Das JSF-Gap, Teil 2
USA warten auf das neue Produkt
Für die Vorgängermodelle F/A-18A/B & C/D haben sich schnell Exportkunden gefunden - die Variante E/F hat bisher keine Akzeptanz am Markt.
Foto: Boeing
Der Testflugbetrieb des JSF läuft - die ersten Bauteile mit langen Lieferzeiten wurden bestellt.
2008 sollen erstmals Serienflugzeuge aus der Fertigung rollen.
Grafik: Lockheed Martin
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Das finanzstärkste US-Kampfflugzeug-Programm ist derzeit die Boeing F/A-18E/F für die US-Navy. Doch zur Enttäuschung von Boeing gelang es bisher nicht Exporte zu realisieren - die für den Betrieb von Flugzeugträgern spezialisierte "Super Hornet" schied überall aus wo sie antrat.
Kurioser Weise erlebt statt dessen die wesentlich ältere F-15 "Strike Eagle" von Boeing derzeit ihren zweiten Frühling. Das Flugzeug, dass erstmals Anfang der 70er in Produktion ging, bietet die derzeit potenteste US-Kombination aus Flugleistung und Nutzlast. Die F-15 wird daher ausgestattet mit modernisierter Bordelektronik gegen Eurofighter, Rafale und Su-30 auf jenen Exportmärkten ins Rennen geschickt, wo selbst die modernsten F-16 "Fighting Falcon" aufgrund des anspruchsvollen Anforderungsprofils in hohem Bogen aus dem Wettbewerb fliegen.
Wobei - US-üblich - mit dem politischen Druck einer Weltmacht versucht wird, die Entscheidungen pro-amerikanisch zu beeinflussen. In Polen hat man so die F-16 gegen europäische Alternativen durchgebracht und das nur wenige Tage nachdem die EU umfangreiche Förderungsgelder für Polen genehmigt hatte. In Korea hat es perfekt funktioniert und eine F-15K geboren. In Malyasia - immerhin einem F-18D Kunden - hat es nicht mehr geklappt und dort heuer eine erstaunliche Su-30MKM2 ergeben. Im benachbarten, immer sensiblen Singapur sind F-16/50 und "Super-Hornet" ebenfalls vor wenigen Wochen ausgeschieden, dort bleibt ein (koreanisches) F-15-Derivat gegen Typhoon und Rafale übrig.
Und dem NATO-Partner Tschechien werden sogar relativ unverhohlen wirtschaftliche Konsequenzen in Aussicht gestellt, falls man sich dort zum Leasing von nagelneuen Gripen entschließt, anstatt die von US-Seite gebotenen 20 Jahre alten F-16 zum selben Preis zu nehmen.
Selbst in der wieder aufgenommenen brasilianischen Beschaffung gefällt der Luftwaffe die Su-35 besser als alle F-16 und Gripen zusammen. Dort ist aber wieder Dassault mit seinem Partner EMBRAER politisch stark - allerdings nicht mit der modernen Rafale sondern eben mit deren Vorgänger Mirage 2000.
JSF erst ab 2012 zu kaufen
Wie lange ein "pushen" der älteren US-Modelle auf diese Art noch gelingen kann ist fraglich. Weder F-15 noch F-16 werden durch die USA selbst noch gekauft. Und auch wenn sich die - Primär durch den Export finanzierte - Weiterentwicklung dieser Modelle nicht ganz aufhören wird, so konzentrieren sich die US-Regierung und die US-Hersteller zunehmend auf die neuen Produkte F/A-22 und F-35. Sichtbar wird das auch an der Strategie, mit Übergangslösungen - wie z.B. gebrauchte F-16 - die Kunden vorübergehend vom Markt zu nehmen und ins JSF-Zeitalter zu transferieren. Ein Zeitalter auf das vor allem etwaige Exportkunden noch einige Zeit warten werden müssen. Die USA sollen ihre erste JSF-Lieferung im Jahr 2008 erhalten. Großbritannien, welches als Level 1 Partner immerhin jetzt schon 10% der JSF-Programmkosten von etwa 1,9 Milliarden britischen Pfund (EUR 2,7 Mrd.) in die US-Entwicklung stopft, kann nicht vor 2010 mit Auslieferungen rechnen. Andere Kunden - selbst Level 2 und 3-Partner die ebenfalls jetzt schon einzahlen um Infos und industrielle Beteiligungen zu bekommen - können nicht vor dem Zeitraum 2012-2014 mit den ersten JSF's rechnen.
