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MAKS 2007 special:
Das Monster von Mikojan
Mikojan-Gurewitsh MiG-31, NATO-Code: Foxhound

von Marco "Foxhound" Friedrich für www.airpower.at

Teil 1: Vorgeschichte, Entwicklung, Erprobung Teil 2: Nachbesserungen, Avionik, Bewaffnung Teil 3: Modernisierte Versionen

Nachbesserungen

Die ersten Erfahrungen beim Einsatz der MiG-31 zeigten, dass die Reichweite der Maschine unzureichend war. Kaum ausgeliefert, war die Maschine schon als Spritsäufer verschrien, was jedoch angesichts der extremen Parameter nicht weiter verwunderlich war. Zum Beispiel wurden MiG-31 aus Montshegorsk dazu eingesetzt, Aufklärer der Seekriegsflotte bei ihren Patrouillen zu begleiten, was aber nicht effektiv funktionierte. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die Reichweite der MiG-31 zu erhöhen. Einige Militärs schlugen sogar vor, die MiG-31 so zu modifizieren, dass man sie über den Nordpol über Nordamerika operieren lassen konnte. Das war war natürlich damals bloßes Wunschdenken und heute ist es nicht anders. Die Äußerungen mehrerer Testpiloten, die MiG-31 sei ein Abfangjäger zur Landesverteidigung und keine Offensivwaffe für überraschende Schläge, taten ihr übriges und die Idee wurde nicht weiter diskutiert.
Dennoch wurde zu dieser Zeit überall in der UdSSR die Luftbetankung eingeführt und diese Prozedur wurde, wie schon in den USA, zur Selbstverständlichkeit. Auf der MiG-31 wurde vor der Cockpitabdeckung ein ausfahrbarer Betankungsstutzen installiert, wobei sowohl die linke als auch die rechte Seite zur Aufnahme erprobt wurden.
Die erste MiG-31 mit Nachbetankungsystem, war das vierte Flugzeug der dritten Serie mit der Bordnummer 1604. Auf dieser Maschine war der Stutzen als Modell angebracht, sah jedoch wie ein echter aus und konnte ein- und ausgefahren werden, hatte jedoch keine Verbindung zu Treibstoffsystem. Die Maschine wurde lediglich dazu benutzt, Kontakte mit den Tanker zu üben und das Flugverhalten während der Betankung zu erproben. Die MiG-31 flog sich dabei so gut, dass man auf ein zusätzliches Steuersystem verzichten konnte. Die nächste Maschine, die Blaue 592 hatte bereits den gesamten Betankungskomplex an Bord und die linke Seite für den Tankstutzen wurde festgelegt.

