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Die USAF-Tanker-Flotte

Der rasche Aufbau der USAF Tanker-Flotte war getrieben durch die Forderung, im kalten Krieg ständig Atombomber in der Luft zu haben welche sofort in sowjetischen Luftraum eindringen konnten.

Die Air Force beschaffte ab 1950 über 800 Boeing KC-97 ‚Stratotanker' und begann bereits 1957 mit der Umstellung der Flotte auf KC-135. Die letzte KC-97 wurde 1978 außer Dienst gestellt.

Seither bildet der Boeing KC-135 ‚Stratotanker' - auf Basis der Boeing 707 - das Rückgrat der USAF-Tankerflotte. Insgesamt 732 Stück wurden zwischen 1957 und 1965 gebaut und an die USAF ausgeliefert. Ab 1981 erhielt die US-Tankerflotte noch mal Verstärkung in Form von 60 Stk. KC-10 ‚Extender' - ein Derivat des zivilen Airliners McDonnell Douglas DC-10.

Mittlerweile haben die Tanker stetig steigenden Einfluss auch auf die Operationen kleinerer Maschinen wie Jäger und Jagdbomber. Wurde die 2. Generation dieser Flugzeuge in der Regel noch ohne Luftbetankungseinrichtung entwickelt und gebaut, war die Mehrzahl der Flugzeuge der 3. Generation bereits mit solchen ausgerüstet. In der 4. Generation sowie jenen Maschinen der 3. Generation welche nach wie vor gebaut werden, sind Vorrichtungen zur Betankung in der Luft inzwischen die Norm - und werden auch regelmäßig benutzt.

Dies nicht nur deshalb, weil die Verlegung dieser Plattformen im globalen Maßstab wesentlich erleichtert wird, sondern auch weil Maschinen im Kampfeinsatz - welche an der Grenze zum Einsatzraum noch einmal in der Luft betankt werden - länger in diesem verbleiben können. Es steigt also die Verfügbarkeit der Kräfte im Konfliktgebiet. Und diese Kräfte können - gemessen am Gesamtgewicht - mehr Bewaffnung mitnehmen, die Neutralisierung des Gegners ist ja immer noch eigentlicher Einsatzzweck. Dazu erfolgt der Start von der Basis mit dem höchstzulässigen Startgewicht (MTOW) welche von vorn herein allerdings nur jene Treibstoffmenge beinhaltet die man benötigt um auf Höhe und zum nächsten Tanker zu kommen. Dort wird zuerst einmal für den Transfer in den Einsatzraum ‚getoppt' und dies bei Bedarf so lange wiederholt bis man an der Grenze zum Einsatzraum - wie oben beschrieben - zum letzten mal befüllt wird um mit der - auch psychologischen - Reserve voller Tanks mit der eigentlichen Auftragserfüllung beginnen zu können. Zum ersten Mal kam diese Taktik in großem Umfang beim Krieg um Kuwait im Jahr 1991 zum Einsatz.

Dass es speziell angesichts des Anspruches der globalen Präsenz - wie eben im ‚Global War on Terror' - der US-Streitkräfte und der umfangreichen Flotten an Transportern, Bombern, Jägern, Jagdbomber, etc. eine entsprechende Treibstofflogistik bedarf, versteht sich von selbst.

Die US-Tankerflotte besteht somit derzeit aus:

  • 445 KC-135 "Stratotankern" in div. Modifikationen, welche im Schnitt 47 Jahre als sind, sowie aus
  • 59 KC-10 "Extendern" welche durchschnittlich 22 Dienstjahre unter den Flügeln haben.

Das Trauerspiel der Versuche einen neuen Tanker zu beschaffen

1) First-Lease-then-buy

Am 28. März 2002 entschied die USAF 100 Stk. der ältesten KC-135E durch neue Boeing KC-767 zu ersetzen. Angesichts der finanziellen Engpässe - Programme wie F-22 und F-35 nahmen schon absehbar große Teile des Beschaffungsbudgets in Anspruch - entschied sich die USAF die Maschinen vorerst zu leasen und erst in einem späteren Schritt anzukaufen. Die Gesamtkosten sollten sich auf USD 23,5 Mrd. belaufen. Die Lieferung der ersten Maschine sollte 2006 erfolgen, weitere 16 im Jahr 2007. Danach sollten je 12 pro Jahr ausgeliefert werden und die letzten Maschinen im Jahr 2014 die USAF erreichen.

