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Aufbau der kroatischen Flugwaffe

Zurück zu Kpt. Peresin. Dieser suchte 1991 sofort nach seiner Rückkehr nach Kroatien Kontakt zum Korps der kroatischen Nationalgarde - dem Vorläufer der heutigen Armee - um sein Fachwissen dem Gen. Imra Agotic für den Aufbau einer eigenständigen kroatischen Flugwaffe bereitzustellen.
MiG-21bis- Alarmrotte in Pula-Valtura, der Hangar im Hintergrund ist noch K.u.K.-Herkunft !
Später sollen es ihm Piloten wie Danijel Borovic - der ins befreite Split fliegt - und drei andere gleichtun und mit Peresin ab 4. Februar 1992 die erste kroatische Luftverteidigung (HZS) zu bilden. 1993 übernahm Ing. Peresin das Kommando der 1. Jagdstaffel. Immer wieder wurde er mit gefährlichen Missionen betraut. In Slawonien flog er ebenso Einsätze wie bei den Gefechten um Dubrovnik. Parallel zu seiner militärische Tätigkeit absolvierte Peresin an der Hochschule in Zagreb ein weiteres Studium, das ihm später eine zweite Karriere als Zivilpilot ermöglichen sollte. Ebenso schien ein Weiterverbleib im Dienste der Luftwaffe möglich, sollten seine Erfahrungen beim Umstieg auf eine neue Kampfflugzeuggeneration notwendig sein.

Gefährliche Missionen

Während der kroatischen Operation "Blitz" (Operacija Bljesak) zur Rückeroberung (kroatische Diktion 'Befreiung') Westslawoniens vom 18. Korps der Krajina-Serben von 1.-3. Mai 1995, wurde Capt. Peresin wieder mit heiklen Operationen betraut, so auch am 2. Mai. Es galt, die serbischen Verteidiger der Save-Brücke bei Bosanska Gradiska, die ihre eigenen Landsleute als Puffer bzw. UN-Faustpfand verwenden wollten und nicht über die Brücke zurück liessen, zu neutralisieren. Mit ungelenkten Luft-Boden Raketen (UV-16/57) griffen kroatische MiG-21 Jets von Zagreb-Pleso aus immer wieder in die Kampfhandlungen ein. Bei einem dieser Angriffe geriet Peresins Maschine in serbisches Flugabwehrfeuer. Die MiG-21 wurde getroffen und verlor eine Tragfläche. Er konnte den KM-1 Schleudersitz betätigen und aussteigen, was auch ein serbisches TV-Team des Banja Luka-Fernsehens filmte. Peresin kam bei Bosanska Gradiska, nahe Bok Jankovac zu Boden, Territorium welches (bis heute) zur Republika Sprska der Bosnischen Serben gehört. Ab hier gibt es nur mehr unbestätigte Berichte über sein weiteres Schicksal, es gab Meldungen nach denen seine beiden Kniescheiben beim Aussteigen gebrochen waren bzw. die Mladic-Truppen ihm diese Verletzungen zugefügt hätten, als sie ihn gefangennahmen. Genaueres blieb mehr als zwei Jahre lang ungewiss.

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Gespräch mit Brigadier Vladimir MIKAC, Kommandant der Zrakoplovna Baza PULA, 200 Std. MiG-21