Transatlantische "Countermeasures"
Klar das der US-Industrie eine auf Hochtouren laufende Fertigung einer bis dahin moderneren Flugzeugtype in Europa ein kräftiger Dorn im Auge ist. Schafft man es die dritte Tranche Eurofighter zu stoppen, würde das augenblicklich zu einer erheblichen - und für die ausgelieferten Flugzeuge der Partnerländer rückwirkenden - Preissteigerung am Weltmarkt führen.
Obendrauf hieße das die technologische Weiterentwicklung des Eurofighters empfindlich zu bremsen. Vor allem die Realisierung des für Tranche 3 in Aussicht stehenden "AMSAR" (Airborne Multi-mode Solid-state Active-array Radar) - ein Gerät mit elektronischer Strahlschwenkung welches derzeit in europäischer Partnerschaft entwickelt wird und letztendlich in Eurofighter und Rafale eingebaut werden soll - könnte so gestoppt werden. Auch die Weiterentwicklung der Netzwerkfähigkeiten des Eurofighters - einer Schlüsseltechnologie für die Gefechtsführung von Morgen - ließe sich so unterhalb des geplanten JSF-Levels einbremsen. Ohne Tranche 3 Eurofighter verglühen die Investitionen Europas - ein technologisch gebremster, dafür mit steigenden Stückkosten versehener Eurofighter, wäre gegen den JSF im Export faktisch chancenlos.
Zwei der vier Eurofighter-Partnerländer haben einen Fuß im JSF-Programm.
Bester Ansatzpunkt für die US-Administration um von aussen Einfluss auf das viernationale Programm zu nehmen
Foto: EADS
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Der Schlüssel für diesen US-Coup liegt eindeutig in den guten politischen Beziehungen der USA zu Großbritannien und Italien bzw. in der Teilnahme dieser Regierungen sowie der Unternehmen BAE SYSTEMS und ALENIA am JSF-Programm. Die Eurofighter-Partner Deutschland, Spanien und EADS haben solch eine Doppelstrategie nicht im Talon und sind angesichts der investierten Mittel auf den Erfolg des Eurofighters in diesem Marktsegment angewiesen.
Dass dieser Kampf auch auf jedem potentiellen Exportmarkt geführt werden muss, zeigen die Aussagen von Lockheed Martin-Managern im Kampf um den Kunden Österreich. Mit "
Read my lips, there will be no tranche 3" versuchten sie negative Folgen für Österreich darzustellen, falls man sich hierorts für den Eurofighter entscheidet.
Doch Europa sitzt nicht untätig herum - die Gegenmaßnamen der alten Welt sind aus amerikanischer Sicht geradezu ruchlos. Während US-Manager tunlichst bemüht sind Kontakten mit Russen aus dem Weg zu gehen und hier offenbar immer noch Berührungsängste bestehen, scheinen maßgebliche Teile die europäische und die russische Luft- und Raumfahrtindustrie immer mehr gefallen an einander zu finden. Zugpferde dabei sind Frankreich und Deutschland, welche jeweils hervorragende Beziehungen mit der russischen Föderation pflegen. Am Aerosalon 03 in Paris kam es schließlich zum "Tabubruch". Rosoboronexport und Sukhoi auf der einen und EADS, MBDA, Thales, Sagem und Dassault Aviation auf der anderen Seite unterzeichneten ein Übereinkommen zum Start von Machbarkeitsstudien, um Bereiche zur künftigen Zusammenarbeit zu identifizieren. Und Yuri Koptev, Genealdirektor von Rosaviacosmos (Russische Luft- und Raumfahrtbehörde), stellte gleich unmissverständlich klar, dass hier nicht mit blumige Worten Papier bekritzelt wird, sondern konkrete Gespräche über gerade beginnende und zukünftige Programme geführt werden.
Im Auge hat man dabei vorerst unbemannte Kampfflugzeuge (UCAV's), Upgrade und Logistik für bestehende Kampfflugzeuge und die Verwendung europäischer Raketen auf Sukhois Kampfflugzeugen.
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