Einsatz

Die Jägerregimente der Luftverteidigungskräfte erhielten im Jahre 1980 die ersten MiG-31 für Ausbildung und Truppenerprobungen. Das 786. Abfangjägerregiment in Prawdinsk und das Zentrum des militärischen Einsatzes der Jagdflieger der PWO in Sawaslejka bekamen die MiG-31 als erste.
Der zweite Kampfverband mit MiG-31 wurde das 174. Garde-Rotbanner-Abfangjägerregiment Boris Safonow in Montshegorsk. Ab September 1983 wurde ein Regiment MiG-31 auf Sachalin stationiert. Am 1. September 1983 schoss eine Su-15TM eine südkoreanische Boeing 747 ab, die Passagiere an Bord hatte. Was an diesem Tag eigentlich vor sich ging, ist bis heute nicht bekannt. Nach diesem Vorfall erhöhte sich in diesem Gebiet die Aktivität der trägergestützen Jagdstaffeln der US Navy stark. Auch die Aufklärungsflüge der US Air Force und der Japanischen Selbstverteidigungstreitkräfte traten in Aktion. Schließlich wurde auf den Kurilen ein Regiment MiG-23 stationiert und ab Frühjahr 1984 trafen Flugzeuge der JSDF und der US Air Force regelmäßig auf MiG-31.
Gleich nach dem Einsatz der MiG-31 in Fernen Osten unterließ es der wahrscheinliche Gegner mit SR-71 in den Luftraum über Kamtshatka bis Wladiwostok einzudringen. 1987 begeleiteten MiG-31 des 174. Abfangjägerregiments 203 Mal ausländische Flugzeuge, die entlang der Grenze der UdSSR flogen, darunter 69 Mal Aufklärer SR-71. 1988 gab es schon 825 Flüge gegen SR-71, P-3 und RC-135.
Vom 14. bis 18. März 1999 wurde im europäischen Teil Russland die Übung Luftbrücke-99 durchgeführt. Die MiG-31 säuberten den Luftraum in der Absetzzone der Luftlandetruppen im Landegebiet bei Kostroma.
Leider hatte der Zusammenbruch der UdSSR auch Konsequenzen für die MiG-31. Der Bestand musste reduziert werden, die Flugstundenzahl der Piloten nahm rapide ab, sodass es zu Unfällen durch menschliches Versagen kam. Allein im Jahr 2000 kam es zu 35 Unfällen mit 12 Totalverlusten des Flugzeuges und zehn Toten. 19 Fälle davon waren Pilotenfehler durch mangelhafte Ausbildung. Die MiG-31 fordert ein hohes Niveau der Bedienung und ist in bestimmten Fluglagen schwer zu fliegen, woran auch Versuche mit Fly-by-Wire Steuerungen nichts änderten. Sie ist ein Flugzeug, das von gut ausgebildeten Piloten geflogen werden muss, jedoch wurde durch die Haushaltskürzungen auch die Ausbildung gekürzt und die Piloten mussten sich sozusagen einiges selbst beibringen. Und was soll da gut gehen?
Inzwischen fliegen Abfangjägerpiloten zwischen 80 und 120 Stunden pro Jahr und die Zahl der Unfälle mit Totalverlusten ging auf einen Unfall 2004 zurück, bei dem es keine Toten gab.

Russland: 2007 befinden sich 212 MiG-31B und MiG-31BS im aktiven Dienst. 30 dieser Maschinen sind der Pazifikflotte zugeteilt und operieren von Petropawlowsk aus. 40 Maschinen sollen zur MiG-31BM umgerüstet werden. Etwa 50 weitere Maschinen gehören der Reserve an und sind flugfähig eingelagert. 100 weitere stehen im Depot. Teilweise wird die MiG-31 auf Anfrage nachgefertigt, um abgestürzte oder ältere Maschinen zu ersetzen.

Kasachstan erhielt im Austausch von Bombern Tu-95MS mit Russland 1993 32 MiG-31B, die in die Luftverteidigung eingegliedert sind. Derzeit sind 23 Maschinen einsatzbereit, neun werden überholt.