APA: Können Sie einen kurzen Rückblick über die ersten fliegerischen Aktivitäten der kroatischen Streitkräfte in den Jahren 1991/92 geben ?
MIKAC: Ganz am Anfang stand eine lose Formation von Piloten, die sich von der JRV (Jugoslawische Volksarmee) abgesetzt hatten, teilweise mit ihren Maschinen. Diese, meist vom Typ Antonow-An 2, SOKO-Kraguj, UTVA-75 und Piper 188 sowie Cessna, waren der Grundstein. Auch einige wenige Hubschrauber Mi-8 konnten nach Beschädigungen erbeutet und wieder in Stand gesetzt werden. Trotzdem konnte man all dies kaum als Luftwaffe bezeichnen. Viele dieser Maschinen wurden provisorisch als Waffenträger umgebaut, und besonders die An-2 - Piloten machten sich in der Schlacht um Vukovar verdient, indem sie die serbischen Positionen nachts bombardierten, teilweise mit Bomben aus umgebauten Gas- und Wasserboilern. Auch in der Fliegerei haben sich die Kämpfe mitunter also auf 2. Weltkrieg-Niveau bewegt. Nach der Eroberung, bzw. Besetzung Ostslawoniens durch die Serben begannen Verhandlungen mit der serbischen Regierung und der Volksarmee, um deren Abzug aus den verbliebenen Teilen Kroatiens zu erreichen. Unsererseits wurden diese vom ersten Oberbefehlshaber unserer Luftwaffe, General Agotic geleitet, der durch äußerst geschicktes Verhalten gegenüber dem Armeegeneral Raseta erreichte, daß die Volksarmee sich - zwar unter Mitnahme oder Zerstörung fast allen schweren Inventars - aus dem heutigen kroatischen Territorium zurückzog, besonders aus den von uns belagerten Garnisonen in und um Zagreb, wodurch noch größeres Blutvergießen um die Hauptstadt vermieden wurde. Nach der Anerkennung unseres Landes durch die Europäische Union am 15. Jänner 1992 - wobei wir übrigens ihrem Aussenminister (Anm.: Alois Mock) sehr verpflichet sind -, standen die fliegenden Verbände unserer Streitkräfte erst vor einer Organisation irgendwelcher Art. Es gab keine Jets, und auch keine brauchbaren Basen für sie. Gemäß dem ausverhandelten Abkommen war sämtliche Infrastruktur, wie Radar- u. Kommunikationsausrüstung, Bodengeräte, Spezialfahrzeuge oder Hangars demontiert bzw. mitgenommen worden. Vieles wurde aber auch einfach gesprengt, so wie übrigens vorher auch in Slowenien und nachher auf der modernsten RV-Basis in Bihac in Bosnien. Die kroatischen Kräfte waren damals zu schwach und anderwertig beschäftigt, um dies zu verhindern. Dies war wahrlich quasi die Stunde Null.

APA: Wie sahen dann die ersten Schritte aus und was geschah weiter bis heute?
MIKAC: Wir mußten erst notdürftig Flugplätze einrichten, bevor wir die Piloten kroatischer Nationalität, die sich innerhalb der Volksarmee bereithielten, verständigen konnten um mit ihren Flugzeugen überzuwechseln. Sie waren in ihren Regimentern - nun außerhalb Kroatiens - jedoch bereits isoliert und scharf beobachtet und hatten nicht mehr viel Zeit. Deshalb flog Rudolf Peresin auch von Bihac nach Österreich. Er hatte einfach Angst um sein Leben und konnte keinen Tag mehr warten. Drei weitere Piloten folgten ihm, die ihre MiG-21bis in Split und Zagreb landen konnten. Diese waren also der Nucleus unserer Luftwaffe. Leider ist von diesen Veteranen der ersten Stunde heute nur mehr eine Maschine übrig. Mittlerweile ist einige Konsolidierung eingetreten. Durch verbliebene Ersatzteile in der Werft ZMAJ in Velika Gorica nahe Zagreb, konnten wir unsere Stückzahlen an MiG-21bis Jagdbombern etwas vermehren. 1993 wurden Transporthubschrauber Mi-17 und 1994 Kampftransporter Mi-24D beschafft. Jene sollen vor allem zum Transport unserer Verwundeten direkt in Kampfgebieten bentutzt werden, da die normalen Hubschrauber oft angegriffen und manchmal auch abgeschossen wurden. Naja und die MiG's haben sich ja jetzt erst bei Bljesak (Anm.: Operation Blitz zur Wiedereinnahme Westslawoniens) und Storm (Anm.: Rückeroberung der Krajina um Knin) sehr bewährt, leider haben wir in dem Zusammenhang ja Rudi Peresin verloren, wir kannten und schätzten ihn alle sehr. Sie in Österreich habe ihn ja auch kennenglernt (lacht).

