Einleitung
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Die Bewaffnung eines Kampfflugzeuges wird zwar als integrativer Bestandteil des Gesamtsystems begriffen, wird aber in der Regel nicht durch den Hersteller des Fluggerätes sondern durch andere Unternehmen erzeugt. Oftmals stammen das Flugzeug und die mit ihm zum Einsatz gebrachten Waffen nicht einmal aus dem selben Herstellerland.
Eine Ausnahme in Europa stellt hier Frankreich dar. Neben einer vollkommen eigenständigen Flugzeugentwicklung und -produktion war Frankreich bis vor kurzem in der Lage auch vollkommen unabhängig die zugehörigen Lenkwaffen bereitzustellen.
Bei den Flugzeugherstellern aller anderen europäischen Länder wurden primär Lenkwaffen amerikanischer Herkunft bzw. Lizenzkopien solcher Waffen in die selbst produzierten Flugzeuge integriert.
Dieser Umstand bringt bis heute unangenehme Nebenerscheinungen mit sich. So ist ein potentieller Kunde für ein eigentlich rein europäisch entwickeltes Kampfflugzeug, im Bereich der Lenkwaffen nach wie vor auf die US-Freigabe angewiesen - man muss diesen Kunden also fast automatisch direkt zur Konkurrenz schicken.
Die dadurch notwendigerweise intensiven Kontakte mit der US-Administration werden von US-Seite natürlich auch genutzt, die eigenen Produkte ins beste Licht zu rücken und gleich den ganzen Deal - inkl. Flugzeug - selbst zu machen.
Die Änderungen in der politischen Landschaft Europas der letzen Jahre, vor allem aber die durch wirtschaftliche Zwänge notwendig gewordene, Zusammenführung von vorher vielen einzelnen nationalstaatlich kontrollierten Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen, zu einigen wenigen multinational-europäischen Konzerngiganten, wird in naher Zukunft zu erheblichen Änderungen in diesem Bereich führen.
Zwar zögert die Politik in einzelnen Bereichen noch, und stören eigenstaatliche Interessen immer noch die Gesamteuropäischen, jedoch ist die Industrie treibende Kraft hinter weiteren Einigungsschritten und multistaatlichen Programmen. Denn die europäische Luftfahrt- und Rüstungsindustrie hat der mächtigen US-Amerikanischen schon lange "den Krieg" erklärt.
So wie in Seattle heute niemand mehr über "Airbus" lacht - es ist noch nicht allzu lange her, dass man dort die eigene Marktposition als vollkommen ungefährdet ansah - will man auch im Bereich der Luftrüstung, da aber unter viel schwierigeren Grundvoraussetzungen, Boden gegenüber den Amerikanern gut machen.
Das Paradebeispiel für dieses Bemühen dürfte derzeit die Ramjet-getriebene BVR-Luft/Luft-Rakete "Meteor" sein.
Gelingt das Projekt, ist Europa im Besitz der leistungsfähigsten Luft/Luft-Lenkwaffe der Welt. Russland hat zwar Pläne für eine Ramjet-Version der RVV-AE in der Lade, aber kein Geld sie zu verwirklichen und die amerikanische Industrie baut gerade Jagdflugzeuge mit Waffenschächten, die auch als begrenzendes Element hinsichtlich der Abmessungen der Bewaffnung und ihrer Leistungsparameter begriffen werden können.
Ebenfalls in den Startlöchern steht Europa bei den "Cruise Missiles".
Diese Waffensystem sind in der Entwicklung und Herstellung zwar extrem teuer, ermöglichen dafür aber im Einsatzfall die relativ einfache und gefahrlose Bekämpfung von stark verteidigten Prioritätszielen.
Wie schon bei den Operationen "Desert Storm" (Golfkrieg II) und "Allied Force" (Jugoslawien 1999) zu sehen war, sind die Ziele solcher Waffen nicht Truppen im Feld, sondern Einrichtungen der höchsten Kommando-, Kontroll- und Kommunikationsebene.
Die europäischen Abstandswaffen "Taurus" und "Apache" stehen hier in direkter Konkurrenz zu den amerikanischen Systemen AGM-154A "JSOW" und AGM-84 "SLAM".