Avionik

Schlüssel zur Effektivität im Kampf auf maximale Entfernung ist der Radar- und Waffenleitkomplex SBI-16 Zaslon, die erste Radarstation der Welt mit einer phasengesteuerten Gitterantenne, die auf einem serienmäßigen Kampfflugzeug eingesetzt wurde. Der Radarkomplex wurde von der wissenschaftlichen Produktionsvereinigung Phasotron unter Leitung von Generalkonstrukteur W. K. Grishin und Chefkonstrukteur A. I. Fedottshenko entwickelt. Das Radar kann zehn Ziele gleichzeitig begleiten und vier davon in rascher Folge mit Raketen angreifen, wobei die vier bedrohlichsten Ziele automatisch vom Bordcomputer Argon-K ausgewählt werden. Die Reichweite der Zielerfassung beträgt bis zu 300 Kilometer, die Reichweite der automatischen Zielbegleitung beträgt 120 Kilometer. Die Scannerwinkel der Antenne betragen +/- 70 Grad gegenüber dem Azimut und von -60 bis +70 Grad gegenüber dem Ortungswinkel.
Mit der Hilfe der automatisierten digitalen störgeschützten Datenübertragungsanlagen RK-RLDN und APD-518 ist es möglich, Informationen über die von Zaslon entdeckten Ziele in Echtzeit mit Bodenleitstellen und anderen Flugzeugen auszutauschen, wobei der Bordcomputer es ermöglicht, durch Störeinwirkung noch nicht erfasste Ziele aus einzelnen kleinen Teilchen wieder zu reproduzieren, in dem vom Radar gewonnene Informationen zusammengesetzt werden.
Für die verdeckte Zielerfassung wurde auf dem Abfangjäger das Infrarot-Such- und Verfolgungssystem auf der Grundlage des Wärmepeilgerätes 8TP eingesetzt. Das Wärmepeilgerät wird unter dem Bugteil des Rumpfes installiert und wird im passiven Zustand in einer speziellen Rumpfsektion aufbewahrt. Im Kampfeinsatz wird das Wärmepeilgerät vom Radar begeleitet, mit dessen Hilfe die Zielzuweisungen an die Raketen R-40TD, R-60 oder R-73 (bei den modernisierten Varianten) weitergegeben werden. Unter günstigen Bedingungen beträgt die Reichweite von 8TP bis zu 50 Kilometer.
Die für Flugzeugführung des Abfangjägers notwendigen Geräte umfassen das System für automatische Steuerung SAU-155MP und den Navigationkomplex KN-25. Der Komplex seinerseits umfasst zwei Trägheitssysteme IS-1-72A, einen Digitalrechner Manöver, ein funktechnisches System für Kurzstreckennavigation A-312 Radikal-MP, ein funktechnisches System für Fernstreckennavigation A-723 Kwitok-2 und die Apparatur zur globalen Funknavigation Tropik.
Es sind außerdem Radarwarnempfänger, ein Infrarotsensor und ein Laserwarner gegen Angriffe vorhanden. Für elektronische Kriegsführung können EloKA-Behälter unter dem Rumpf angebracht werden.

Bewaffnung

Wie schon gesagt, sollte die MiG-31 Ziele auf große Distanz bekämpfen. Mit der Entwicklung einer weitreichenden Rakete wurde das Kontruktionsbüro Wimpel beauftragt.
Die Hauptbewaffnung des neuen Abfangjägers zur Bekämpfung von Luftzielen auf größtmögliche Entfernung stellt die Langstrecken-Luft-Luft-Rakete R-33 dar. Vier dieser Raketen werden in halbversteckter Lage unter dem Rumpf an den Pylonen befestigt, die zu Abschuss abgesenkt werden. Die Rakete hat eine Reichweite von 120 Kilometer und besitzt einen halbaktiven Radarsuchkopf. Nach dem Abschuss wird die Rakete erst durch das Waffenleitsystem der MiG-31 geführt und schaltet für endgültige Zielerfassung auf das eigene Radar um. Auch hatte sie als erste sowjetische Luft-Luft-Rakete die Fähigkeit, extrem tieffliegende Ziele wie Marschflugkörper, Drohnen oder Bomber F-111 oder B-1B zu bekämpfen. Allerdings kann die Rakete nur gegen langsam manövrierende Ziele eingesetzt werden, da sie auf Grund ihrer Größe als recht träge gilt. Eine Version mit kleinen Steuerflächen knapp hinter dem Radom, die die Wendigkeit verbessern sollte, wurde 1994 getestet, ging jedoch nicht mehr in den Truppendienst. Die Geschwindigkeit bei Zielerfassung liegt bei mehr als Mach 3,5.
Der Nachfolger R-37, ein Superlangstreckengeschoss mit gut 300 Kilometer Reichweite, wurde auf der MiG-31M erprobt und soll auf der MiG-31BM in den Truppendienst übernommen werden. Weitere Daten sind derzeit unbekannt. Beide Raketen haben einen hochexplosiven Gefechtskopf.

