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Der Tanker-Krieg
Die mühsame Schlacht der USAF um ein neues Tankflugzeug

Gut möglich, dass in einem der Büros irgendwo im riesigen Pentagon ein Dartboard hängt, auf dem das Bild von Frau Darleen Druyun als Zielscheibe dient. Jedenfalls ist die Ex-USAir Force Zivilbedienstete und Ex-Boeing Angestellte seit fast drei Jahren wieder aus dem Gefängnis raus, in das sie durch ihre Verwicklung in den ersten Tanker-Skandal kam. Auch für Boeing's Ex-CFO Michael M. Sears haben sich die Knast-Tore wieder geöffnet. Nur die US Air Force "sitzt" noch immer - denn sie benötigt seit Jahren immer dringender neue Tanker, doch es gibt seit sieben Jahren noch nicht mal eine Bestellung, kein Vertrag, nichts...
Martin Rosenkranz für www.airpower.at über die Tanker-Probleme der US Air Force.

Wozu Tanker ?

Seit den 50er Jahren sind Tankflugzeuge eine der wichtigsten logistischen Kapazitäten um die Projektion von Luftmacht gewährleisten zu können. Sie sind heute - neben EW- und AWACS-Flugzeugen - die ‚Force Enabler', stückzahlmäßig sowieso…

Erste Versuche mit dem Betanken von Luftfahrzeugen im Flug fanden bereits in den 20er Jahren statt. Doch schon bei den damals üblichen niedrigen Geschwindigkeiten war dies ein trickreiches und gefährliches Unterfangen. Es dauerte bis 1935 um ein System zu entwickeln mit welchem der Sprit ohne verschütten zu transferieren war. Die US-Piloten Fred und Al Key stellten mit dieser Technik vom 4. Juni bis 1. Juli 1935 einen Non-Stop-Rekord von 653 Stunden und 34 Minuten auf. Sie flogen dabei mit ihrem Curtiss ‚Robin' Hochdecker 52.320 Meilen weit und tankten über einen Schlauch - mehrmals am Tag - von einem gleichartigen Flugzeug dabei insg. über 22.700 Liter Sprit.

Weitere Entwicklungen der "probe and drogue" Technik gelangen ab 1934 dem englischen Luftfahrtpionier Alan Cobham. Trotzdem war es im 2. WK noch zu früh für einen truppentauglichen Einsatz solcher Systeme.

Unmittelbar danach erklärte General Carl Spaatz die Luftbetankungstechnik zur Top- Priorität der soeben neu gegründeten United States Air Force. Im März 1948 beschaffte die USAF zwei Cobham Betankungseinrichtungen und testete sie mit zwei B-29 ‚Superfortress' Bombern. Insgesamt 80 B-29 Bomber sollten das neue System erhalten.

Die Tests waren so erfolgreich dass die USAF entschied, künftig alle neuen Bomber mit Luftbetankungssystemen auszustatten und der erste Konflikt bei dem die Technik der Luftbetankung begann eine Rolle zu spielen war - der Korea Krieg.

Die Techniken

a) Probe and Drogue

Die in ihrer Entwicklung ältere und am weitest verbreitete Technik ist ‚Probe and Drogue'. Dabei wird vom Tankflugzeug ein flexibler Schlauch abgelassen und hinterhergezogen an dessen Ende ein Korb ähnlich eines Federballes hängt. Es obliegt dann dem Piloten des zu betankenden Flugzeuges seine Maschine so zu steuern, dass der Luftbetankungsstutzen seines Flugzeuges fixen Kontakt mit dem Korb bekommt. Sobald der Kontakt hergestellt ist können die Ventile zum Transfer des Treibstoffes geöffnet werden.
Auf diese Art können je nach Flugzeugtype zwischen 680l und 800l Treibstoff pro Minute transferiert werden.

b) Boom and Receptacle

General Curtis LeMay - Ende der 40er Jahre zigarrenqualmender Chef des mächtigen Strategic Air Command (SAC) - waren 800l pro Minute zu wenig, angesichts der riesigen Treibstoffmengen die seine Bomber aufnehmen konnten. Er beauftragte Boeing mit der Entwicklung eines Systems welches eine höhere Transferrate erreichen konnte. Dafür war eine festere Verbindung als ein Schlauch zwischen den beiden Maschinen notwendig.

