"Learning by doing" im virtuellen Luftkampf |
"Wir haben hier keinen Taktik-Trainer, denn ein Mann, und sei er noch so gut, kann niemals mehr über Luftkampftaktik Wissen als eine ganze Gruppe von erfahrenen Piloten. Vielleicht weiß ich im einen oder anderen Bereich mehr al ein einzelner Pilot aber mit den kumulierten Erfahrungen einer ganzen - schon unter herkömmlichen Umständen gut trainierten - Staffel kann man nicht mithalten. Und das braucht es auch nicht, die Jungs fangen ganz alleine an Probleme zu analysieren und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten."
Die Kapazität der Anlage ist groß. Bei einer Gruppe von 12 Piloten können innerhalb einer Woche mit jedem Piloten 60-80 Szenarios durchgespielt und analysiert werden. Anders Borgvall: "Idealerweise teilen uns die Staffeln ihre Lernziele mit und wir stellen dann geeignete Szenarios zusammen oder entwickeln diese bevor die Leute zu uns kommen. Den besten Nutzungsgrad zieht man dann aus der Anlage, wenn man die Piloten in zwei Gruppen teilt. Wobei jeweils eine Gruppe ein Szenario durchspielt, während die andere Gruppe im Briefingraum Vorbereitungen für das nächste oder die Analyse des letzten Szenarios vornimmt. Der Rest ist "learning by doing" im eigentlichen Sinn und das mit einem schier unglaublichen Tempo, wir fahren dann nur mehr die Anlage."
Und durchgespielt werden kann eine Menge. Neben einigen mit all ihren Leistungsparametern einprogrammierten Flugzeugen - neben den schwedischen Typen Jaktviggen und Gripen unter anderem auch die F-16, die Su-27 und die Mirage 5 samt ihren Waffen - womit man einen großen Bogen zwischen einem Jägertyp der 2. Generation, einem Mehrzwecktyp der 3. Generation und einem schweren Luftüberlegenheitsjäger spannt - kann eine große Anzahl weiterer Geräte rudimentär dargestellt werden. Neben den bis zu 8 aktiven Piloten können dann auch bis zu 1.000 andere Kontakte - in der Luft, am Boden und auf See - im Szenario vorkommen, wenn nötig jeweils mit eigener künstlicher Intelligenz.
Wie sich das so im allgemeinen Abspielt wurde uns an einem früher aufgezeichneten Beispiel vorgeführt. Das Szenario spielt über Gotland, einer Insel in der Ostsee vor der Ostküste von Schweden.
Die Operator haben den vollen Überblick über das Geschehen. Zur Analyse können die Cockpitanzeigen eines beliebigen Piloten in Echtzeit oder als Aufzeichnung eingespielt werden. Im rechten Bild am linken Rand die vier Blauen Gripoen im Anmarsch, rechts vier gelbe Flanker und 12 rote Frogfoot's. |
Beschützt von vier Su-27 "Flanker" Luftüberlegenheitsjägern (geflogen jeweils von einem Piloten auf einer der Stationen) wollen 12 Su-25 "Frogfoot" Erdkampfflugzeuge, vom Computer eingespielt, auf das schwedische Festland vordringen.
Ihnen entgegen stellen sich vier JAS-39 Gripen, ebenfalls von Piloten in den Simulatoren gesteuert.
Abgespielt hat sich folgendes.
Jeweils zwei Gripen griffen eine der beiden feindlichen Gruppen, bestehend aus den zwei schützenden Su-27 und je 6 Su-25, an.
In beiden Fällen entbrannte ein BVR-Luftkampf (außerhalb der Sichtweite) zwischen den Gripen und den Su-27, geführt mit Mittelstrecken-Radarraketen.
Doch während die nördliche Gripen-Gruppe den Gegner relativ schnell niederrang, gelang dieses der südlichen Gruppe nicht.
Als sich die beiden nördlichen Gripen bereits über die, nun schutzlosen, computergesteuerten Su-25 hermachten verlor die südliche Gruppe ein Flugzeug bevor das Szenario abgebrochen wurde.
Es mag, während man diese Zeilen ließt, ein leichtes sein zu erkennen, dass die Gripen mit einer 4 zu 2 Überlegenheit bei verringertem eigenem Risiko die beiden verbleibenden Flanker's sehr schnell ausgeschaltet hätten und dann immer noch genug Zeit für die schutzlosen Erdkampfflugzeuge gewesen wäre.
Aber es ist vielleicht, auch für einen sehr gut ausgebildeten Einsatzpiloten, in der Hitze des Gefechtes nicht so einfach die richtige taktische Entscheidung zu treffen.
Und genau das ist es, was die Piloten hier lernen.