Die USAF Argumente für die KC-767 (B767-200) und gegen die von EADS angebotene KC-330 (A330) lauteten damals:

  • Die (wesentlich) größere KC-330 gewährleistet keinen entsprechenden Anstieg in verfügbarer Luftbetankungsmenge....
  • Die KC-330 birgt ein höheres technisches Entwicklungsrisiko und ein eine weniger bevorzugte Finanzierungsvariante
  • Die benötigte Abstellfläche einer KC-330 ist um 81% größer als die einer KC-135. Die Abstellfläche der KC-767 ist hingegen nur um 29% größer.
  • Die KC-330 würde höhere Infrastrukturkosten verursachen und limitiert dramatisch die Fähigkeit weltweit zu operieren.
Tatsache ist: Die USAF könnte ihren neuen Tanker inzwischen schon fliegen - wäre nicht der damalige Chairman des Senate Commerce Committee, Senator John McCain, eingeschritten. Der derzeitige republikanischer Präsidentschaftskandidat und andere US Senatoren beeinspruchten lautstark den Deal, welcher als finanziell höchst ungünstig für den US-Steuerzahler beschrieben wurde.

2) 80 / 20

Die Beschaffungs-Beamtin Darleen Druyun.
Foto: US DoD
Als Reaktion auf diesen Protest änderte die USAF im November 2003 die finanziellen Rahmenbedingungen für die Beschaffung. Nun sollten 80 Maschinen gekauft und nur noch weitere 20 Maschinen geleast werden. Der Plan lebte gerade einmal einen Monat.

Im Dezember 2003 fror das Pentagon die Beschaffung wieder ein - und startete stattdessen eine Untersuchung, in deren Zentrum die frühere USAF-Beschaffungsbeamtin Darleen Druyun stand. Sie hatte im Jänner den Brötchengeber und auch ‚die Seiten' gewechselt - und bei Boeing ‚angedockt'. Im darauf folgenden Gerichtsverfahren bekannte Druyun sich schuldig, gegen Job-Zusagen für ihre Kinder die Kosten des Vertrages zu Gunsten ihres neuen Arbeitgebers hinaufgedrückt zu haben sowie Informationen des Konkurrenzmodells Airbus A330MRTT an Boeing weiter gegeben zu haben.

McCain und Anderen war es ‚aufgestossen' dass es Boeing im Verlauf der Ausschreibung gelungen war, 19 der ursprünglich 26 USAF-Forderungen streichen oder modifizieren zu lassen. Letztendlich lagt das ursprünglich ausgewählte Boeing Offert rund USD 10 Mrd. über dem Airbus-Gebot.

Druyun wurde zu 9 Monaten Haft, daran anschließend drei Jahren Bewährung, zur Zahlung von US$ 5.000,- sowie zu 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt und kam am 30. September 2005 frei. Mit ihr wurde auch Boeing's CFO Michael M. Sears verurteilt. Sein Urteil lautete 4 Monate Haft, US$ 250.000,- Strafzahlung sowie 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Boeing's CEO Phil Condit trat in Folge zurück und Boeing musste US$ 615 Mio. Strafe zahlen.

3) KC-X

Am 30. Jänner 2007 schrieb das US Departement of Defense das KC-X Programm mit folgenden Zielen neu aus: In einer ersten Phase sollten 179 Tankflugzeuge beschafft werden, welche mindestens soweit fliegen und soviel Treibstoff abgeben konnte wie die KC-135, die Fähigkeit haben sollten im Flug selbst Treibstoff übernehmen zu können und per ‚Probe-and-drogue' mehr als ein Luftfahrzeug gleichzeitig betanken zu können. Der Wert des Auftrages wird auf USD 30 bis 40 Mrd. geschätzt.