Die Alternativbewaffnung für den Bereich auf mittlere Entfernung können an den inneren Pylonen unter den Flügeln zwei Mittelstrecken-Luft-Luft-Raketen R-40TD mit Infrarotsuchkopf mitgeführt werden. Es handelt sich hierbei um ältere Raketen, die ursprünglich für die MiG-25 entwickelt worden waren und eine Reichweite von 30 Kilometer besitzen. Sie haben jedoch den Vorteil, das sie sich nur schwer stören lassen und auch gegen Jäger eingesetzt werden können, wie der Abschuss einer F/A-18C der US-Navy durch eine irakische MiG-25PD mit R-40TD beweist. Wenn man bedenkt, dass die R-40-Serie die größte Luft-Luft-Rakete der Welt im Dienst darstellt, ist es schon erstaunlich, das damit kleine, wendige Jäger wie die F/A-18 bekämpft werden können, natürlich auch nur unter günstigen Bedingungen. Auch hier wird ein hochexplosiver Gefechtskopf verwendet.
Bei der modernsten Varianten MiG-31BM kann außerdem die R-77 mitgeführt werden, eine Mittelstrecken-Luft-Luft-Rakete mit halbaktivem Radarsuchkopf. Neben der Radarsuche kann sie Kurskorrekturen bis 50 Kilometer vornehmen, gegen große und langsame Ziele liegt die Reichweite bei 80 Kilometer. Sie kann auch Ziele bekämpfen, die mit 12G manövrieren. Ihre gitterartigen Steuerflächen erlauben eine höhere Wendigkeit gegen Jäger.

Für den Kampf - oder besser für die Selbstverteidigung - im Nahbereich können Luftkampfraketen R-60 oder R-73 mitgeführt werden. Die R-60 wurde gegen Ende der 60er Jahre vom Konstruktionsbüro Molnija entwickelt. Diese kleine und leichte Rakete stellte bis dahin das Nonplusultra im Nahkampf dar. Sie war ihren westlichen Gegenstücken vor allem im Kurvenkampf durch ihre extreme Wendigkeit überlegen. Ihre Reichweite liegt bei 0,5 bis 10 Kilometer. Es wird ein Splittergefechtskopf aus angereichertem Uran verwendet und der Suchkopf kann in allen Richtungen sein Ziel auffassen.
Ihr Nachfolger, die R-73, die vor allem auf MiG-29 und Su-27, und in diesem Fall auf der MiG-31B im Einsatz ist, ist eine Lenkwaffe modernster Generation und speziell auf den Kurvenkampf ausgelegt, wobei sie genug Reserven hat, um Ziele auf 40 Kilometer Distanz zu vernichten und so eine geeignete Lenkwaffe für die MiG-31 darstellt. Gesteuert wird die R-73 durch kleine Steuerflächen vorn und hinten und ein Vektorschubtriebwerk, was es ihr erlaubt, Ziele zu treffen, die mit bis zu 12G manövrieren. Sie besitzt einen Weitwinkel-Infrarotsuchkopf, der ein "Blickfeld" von 75 Grad hat. Die Rakete wird dann in Verbindung mit dem Helmvisier des Piloten durch Kopfbewegungen auf ihr Ziel eingewiesen. Damit ist es möglich, Ziele aufzuschalten und zu bekämpfen, die sich 60 Grad (!) abseits der Hauptachse befinden. Die R-73 ist für die MiG-31 also ein ähnliches Abwehrsystem, wie das CIWS auf Kampfschiffen.

Eine Waffe, die wohl eher für Warnschüsse als für den Kampf gedacht ist, ist die sechsläufige 23-mm-Bordkanone Gsh-6-23, die auf der rechten äußeren Seite des Lufteinlaufs angebracht ist, wobei das Schießen durch eine spezielle Schießscharte in normaler Lage mit geschlossener Klappe ermöglicht wird.

MiG-31 beim Aerosalon Paris

MiG-31 bei der MAKS 2001
Foto: Georg Mader

Foto: VVS - Aviatar

Foto: VVS - Aviatar

Foto: VVS - Aviatar

Foto: VVS - Aviatar

Foto: VVS - Aviatar

MiG-31 mit AA-6 und AA-9 "AMOS".
Foto: VVS - Aviatar

AA-9 "AMOS" (R-33) semiaktiv radargesteuerte Luft/Luft-Lenkwaffe mit bis zu 160km Reichweite.
Foto: VVS - Aviatar

AA-6 "ACRID" (R-40) semiaktiv radargesteuerte Luft/Luft-Lenkwaffe bis 50km Reichweite.
Foto: Martin Rosenkranz