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EP-3E Aries II
Die Kämpfer
EA-18G Growler
Die Geschützten
DASS & Co

11) Golfkrieg 1991

F-117A im Anflug auf Baghdad.
Foto: USAF

Präzisionsluftschläge auf einzelne Ziele sind die Hauptaugabe der F-117A.
Foto: USAF

Isayev S-125 'Neva-M' Stellung
Foto: JVA

27. März 1991 - "Vega 31" wird durch eine Rakete der Type SA-3 'Goa' abgeschossen.
Foto: JVA

"Kolchuga" Antennenkomplex. Das System ist in der Lage Luftfahrzeuge durch passive Erfassung diverser elektronischer Emissionen zu erfassen und zu verfolgen.
Foto: Martin Rosenkranz

Im Irak des Jahres 1991 war das noch ganz anders. Am 2.August 1990 drang der Irak in Kuwait ein. Der UN-Sicherheitsrat forderte darauf hin in der Resolution 660 den sofortigen Rückzug. Monatelang dauert die Aufstellung einer multinationalen Streitmacht unter US Führung mit dem Ziel Kuwait zu befreien. Doch während in Politik und Medien der ganzen Welt noch über ob und wann eines Krieges spekuliert wird, läuft die elektromagnetische Schlacht bereits auf Hochtouren. Systematisch wird das Luftverteidigungsnetzwerk des Irak monatelang provoziert und die Reaktionen peinlich genau dokumentiert. Analysiert werden Kommunikations- und Kommandowege sowie Art und Dauer der Reaktionen. Bis man eine Schwachstelle findet. Diese offenbart sich in Form einer lokalen Operationszentrale welche - im Gegensatz zu anderen Einheiten ihrer Art - ihre Nachrichten nur an die vorgesetzte Sektorzentrale weiterleitete, aber konsequent darauf verzichtete auch die benachbarten Operationszentralen über die Aktivitäten in ihrem Bereich zu informieren.
Damit zog die Operationszentrale in Nukhayb am 17. Jänner 1991 die volle Wucht der ersten Angriffshandlungen der koalitionären Luftmacht auf sich und die ihr unterstellten Einheiten. Ziel dieses Angriffsplanes war es, sich die Schwäche in der regionalen Kommunikationsstruktur zu Nutze zu machen und die sich entfaltende Luftoperation so lange als möglich vor dem gesamten irakischen Luftverteidigungsnetzwerk zu verbergen.
Während hunderte Kampfflugzeuge, geschützt von insgesamt 160 Maschinen zur elektronischen Kriegsführung, in den irakischen Luftraum eindrangen, machte sich eine kleine Gruppe von Flugzeugen von der King Khalid Air Base/Saudi Arabien aus ganz allein und ohne Schutz auf den Weg zu ihren Zielen.
In der ersten Nacht wurden nur durch die F-117A eine Reihe wichtiger Ziele getroffen. Darunter Hauptquartier, Sektor- und Operationszentralen der Luftverteidigung sowie andere militärische Kommandozentralen und Kommunikationszentralen der ersten Ordnung in stark verteidigten Gebieten.
Und auch in den folgenden Tagen und Wochen bildeten die F-117A einen der wichtigsten Aktivposten im USAF Arsenal.
Insgesamt 45 Maschinen der Type F-117A brachte die USAF während der Befreiung Kuwaits zum Einsatz. Sie verbrachten über 6.900 Stunden in der Luft und warfen über 2.000 Präzisionsbomben auf ihre Ziele ab. Keine einzige Maschine wurde auch nur beschädigt. Die F-117A wurde zum unbesiegbaren Superstar hochgejubelt.

