Der Gripen in der "Schlacht um Marktanteile"
Süd Afrika
Am 18. November 1998 verkündete die Südafrikanische Regierung die Auswahl von Saab und British Aerospace als Lieferant für neue Mehrzweck-Kampf- und Schulflugzeuge für die Südafrikanische Luftwaffe.
Der Vertrag erstreckt sich neben Marine-Equipment und 24 Hawk-Unterschalltrainern auf 9 Zweisitzer-Gripen und eine Option auf weitere 19 Einsitzer-Gripen.
Die Auslieferung des ersten Gripen an die Südafrikanische Luftwaffe soll spät im Jahr 2007 erfolgen, die Einsitzer von 2009 bis 2012 verfügbar sein.
Der Vertrag inkludiert ein umfangreiches Offsetpaket welches die Produktion von Gripen-Subsystemen durch die Südafrikanische Luftfahrtindustrie sowie Technologietransfer und Exportunterstützung für die Südafrikanische Industrie.
Ungarn
Gripen in ungarischen Farben
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Am 10. September 2001 begannen die Verhandlungen zwischen der Ungarischen Regierung und der Schwedischen Heeresmaterialverwaltung (FMV / Försvarets matrielverk) über das Leasing von Saab Gripen Mehrzweckkampfflugzeugen.
Diese Verhandlungen führten am 23. November 2001 in Stockholm zur Unterzeichnung einer Absichtserklärung durch den ungarischen Verteidigungsminister Dr. János Szabó und dem Schwedischen Verteidigungsminister Bernd von Sydow.
Mit einer Zeremonie am 20. Dezember 2001 in Budapest wurde der Vertrag zwischen der FMV und ASIB, dem Beschaffungsbüro innerhalb des Ungarischen Verteidigungsministeriums, über das Leasing von 14 JAS-39 Gripen unterzeichnet.
Ungarn wird 12 Einsitzer und 2 Zweisitzer Gripen über eine Periode von 10 Jahren ab Lieferbeginn leasen. Die Auslieferung erfolgt in Teilen beginnend im vierten Quartal 2004 und wird im Juni 2005 abgeschlossen sein, was die Ungarischen Luftstreitkräfte zum ersten Gripen-Nutzer innerhalb der NATO machen wird.
Der Vertrag inkludiert operationelle und taktische Ausbildung für 15 Piloten in 3 Teilen, technische Ausbildung für 32 Techniker der Materialerhaltung, 2 Techniker für Flugsimulatoren sowie 5 Radarleitoffiziere das hauptsächlich in Schweden durchgeführt wird.
Weiters werden Schwedische Piloten und Techniker in Ungarn stationiert um beim abschließenden Training zu unterstützen sowie als Berater währen der Leasingperiode zu fungieren.
Auf der logistischen Seite wird Ungarn über den "Integrated Logistic Support" vollen Zugriff auf alle Arten von Ersatz- und Austauschteilen erhalten wo auch immer diese verfügbar sind.
Da Ungarn NATO-Mitglied ist müssen die Schwedischen Flugzeuge auf NATO-Standard nachgerüstet werden.
Diese Änderungen werden von Gripen International/Saab Aerospace in Linköping entwickelt und von einer Materialerhaltungswerft der Schwedischen Streitkräfte durchgeführt.
Die Arbeiten inkludieren den Einbau eines neuen "Have Quick" fähigen Kommunikationssystems inklusive NATO-kompatiblem IFF, der neuen APU, der neuen GECU, der FADEC für das RM12 Triebwerk, einem Instrumentenlandesystem, einer erweiterten Bewaffnungsfähigkeit, Fuss/Knoten - Cockpitanzeige samt englischsprachigen Beschriftungen sowie die zugehörigen Software-Modifikationen.
Die Vereinbarung enthält keine Bewaffnung für die Flugzeuge mit Ausnahme der internen 27mm Maschinenkanone in den Einsitzer-Gripen.
Teil des Vertrages ist weiters ein Gegengeschäfts-Abkommen über 100% der Vertragssumme von welcher bereits USD 661 Mio. vorerfüllt wurden.
Gripen International ist derzeit in Verhandlungen mit über 40 Ungarischen Unternehmen um auf den bestehenen Vereibarungen aufzubauen.
Vorerst muss Ungarn aber wieder mit der Ausbildung von Piloten beginnen.
Da seit 6 Jahren keine Jetpiloten ausgebildet wurden und zudem keine eigenen Möglichkeiten zur Ausbildung auf modernen Jets besteht, wird Ungarn eine Gruppe von 13 Piloten für 3 Jahre in Kanada trainieren lassen um sie zu befähigen moderne dritte und vierte Generations-Jagdflugzeuge zu fliegen.
Erst danach kann die Typkonvertierung auf den Gripen in Schweden beginnen.
Tschechische Republik
Mit Tschechien ist das Konsortium noch im Verhandlungsstadium
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Am 9. Jänner 2001 veröffentlichte die Tschechische Regierung eine Ausschreibung für entweder 24 oder 36 neue Überschall-Mehrzweckkampflugzeuge mit Auslieferung ab 2004.