Experimentiert wurde u.A. auch mit einer Wing-to-Wing Technik welche eine Verbindung der beiden Flugzeuge mit den jeweiligen Flügelenden benötigte. Allerdings waren nur die begnadetsten Könner unter den Piloten in der Lage mit dieser Methode und Menge missionsrelevant zu betanken, ohne dabei ihre Maschinen zu beschädigen. Interessanterweise fand gerade diese komplexe Variante in der Sowjetunion ihre größten Fans, lange wurde das dort von M4 ‚Bison' und Tu-16 ‚Badger' so praktiziert…

In Amerika wollte man aber mehr - und das einfacher. Boeing entwickelte daher den ‚Flying Boom', welcher seither zum Luftbetankungs-Standard der USAF und ihrer Flugzeuge wurde. Am Heck des Tankers ist ein durch einen eigenen Operator steuerbarer Ausleger - der ‚Boom' - montiert. Der Pilot des zu betankenden Flugzeuges muss seine Position relativ zum Tanker vor und während des Transfers sehr exakt einnehmen und halten. Der Operator steuert dann den Boom in die Betankungseinrichtung des empfangenden Flugzeuges.

Auf diese Art können - je nach Flugzeugtype - bis zu 2.700l Treibstoff pro Minute transferiert werden - Letztere allerdings nur zu großen Maschinen wie Transporter und Bomber. Fighter würden bei solchen Transferraten regelrecht vom Boom geblasen und können daher nur mit reduziertem Durchfluss betankt werden. "Umschalten nicht vergessen…!"

Vor und Nachteile

  • Die Techniken ‚Probe and Drogue sowie ‚Boom and Receptacle' sind inkompatibel zueinander.
  • ‚Boom and Receptacle' ermöglicht drei bis viermal höhere Transferraten.
  • Kleine Maschinen wie Jagdflugzeuge und Jagdbomber - z.B. F-16, F-15, A-10, etc. - können die hohen Transferraten des Booms nicht nutzen.
  • Es gibt nur einem Boom pro Tanker, jedoch je nach Type und Ausrüstung bis zu drei Drogue-Tankschlauchtrommeln.
  • Somit können Bomber und Transporter mit dem Boom drei bis viermal schneller betankt werden. Jagdflugzeug-Verbände können mit dem ‚Probe and Drogue' bis zu viermal schneller betankt werden.
  • Der Korb des Drogue-Systems wird durch die aerodynamischen Turbulenzen des sich nähernden, zu betankenden Flugzeugen beeinflusst.
  • Mit dem Boom-System können Hubschrauber nicht betankt werden.
  • Die Ausbildung eines Boom-Operators kostet inzwischen über USD 1 Mio.
  • Am Boom-System kann mittels Adapter ein Drogue-System angebaut werden - aber nicht umgekehrt.
  • Boom-System bedingen die Entwicklung und Konstruktion eines eigenen Tankflugzeuges, während Drogue-Systeme in Form eines Pods auf einer Vielzahl von Flugzeugen montiert werden können - selbst auf kleinen Jagdbombern.

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Flügelpod eines Tankflugzeuges.
Georg Mader

Drogue-Adapter am Boom eines Tankers.
Georg Mader

KC-135 Tanker auf einer Ramp irgendwo in Südwest Asien
Foto: US Air Force

Ein B-2 Bomber holt sich Treibstoff am Boom einer KC-135
Foto: US Air Force

Zwei Tupolev Tanker beim Wing-to-Wing Transfer
Foto: Museum MONINO

Ein russischer Tu-95 "Bear"-Bomber nähert sich einem Il-78 "Midas" Tanker
Foto: Georg Mader