistischer Erfolg der NVA. Zum Transport der schweren Bodenplatten und der Munition müssten - so schätzen die Amerikaner - immerhin LKWs oder sogar Kettenfahrzeuge eingesetzt werden. Am 10. Juli werden durch den Beschuss zwei US-Soldaten getötet und 17 verwundet, in der Woche danach 10 bzw. 52.
Foto: Archiv Fritsch |
Genau auf die smoke-marks, dort muss man rein... Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
Foto: Archiv Fritsch |
‚Red Baron' berichtet uns aus dieser Zeit von etlichen Einsätzen pro Tag, ein "sehr herausforderndes und nachteiliges Gebiet - eine echte Sch....-Ecke!" Rasch wechselndes Wetter, oft niedrige Wolken und kaum nennenswerte Navigationshilfen bedingen, dass die Piloten jede Quadratmeile des Einsatzgebietes genau kennen lernen mussten. Ganz abgesehen von Beschuss erlauben die meisten der LZs die Landung von nur einem Huey nach dem anderen durch das mehrschichtige Blätterdach, zumeist exakt vertikale Landungen und Starts. Manchmal muss man ein paar Fuß über Grund ‚hovern' und die ‚Grunts' müssen abspringen - manchmal kann der nächste die Knöchelbrüche davon gleich wieder mitnehmen. Diese Art zu fliegen fordert von den 'Ghostriders' genaueste Crew-Abstimmung. Wer immer - nach Sicht - ‚pilot in command' ist, dessen Co-Pilot beobachtet die Triebwerksinstrumente, macht die Radio-Calls, schaut auf Hindernisse sowie koordiniert mit den anderen Hueys und auch den AH-1 ‚Cobra'-Gunships. Der Crewchief und der oder die Doorgunner sagen dem Piloten wenn er ‚clear' ist, achten auf Feindbewegungen und feuern - und sie informieren die beförderten Truppen was los - laut ‚Red Baron' aber "nur wenn dafür auch noch Zeit ist, meistes haben die ‚ormen Hund' gornix mit'kriegt bis sie unten waren !"
Eine sog. „Nighthawk“ Modifikation am UH-1H, mit zwei Scheinwerfen und 7,62mm M134-Minigun. |
Günther zeigt auf einer Memorial-Tafel wo bis 1972 Camp Evans war... Foto: Ghostriders |
„Manchmal war alles so friedlich...“ Foto: Archiv Fritsch |
Der Pilot hört in dieser Phase nur auf seine Crew, er ist total konzentriert auf die Sink- und Landephase. Der Rest der Formation soll seine Kette immer nur um einem nach dem anderen erweitern um ihm zu erlauben, hineinzugehen, anzulanden und wieder abzuheben. Meist machen die Wartenden wegen Beschussgefahr aber immer S-Kurven und dann sind da auch noch die schnellen AH-1 die bei Feindbeschuss immer hineinstechen wollen. "Ein wüstes Durcheinander, besonders wenn überall die Bullets rumgezwitschert sind oder jemand einen Notruf abgesetzt hat", erinnert sich der Mann aus Loosdorf.