Harte Bedingungen, wie z.B. Angebot und Dokumentation in Tschechischer Sprache und in Tschechischen Kronen sowie mindestens 150% Offsets, brachten die meisten angeschriebenen Unternehmen dazu als Anbieter zurückzutreten.
Die einzige Antwort auf die Ausschreibung kam somit von Gripen International für den JAS-39 Gripen am 7. Juni 2001.
Es benötigte mehrere Monate bis die Tschechische Regierung zur Entscheidung kam, dass der Ankaufsprozess weiterlaufen sollte - mit nur einem Angebot auf dem Tisch.
Die Verhandlungen über das Angebot begannen am 10. Dezember 2001.
Gripen International offeriert der Tschechischen Regierung NATO-kompatible Gripen mit zur Aero L-159 identen Bewaffnungsoptionen.
Solch ein Vertrag würde zur Integration der "Brimstone" Anti-Panzer Luft/Boden-Rakete, dem CRV-7 Raketenwerfer, der Mk82 500lb Bombe sowie dem lasergelenkten Derivat GBU-12 als auch dem TIALD-Behälter (Thermal Imaging/Airborne Laser Designator) der zur Lenkung der LGB's benötigt wird, in das Gripen-System führen.
Das Angebot ist unterstützt durch ein 150% Offset Programm über einen Zeitraum von 10 Jahren und einer Verpflichtung 50% der Offsets innerhalb von 2 Jahren ab Vertragsunterzeichnung zu erfüllen.
Das Finanzpaket wird von einem Konsortium internationaler Banken bereitgestellt, von der Englischen sowie der Schwedischen Regierung garantiert und beinhaltet eine Absicherung vor Währungsschwankungen.
Die Rückzahlung des gewährten Exportkredites beginnt für die Tschechische Republik nicht vor 2009 und muss innerhalb 15 Jahren nach Vertragsunterzeichnung abgeschlossen werden.
Laut vorhergehenden Statements des Gripen International Konsortiums, veröffentlicht in Zeitungsberichten, soll der Preis für 24 Gripen unter CZK 50 Mrd (EUR 1,57 Mrd. / USD 1,38 Mrd.) betragen mit erwarteten Offsets im Wert von CZK 76 Mrd (EUR 2,38 Mrd. / USD 2,09 Mrd.).
Nicht so optimistisch zeigte sich der Tschechische Finanzminister Jiri Rusnok welcher Ankaufskosten in der Höhe von CZK 100 Mrd (EUR 3,14 Mrd. / USD 2,76 Mrd.) erwartet, und deshalb bisher - zuletzt am 9. Jänner 2002 - sein O.K. verweigert hat.
Ausserdem muss das Minderheitskabinet Zeman die vereinbarte Zwischenfinanzierung (Loan) noch durchs Parlament bringen.
alles in allem ein finanzielles Großvorhaben, dass durch die Unverkäuflichkeit Temelins umso schwerer wird.
Polen
Polen hat einen längerfristigen Bedarf für 60 NATO-kompatible Überschall-Mehrzweckkampflugzeuge mit Auslieferung bis 2012 mit einem Gesamtwert von USD 2,5 Mrd. (EUR 2,84 Mrd.) bis USD 3,5 Mrd. (EUR 3,98 Mrd.) angemeldet und möglicherweise weiteren 90 Flugzeugen zu einem späteren Zeitpunkt.
Es scheint als würden budgetäre Zwänge in einer Übergangslösung münden, welche zum Ankauf von gebrauchten Flugzeugen führen könnte, die später durch neue ersetzt oder auf denselben Standard nachgerüstet werden könnten.
Da nur die Ostsee Schweden von Polen trennt ist das Gripen International Konsortium intensiv in Polen engagiert und hat in der Zwischenzeit zumindest zwei speziell für Polen adaptierte Angebote vorgelegt.
Das erste Angebot vom Juni 1999 offerierte 16 Gripen auf Leasingbasis und die Endfertigung von weiteren 44 Neuflugzeugen bei PZL-Aircraft-Factory.
Das bisher letzte Angebot vom Jänner 2001 bietet die Leihe von zumindest 16 NATO-interoperatiblen Gripen (14 Einsitzer und 2 Zweisitzer) für volle fünf Jahre Flugoperationen gefolgt von einer Erweiterung der Leihperiode oder einem Austausch der Leihflugzeuge durch neue Gripen als Teil eines größeren Ankaufes.
Das BAE SYSTEMS-Saab Konsortium offeriert außerdem Gegengeschäfte für die polnische Industrie und hat seit 1997 bereits Aufträge im Wert von USD 55 Millionen vergeben.