Allied Force

Doch dieses Glück war nicht von Dauer. Acht Jahre später - am 27. März 1999 - kam das Flugzeug abermals in die Schlagzeilen. Doch diesmal nicht aufgrund überragender Einsatzergebnisse, sondern weil um 20:15 nahe Budanovci in der Vojvodina - 40km nordwestlich von Belgrad - eine Maschine von der Jugoslawischen Luftabwehr abgeschossen wurde. Drei Tage zuvor hatte die NATO, als Antwort auf die ethnischen Säuberungen im Kosovo, mit der Operation Allied Force begonnen - der Bombardierung Jugoslawiens.
Doch Stealth war längst kein Geheimnis mehr und auch nicht das zugrunde liegende elektrophysikalische Prinzip. Es ist bis heute nicht ganz klar welche Faktoren beim Abschuss der Maschine mit der Seriennummer 82-806 und der Callsign "Vega 31" die entscheidende Rolle gespielt haben. Eine Kombination aus angepassten Radarfrequenzen der Flugabwehr sowie Geheimdienstinformationen über wahrscheinliche Uhrzeit und Flugrouten der Maschinen scheinen sehr wahrscheinlich. Dokumentiert ist jedenfalls, dass Übungen mit Zielen geringerer Radarrückstrahlfläche unternommen wurde und dies auch zu einigen Änderungen am System geführt hat.
Jedenfalls gelang es der 3.Division der 250. Raketenbrigade unter dem Kommando von Oberst Zoltan Dani drei Raketen der Type Isayev S-125 'Neva-M' (SA-3 'Goa') auf die F-117A abzufeuern, wovon eine einen Nahtreffer in 8km Höhe erzielte.
Damit wurde auch der Beweis erbracht, dass "Stealth" nicht mit "Unsichtbarkeit" gleichgesetzt werden darf, sondern die Entdeckungswahrscheinlichkeit solcher Maschinen nur verringert wird. Und es ist auch klargestellt, dass der aktive Kampf im elektronischen Spektrum - durch Analyse, Störung und Bekämpfung von Überwachungs- und Feuerleitanlagen - auch im JSF-Zeitalter zentraler Bestandteil beim Einsatz von Luftstreitkräften wird bleiben müssen.
Der intensiven Betreuung des elektronischen Spektrums während Allied Force ist es auch zu verdanken, dass neben der F-117A nur eine einzige weitere Maschine - eine F-16 - der Fliegerabwehr anheim fiel.
Die massive Unterstützung der NATO-Luftstreitmacht mit speziell für den Kampf im elektronischen Spektrum konzipierten Flugzeugen hat daran maßgeblichen Anteil. Zu erwähnen sind hier vor allem die ECR Tornados der deutschen Luftwaffe sowie die EA-6B "Prowler" der US Navy, welche einen nahezu permanenten Druck auf die Jugoslawische Fliegerabwehr ausüben konnten. Offene Quellen berichten von ca. 800 verschossenen HARM-Anti-Radar-Lfks. Zwar soll davon nur ein Bruchteil sein Ziel getroffen haben, aber auch das trug dazu bei, das die Fliegerabwehr inaktiv blieb.

Offiziere der Jugoslawischen Fliegerabwehr haben in der Nachbetrachtung diesen Effekt auch indirekt bestätigt, in dem sie ihre Taktik mit sehr kurz gehalten Abstrahlzeiten der Such- und Leitradare bestätigten. In Erwartung dieser Umstände waren diese Umstände bei der Zielsuche und Bekämpfung vorab auch geübt worden.

Passivnaya

Dieser Kampf um die Beherrschung des im elektromagnetischen Spektrums wird immer weiter bereichert.
Seit Ende der 60er Jahre sind Luft/Boden-Raketen im Einsatz, welche passiv auf Ziele die elektromagnetisch emittieren aufgeschalten und abgefeuert werden. Dieser Schutz der Luftstreitkräfte vor bodengebundener Fliegerabwehr kommt nun durch eine Umkehr der Verhältnisse selbst in Bedrängnis.
Neue passive Zielsuch- und Folgesystem wie das ukrainische "Kolchuga" System oder auch die tschechischen Systeme "Tamara" bzw. "Vera" sind in der Lage elektronische Emissionen von Luftfahrzeugen aufzuspüren und für die Luftraumüberwachung und sogar für die Fliegerabwehr nutzbar zu machen.
Entdeckt werden können faktisch sämtliche Abstrahlungen und dies auch auf große Entfernungen - je energiereicher desto besser - Funk, Radar, TACAN-Navigation, Datenübertragung, Radarhöhenmesser, Jamming, etc.
Unter Verwendung mehrerer vernetzter Empfänger können solche Signale in Echtzeit eingepeilt und verfolgt werden - und auch Feuerleitlösungen sowohl für die luftgestützte als auch bodengebundene Fliegerabwehr entwickelt werden.

Primärziele der dafür speziell entwickelten passiven Luft/Luft- und Boden/Luft-Raketen sind dabei vor allem die Schlüsselelemente moderner Luftoperationen wie z.B. luftgestützte Frühwarn-, Kontroll- und Führungsanlagen wie E3 "AWACS" oder E-8 "JSTARS" bzw. auch luftgestützte Plattformen zur elektronischen Kriegsführung wie EA-6B "Prowler" oder Tornado ECR.
Gelingt es diese "Force Multiplier" zumindest zeitweise aus dem Konflikt zu drängen in dem man sie zumindest zum abschalten und abdrehen zwingt, steigen auch die Chancen konventioneller Flugabwehrsystem wieder deutlich.
Vor allem die noch immer erheblichen Leistungssteigerungen im Bereich der Elektronik und Sensortechnologie bilden den Antrieb für diese Entwicklungen.

F-117A
27. März 1999, Budanovci
F-117A
SA-3 "Geko"

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