APA: Herr Brigadier, bei allem Respekt. Internationale Fachmedien, wie Jane's Balkan-Newsletter von Paul Beaver oder auch Air- Forces Monthly, bezweifelten in der Vergangenheit immer wieder die Möglichkeit aus Ersatzteilen, soviele Maschinen aufzubauen, wie sie hier und schon bei Ihrer Übung "Posejdon '94" letzten Herbst zu sehen waren. Jeder Flugzeugtechniker wäre angesichts dieser Angaben eher skeptisch. Es müssen also Neuanschaffungen hinzugekommen sein, ebenso verhält es sich bei den Mi-24, die ja in der jugoslawischen Volksarmee gar nicht eingeführt waren. Das alles im Lichte des UNO-Waffenembargos. Wollen Sie dazu etwas sagen ?
MIKAC: Nun, ein Land, von dessen Territorium ca. ein Drittel besetzt war, noch dazu ein-zementiert von den UNO-Beschlüssen, hat einfach das Recht sich die Verteidigungsmittel zu beschaffen die es benötigt um diesen unfairen Zustand zu beenden, bzw. der Weltgemeinschaft zu signalisieren, mehr zu tun um mögliche friedliche Lösungen voranzutreiben. Dazu kann es auch helfen, Stärke zu zeigen. Natürlich wollten wir nicht, daß der Gegner, genauer der Agressor, wertvollle Infromationen bekommt. Immerhin waren wir teilweise ein Land im Kriegszustand, wenn auch unter UNO-Mandat. Verstehen Sie also bitte, daß wir - auch mit Rücksicht auf zahlreiche Länder oder Organisationen die uns unterstützten - hier noch keine näheren Angaben machen können.

APA: Ich verstehe ihre Position, sich verteidigen zu müssen. Nur will die Fachwelt immer wieder gerne wissen: Woher kommen die Maschinen, welche Varianten sind es, wie alt sind sie, wieviele waren es, usw. ? Ich verstehe natürlich ihre Geheimhaltung und akzeptiere das, die Frage sollte nur in den Raum gestellt werden, als fachlich-logischer Kontrapunkt zu Ihrer irrelevanten Behauptung mit MiGs aus Ersatzteilen...
MIKAC: Auch wir anerkennen Ihr Fachwissen als Profi und Ihren Informationsstand, manche Ihrer Vermutungen haben etwas für sich, aber mehr wollen wir momentan nicht sagen. Der Tag wird kommen, wo wir sicher aufmachen können und die ganze aufregende Geschichte einer Fachzeitschrift erzählen können. Also Geduld! (Anm.: Bis heute ist die Herkunft der 28 MiG-21bis nicht offiziell geklärt - ex-NVA wurde weniger, Ukraine bzw. GUS-Raum mehr wahrscheinlicher).