Diese Aufträge inkludieren Arbeiten an den Strukturen der BAE Hawk Jet-Trainer, des Saab Gripen Mehrzweckkampfflugzeuges, des Raytheon Hawker Business Jets und des BAe Avro RJ/RJX Regiojets. Nach einem Vertragsabschluss könnte der Arbeitsanteil auf die Bereiche Werkzeuge und Bodenequipment, Avionik, Bodentests, Bemalung, Testflüge, Installation der RM12 Triebwerke, der Kabel und der Schleudersitze erweitert werden.
Andere eingebundene Unternehmen wären PZL Mielec und PZL Swidnik für Flügel und Tests, PZL Rzeszow für die Endmontage der RM12 Triebwerke, WZL-4 für Triebwerkswartung und Überholung und CNPEP Radwar für die Produktion von Teilen der Ericsson PS-05/A Radarantenne und des Hochfrequenzelements.
Neben dem JAS-39 von Gripen International ist die F-16 von Lockheed Martin, die Mirage 2000-5 von Dassault, der Eurofighter Typhoon von EADS und die F/A-18E/F Super Hornet von Boeing Kandidat für den Auftrag.
Zumindest ein gebraucht Leasingangebot der Konkurrenz wurde Polen von der US Regierung vorgelegt.
Inhalt waren 16 F-16A/B Fighting Falcons inclusive zwei weiteren Flugzeugen als Ersatzteillager.
Die Unternehmen hatten ihre Angebote am 15. Juni 2001 abzugeben und mit der Auswahl eines Gewinners wurde per 16. Juli gerechnet.
Allerdings ist die Polnische Regierung bisher zu keiner Entscheidung gekommen.
Österreich
Seit etwa 10 Jahren plant die Österreichische Luftwaffe ihre technisch überholten J-35OE "Draken" durch moderne Kampfflugzeuge zu ersetzen.
Politischer Unwille führte zu großen Verzögerungen und eine Ausschreibung erging erst am 14. September 2001 an verschiedene Hersteller.
Grundsätzlich erbat sich Österreich Angebote für 24 einsitzige Mehrzweckkampflugzeuge sowie zugehöriges Equipment, Ausbildung und Service.
Zusätzlich sind eine große Anzahl des geforderten Angebotes optional, darunter 6 zweisitzige Mehrzweckkampflugzeuge, Simulatoren, Sidewinder und AMRAAM-Raketen.
Eine Spezialität der Österreichischen Ausschreibung ist eine "Übergangslösung" um die Lücke zwischen dem Draken und den neu zu produzierenden Flugzeugen zu schließen, mit bis zu 12 Flugzeugen, davon bis zu 6 Zweisitzern für einen Zeitraum bis 2009 oder 2012.
Erste Zahlungen sollen 2004 beginnen und in 9 Jahresraten abgeschlossen werden.
Österreich erbat sich Gegengeschäfte von mindestens 100% des Vertragswertes und "erwartet" 200%.
Neben Gripen International bewirbt sich auch Lockheed Martin mit der F-16C/D Block 50/52 und die EADS mit dem Eurofighter Typhoon um den Auftrag.
Ob Dassault mit der Mirage 2000-5 auf die Ausschreibung antwortet ist noch unklar, Boeing hat Anfang November bekanntgegeben, dass es mit der F/A-18E/F aufgrund geringer Chancen nicht teilnimmt.
Die Unternehmen haben ihre Angebote spätestens am 23 Jänner 2002 abzugeben, die Auswahl eines Gewinners ist für Mitte 2002 vorgesehen.
Brasilien
Am 6. August 2001 veröffentlichte die Brasilianische Regierung ihre Ausschreibung für 12 bis 24 neue Kampfflugzeuge unter der Bezeichnung "F-X Programm".
Der Ankauf könnte zu einem späteren Zeitpunkt in ein wesentlich größeres Geschäft münden, denn die Brasilianische Regierung hat offiziell einen Bedarf von bis zu 100 Flugzeugen einer neuen Kampfflugzeuggeneration als Ersatz für die derzeit im Einsatz stehenden F-5 und Mirage Jäger.
Inklusive dem Gripen International Konsortium sind fünf Anbieter um den Auftrag in Brasilien bemüht.
Das sind die Brasilianische Aeronautics Company, ein Konsortium von Embraer und Dassault mit der Mirage 2000, Lockheed Martin mit der F-16 und die Russischen Hersteller RAC-MiG and Rosoboronexport mit MiG-29 und Sukhoi.
Das Luftfahrtministerium hat sich eine Reinvestition der Vertragssumme in Form von Technologietransfers erbeten welche die Brasilianische Luftwaffe in die Lage versetzen sollen die Software der Flugzeuge selbst zu warten und zu überarbeiten sowie die Produktion und Wartung von Hochtechnologie Produkten im Brasilianischen "aerospace industrial park" ermöglichen sollen.
Möglich ist weiters eine Erweiterung des Erstvertrages auf die Endfertigung bzw. die Lizenzproduktion dieser Kampfflugzeuge in Brasilien.
Mehr Informationen über den Gripen wie z.B. Entwicklungsgeschichte, Daten, Fotos, Grafiken und www-Links, finden sie in unserer Saab JAS-39 "Gripen" - Systembeschreibung