Print
Der Krieg im Äther         Seiten:   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11   12   EW Begriffe   ARIES   GROWLER   DASS
< Zurück
7) LINEBACKER
Weiter >
9) Belenko
EW Begriffe Die Aufklärer
EP-3E Aries II
Die Kämpfer
EA-18G Growler
Die Geschützten
DASS & Co

8) Feiertage, Kriege und Geschenke

Am 5. Oktober 1973 operierte eine Lockheed EP-3 von der Hellenikon Air Base aus (mil. Teil des alten Ellinikon International Airport bei Athen) vor der Küste Ägyptens mit dem Auftrag Signale ausländischer elektronischer Anlagen aufzunehmen und auszuwerten. Nach dem Flug meldete die verdutzte Crew ihre Erfolglosigkeit dem Geschwader. Man hatte nichts, gar nichts - nur die absolute Funkstille hatte man feststellen können. Eigentlich hätten daraufhin alle Alarmglocken schrillen sollen - aber wie so oft hat man auch diese Ruhe vor dem Sturm nicht rechtzeitig richtig interpretiert.

Am Morgen des nächsten Tages - dem höchsten jüdischen Feiertag des Jahres "Yom Kippur" - hatten sich Premierministerin Golda Meir, Verteidigungsminister Moshe Dayan und General David Elazar getroffen um über den drohenden Krieg zu beraten. Für Dayan war es nicht sicher, dass ein Krieg unmittelbar bevorstünde. Elezar hingegen drängte auf einen Erstschlag gegen Syrien noch an diesem Tag. Doch Meir argumentierte gegen den Erstschlag. Israel würde unter Umständen Hilfe benötigen wenn ein Krieg losbräche. Die europäischen Nationen hatten unter Androhung eines Ölembargos von arabischer Seite bereits ihre Waffen- und Munitionslieferungen an Israel eingestellt. Wenn man jedoch selbst den Krieg begänne, dann wäre die Aussicht auf Hilfe vertan.

Schwer zu sagen, was Golda Meir um 8h Morgens am 6. Oktober 1973 mit dem Wissen aus der Nachbetrachtung des Konflikts getan hätte - dem Wissen, dass Israel haarscharf an der Katastrophe vorbei geschrammt war. Jedenfalls brach am 6. Oktober 1973 um 14:00 die Hölle los. Der gleichzeitige Angriff Syriens auf den Golan-Höhen sowie Ägyptens am Suezkanal und auf dem Sinai brachte Israels Streitkräfte nahe an den Zusammenbruch. Am Golan sahen sich zwei israelischen Brigaden mit 180 Kampfpanzern und elf Artillerieeinheiten einer Übermacht aus fünf Divisionen mit 1.300 Kampfpanzern und 188 Artillerieeinheiten gegenüber.

Zwei Tage dauerte es, bis die israelischen Verbände durch das Eintreffen der Reservisten auf ihre Soll-Stärke gebracht wurden. Während dessen durchbrachen mehrere ägyptische Armeen mit gesamt 80.000 Mann, die Bar-Lev-Line am Suezkanal. Die Sandwälle der Bar-Lev, besetzt mit nur 436 Israelis, hätte die Ägypter stundenlang stoppen sollen, um sie so zu einem idealen Ziel der israelischen Artillerie und Luftwaffe zu machen. Nun hatte die israelische Artillerie die ägyptische Luftwaffe am Hals und die israelische Luftwaffe zwei brandheiße Fronten mit hochmodernem sowjetischen SAM-Netzwerken, von welchem die Vietnamesen nicht einmal zu träumen gewagt hätten.

Dazu kam eine numerische 2:1 Luftüberlegenheit der Syrer und Ägypter, welche 730 Jets der Typen Mig-17, Su-7 und MiG-21 sowie Bomber der Type Tu-16 zum Einsatz brachten, während Israel sich mit 375 Flugzeugen der Typen F-4, A-4 sowie Mirage IIICJ und deren Kopie IAI Nesher zur Wehr setzte. Im Laufe der Schlacht wurden auch vom Irak, Lybien und Algerien Flugzeuge entsandt um auf arabischer Seite gegen Israel zu kämpfen.

Gemeinsam mit der Flak, den guten alten Bekannten SA-2 und SA-3 sowie der schultergestützten SA-7 und der neuen SA-6 war die Israelische Luftwaffe nicht im Stande, sich vor der Fliegerabwehr zu schützen. Vor allem mit der SA-6 Gainful hatte man schwer zu kämpfen. Die Jammer die IAF erwiesen sich als wirkungslos, nicht einmal die Warnempfänger reagierten auf das "Straight Flush" CW-Radar. Und einmal in der Luft flog, die kleine Rakete mit ihrem Ramjet fast rauchlos und war so nicht einmal optisch zu entdecken.