APA: Eine ganze andere Frage. Wie ist die Situation bei den Piloten. Gibt es genug Flieger, laufen momentan Trainingsprogramme, worauf wird trainiert, wie sieht überhaupt die heutige Ausbildung aus?
MIKAC: Wie sie sicher wissen, gibt es keine Luftwaffe der Welt, die immer genug Piloten hat. Sie sind ja mit uns im Einsatz gewesen und haben vielleicht gesehen, dass wir auf diesem Gebiet vielleicht etwas begünstigt sind. Vor diesem blutigen und verrückten Krieg waren in der 400jährigen Universitätsstadt Zagreb die beiden besten Ausbildungsstätten für die Fliegerei im ganzen ehemaligen Jugoslawien, beide mit Hochschulniveau. Eine zivile technische Studienrichtung und eine solche auf der Militärakademie mit Pilotenausbildung. Diese sind uns natürlich nun geblieben. Wir wollen die Militärpilotenausbildung weiter nur aufs Offiziersniveau beschränken, also keine Unteroffiziere zu Piloten machen, auch nicht bei den Hubschraubern. Ganz einfach weil es genug Anwärter gibt, die 1991/92 schon in der Ausbildung standen, oder seither begonnen haben. Die fliegerische Grundausbildung, etwa im zweiten Hochschuljahr beginnend, findet am Flugplatz Zemunik bei Zadar statt, wo wir die Akademie aufgebaut - und nach Rudi benannt haben. Natürlich gibt es zu Anfang eine Grund-Selektion in der festgestellt wird, ob der Betreffende überhaupt fliegerisch geeignet ist. Trotzdem mußten wir auch dort von Null beginnen. Dies ist auch der Grund warum, es auf den MiG-21bis noch ganz wenige vollausgebildeten Piloten gibt, die schon zur Gänze im neuen Kroatien ausgebildet wurden. Wir verwenden momentan am Anfang etliche Piper- und Cessna-Flugzeuge, dann erfolgt der überwiegende Teil der Ausbildung auf UTVA-75 und teilweise auf An-2. Dann wird auf MiG-21UM oder Hubschrauber - hier zu Anfang auf Polizei-Hughes 500 und Jet-Ranger - umgeschult. Dies ist bei der Fläche ein etwas großer Sprung, natürlich. Wir sind dabei, diese Lücke durch einen Turboprop-Trainer, in der PC-7 oder-9, bzw. Tucano-Klasse zu schließen. (Anm.: Mittlerweile fliegen 20 PC-9 in Zemunik !) Es gibt jedenfalls genug Ausbildner, sowohl fliegerisch als auch technisch, teilweise aus der Volksarmee und zum Teil aus den zivilen Aero-Klubs. Hier hilft auch ein sehr dichtes Netz dieser Aero-Klubs, die in Kroatien schon eine lange Tradition haben.

APA: Die meisten Piloten und Ausbildner sind also geborene Kroaten. Haben sich sonst noch welche anderer Nationaltität gefunden, die in der HZS dienen?
MIKAC: Selbstverständlich gibt es auch andere. Meist sind es Serben. Ich meine nicht kroatische Serben, sondern richtige aus dem heutigen sog. Rest-Jugosalwien. Viele von diesen hatten eben vor dem Krieg hier irgendwo in Kroatien den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gesetzt, gebaut, geheiratet etc. Die konnten und wollten meist auch gar nicht weg. Z.B. haben wir einen Ausbildungsleiter auf Mi-8, der früher den Feuerlöschverband, mit den CL-215 (Anm.: Inzwischen CL-415) an der Küste, geführt hat. Es sind sogar Serben schon auf unserer Seite gefallen, wie etwa ein An-2 Pilot in der Schlacht um Vukovar. Er wurde von serbischer Flak abgeschossen und unser Präsident hat ihm posthum die kroatische Heldenmedaille verliehen. Die Auszeichnung erhielt dann seine serbische Mutter, verrückt irgendwie, nicht ? Aber auch von anderswo sind einzelne Piloten und Techniker bei uns.

APA: Wie erlernen Ihre Techniker die Wartung von Fluggerät, das sie noch nicht kennen, bzw. das nicht im ehemaligen Jugoslawien eingeführt war ?
MIKAC: Nun, so schwer ist das nicht. Nehmen wir als gutes Beispiel den Hubschrauber Mil-24. In großen Teilen gleicht er den puren Transportmodellen aus dem selben Hause. Triebwerke, Hauptgetriebe und anderes sind diesselben. Elektronik ist Elektronik, überall mehr oder weniger und Waffensysteme können von Spezialisten, die jahrelang nichts anderes gelernt haben, relativ leicht verstanden werden. Wir würden uns in der jetztigen Situation sicherlich nichts antun, daß für alle Beteiligten komplettes Neuland wäre. Deshalb macht die MiG-21bis momentan auch für uns am meisten Sinn, was nicht heißt, daß wir uns nicht mit den Zeiten nach einem Embargo beschäftigt haben. Eine Modernisierung oder ein Umstieg auf etwas Neues, vorzugsweise Westliches ist jedenfalls mittelfristig unverzichtbar.

Das Gespräch führte Georg MADER 1998, die Anmerkungen erfolgten im Wissenstand von 2002 !
HZS - HRVATSKE ZRACNE SNAGE = erster Name der Kroatischen Luftwaffe, heute HRZ I PZO !

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Letzte Aktualisierung: 23.02.2002