Boeing bot abermals mit der KC-767 mit, während der Airbus A330 MRTT als KC-30 in einem Joint Venture von EADS/Airbus und Northrop Grumman angeboten wurde.

Am 29. Februar 2008 gab das DoD bekannt, dass Northrop Grumman/EADS mit der KC-30 den Auftrag gewonnen hätte. Das neue Flugzeug würde mit der Bezeichnung KC-45A im Jahr 2013 in Dienst gehen.

Am 11. März 2008 protestierte Boeing beim US Government Accountability Office (vergl. Rechnugshof) gegen den Evaluationsprozess der US Air Force. Am 18. Juni 2008 gab das GAO dem Protest statt, kritisierte 8 Punkte explizit und forderte die USAF auf, den Vertrag (nochmals) neu auszuschreiben. Und das obwohl inzwischen klar ist, dass Northrop- Grumman mit USD 12,5 Mrd. für die ersten 68 Maschinen um fast USD 3 Mrd. billiger bot als Boeing (USD 15,4 Mrd.) und auch mehr Leistung und eine schnellere Lieferung für die KC-30 sprach.

4) KC-X²

Defense Secretary Robert Gates entschied daraufhin am 9. Juli 2008 die Ausschreibung noch einmal durchzuführen. Allerdings würde die NeuNeu-Auflage der USAF entzogen und Verteidigungs-Unterstaatssekretär John Young letztlich verantwortlich für die Auswahl des Siegers sein.

Die erste Version der neuerlichen Ausschreibung wurde den beiden Bietern am 6. August 2008 zugewiesen. Die mit den Antworten (auf das GAO) überarbeitete Version sollte noch im August 2008 fertig gestellt werden, die Angebote im Oktober 2008 erfolgen und die entgültige Auswahl des Siegers bis Ende des Jahres 2008.

Mitte August gab Boeing angesichts der im Kern immer noch bestehenden Forderungen der Ausschreibung bekannt, eventuell kein Angebot zu legen und unterstrich dies wenige Tage später. Die Anforderungen der Air Force - welche immer noch von einem für Boeing zuvor nicht schlüssigem größeren Flugzeug ausgingen - könnten mit der KC-767 nicht zufriedenstellend erfüllt werden. Boeing würde mehr Zeit benötigen um ein neues Offert auf Basis der B767-400 oder der B777 zu erarbeiten.

Am 10. September 2008 gab das US-Verteidigungsministerium dann überraschend bekannt, dass das Ausschreibungsverfahren abgebrochen wird. Statt der nächsten Regierung einen "unvollständigen und möglicherweise umstrittenen Prozess" zu übergeben, möchte Verteidigungsminister Robert Gates der neuen Administration "volle Flexibilität" in dem Verfahren geben.

Angesichts des in den USA laufenden Wahlkampfs und der durch Barack Obama geäußerten Unterstützung für Boeing, wurde in Folge der Boden für das DoD offenbar zu heiß. Somit ist auch dieser re-erneuerte Versuch, der US Air Force endlich ein neues Tankflugzeug zu verschaffen gescheitert. Es war das schlechteste Ergebnis für das DoD, die Air Force - und die US Steuerzahler. "Nicht kaufen" ist keine Einsparung, denn die Tanker kommen mit Sicherheit - aber später und teurer...

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Ein Transfer Tanker-zu-Tanker mit zwei KC-10 Extendern
Foto: Georg Mader

Eine KC-135R bei der Landung. Nach durchschnittlich fast 50 Dienstjahren besteht dringend Bedarf für einen Nachfolger.
Foto: Georg Mader

Ein Boeing KC-767 Tanker der italienischen Luftwaffe betankt eine USAF Strike Eagle.
Foto: Boeing

Der Airbus A330 Tanker
Foto: Martin Rosenkranz

Der KC-45A Tanker betankt F-22 Jäger
Grafik: Northrop Grumman/EADS

Noch hängt die F-22 hinter der KC-135
Foto: USAF