Allerdings ist die europäische Rüstungsindustrie bei den Entwürfen in dieser Waffenkategorie auf die Leistungsfähigkeit seiner Trägersysteme beschränkt.
Anders als die USA und Russland - die mit großen Bombern, mit internen Waffenschächten und interkontinentaler Reichweite auch größere und aerodynamisch komplexere Systeme (z.B. AGM-86 CALCM) transportieren und starten können - ist Europa auf kleine ein- und zweistrahlige Jets und den Limits deren Außenlastträger angewiesen. Ein Umstand der Einfluss hat auf die Form, die Größe und das maximale Gewicht einer Waffe.
Ob es in Europa künftig ein Trägersystem gibt, das im Stande ist mehr zu leisten, hängt nicht zuletzt vom Ergebnis der FOAS-Studie (Future Offensive Air System), welche derzeit im Auftrag des britischen Verteidigungsministeriums erstellt wird, ab.
Allerdings ist eine mögliche Ankaufs-Entscheidung erst für 2008 und eine etwaige Indienststellung für den Zeitraum ab 2018 geplant.
Eine weitere Kategorie von Lenkwaffen in die Europa gerade einsteigt sind freifallende Bomben mit GPS-Lenkung.
Dieses Lenksystem ist mit einer maximalen Abweichung von ca. 10m zwar nicht so exakt wie lasergelenkte Bomben, dafür aber absolut allwettertauglich und in der Herstellung vergleichsweise kostengünstig.
Während Frankreich derzeit alleine das Modulsystem AASM entwirft, wird in England vermutlich eine Fertigungsstrasse für die Lizenzproduktion der amerikanischen JDAM GPS-Lenkeinrichtungen errichtet. Grund dafür ist der "durchschlagende" Erfolg dieser Waffen in den US-Streitkräften. Anders als ursprünglich geplant können die USA trotz einer Vervielfachung ihrer Produktionskapazitäten keine Exportaufträge annehmen. Statt einer Produktion von 87.000 Stk. in einer Rate von 700 Stk. per Monat, wurde zuerst auf 1.500 Stk./Monat und nunmehr auf 2.800 Stk./Monat gesteigert und die georderte Gesamtstückzahl allein für den US-Markt dürfte derzeit bei über 250.000 Stk. liegen.
Wo Europa mangels geeignetem Träger ebenfalls nicht mithalten kann, sind die speziellen Anti-Bunker-Bomben der US Air Force.
Schon der derzeit größte Penetrator, die 5,8m lange und 2.300kg schwere GBU-28, welche in der Lage ist über 6m Stahlbeton zu durchschlagen bzw. über 30m tief ins Erdreich einzudringen, übersteigt die Kapazitäten der europäischen Jets
Und die derzeit in Planung befindliche 11t Variante, die auch um vieles tiefer liegende Bunker zu knacken im Stande sein soll, steht sowieso weit jenseits aller europäischen Planungsgrößen.
Eine neue Tendenz im Bereich der Waffentechnologie ist der Versuch die Elektronik der LFK-Systeme auch zur Vermeidung der ungeliebten "Kollateralschäden" zu nutzen - der Rakete werden so zusagen "Rules of Engagement" einprogrammiert.
Unter den ersten Vertretern dieser Waffengattung sind die Anti-Radar-Lenkwaffe ARMIGER und die Anti-Tank-Lenkwaffe BRIMSTONE zu finden. Bei beiden können vor dem Einsatz Gebiete einprogrammiert werden in denen nicht oder in denen ausschließlich angegriffen werden darf. Es reicht der Rakete somit nicht nur ein passendes Ziel zu finden, sondern es muss sich auch im richtigen Gebiet befinden um von ihr angegriffen zu werden.
Allerdings ist zu erwarten, dass sich auch die Angegriffenen danach richten und zunehmend in urbanem Gebiet Stellung beziehen, um dort Schutz vor einem Angreifer, der Angst vor Kollateralschäden hat, zu suchen. Doch auch für diese Fälle wird geplant und entwickelt. Punktgenaue Präzision und kleine Gefechtsköpfe sollen diese Strategie unterlaufen.
Letzte Aktualisierung: 03.11.2002