In Deutschland nahmen israelische Luftwaffenoffiziere Kontakt mit der USAFE auf, berichteten über die Problem und erbaten Hilfe. Sechs Tage nach Kriegsbeginn erwiesen sich Meirs Prognosen als zutreffend. Ab 12. Oktober lieferten die USA in den 556 Flügen der Operation "Nickel Grass" über 22.000t Material an Israel. Darunter waren auch 56 Kampfflugzeuge sowie 40 ALQ-119 Jammer-Pods und US-Elektronikfachleute.

Alles was die USAF zu diesem Zeitpunkt über die SA-6 liefern konnten, war eine Einstellung welche wie ein Köder auf die Rakete wirken sollte und am Schluss in ein pull-off Signal endete. Die Israelis trauten sich nicht, diese noch experimentelle Einstellung zu verwenden. Stattdessen verbesserte man das Know-How betreffend SA-2 und SA-3 und entschied sich, mit zunehmend besseren Informationen über die Standorte der SA-6 Batterien diese wo immer möglich zu umfliegen. Am 24. Oktober erklärten die Streitparteien Waffenstillstand. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Israel das Blatt auf beiden Fronten gewendet und war tief in Ägyptisches und Syrisches Territorium vorgedrungen.

Israel hatte in den 18 Tagen des Krieges 102 Kampfflugzeuge verloren, Ägypten 235 und Syrien 135. Der größte Teil der Verluste der Israelischen Luftwaffe war auf SAMs zurückzuführen. Die Verluste an Menschenleben im Yom-Kippur-Krieg betrugen ca. 2.700 Israelis, 3.500 Syrer und 15.000 Ägypter.

Nach dem Krieg wurde die Frage aufgeworfen wie denn die Israelis zurückzahlen könnten, was sie an Hilfe bekommen hatten. Einige im Zuge von "Nickel Grass" und der betreffenden Nachbearbeitung in Israel tätige US-Offiziere wurden von den Israelis zur Seite genommen und auf die ägyptische Fayid Air Base in der Kanalzone - inzwischen unter israelischer Kontrolle - gefahren. In den Lagerhäusern und Hangars der Base befand sich eine große Anzahl an SA-2, SA-3 und SA-7 Raketen, bereit um an Fronteinheiten ausgeliefert zu werden. Den US-Offizieren wurde gestattet Exemplare auszusuchen und zu Testzwecken in die USA mitzunehmen. Und es wurde noch mehr. Die USAF entsandte Spezialisten nach Israel um aus der israelischen Kriegsbeute Equipment von Interesse herauszusuchen. Zwei C-5 Galaxy Transporter brachten eine Vielzahl an funktionsfähigem oder zumindest in Teilen erhaltenem Material zur Foreign Technology Division nach Wright-Patterson AFB. Darunter Radargeräte der Typen "Knife Rest", "Spoon Rest", "Bar Lock", "Fan Song", "Low Blow" und auch ein ZSU-23-4 mit "Gun Dish" Radar. Bedauerlicherweise war von SA-6 Equipment nicht sehr viel darunter. Die Israelis übergaben Trümmer einer Rakete deren Gefechtskopf versagt hatte. Und sie hatten ein TEL-Vehikel (Transport und Startfahrzeug), aber kein "Straight Flush"-Kontrollradar.

In den USA wurden vor allem die Radarsystem umfangreichen Praxistest unterzogen, wobei eines der Hauptaugenmerke drauf lag zu erheben, wie groß die Unterschiede zwischen den vorher errechneten Daten bzw. den selbst entwickelten Testanlagen und den in der Praxis erzielten Werten am Originalgerät waren. Nach Abschluss dieser Erhebungen wurden die Geräte der weiteren Nutzung im Zusammenhang mit der Entwicklung und Erprobung von Technologien und Taktiken zu deren Bekämpfung zugeführt.
Heute befinden sich die meisten dieser Geräte auf der Electronic Combat Range der Naval Air Station China Lake und ähnlichen Einrichtungen in den USA.
Yom Kippur War 1
Yom Kippur War 2
Yom Kippur War 3
Yom Kippur War 4

Ägyptische Einheiten queren den Suez-Kanal.
Foto: www.usmilitaryforum.com
Die Israelische Lufthoheit wurde in den Gefechtszonen am Suezkanal und am Sinai durch Ägyptische und Syrische Boden/Luft-Lenkwaffen neutralisiert.
Foto: IAF

Israelis inspizieren erbeutetes Ägyptischen SA-3 Transporter
Foto: www.usmilitaryforum.com

Defekte SA-6
Foto: www.usmilitaryforum.com

Zerstörter israelischer Centurion-Panzer.
Foto: www.usmilitaryforum.com

WEITER - >